«Ich habe den Him­mel geges­sen» wie­der im Klo­ster Fahr

  • Nach der Pre­mie­re im Klo­ster Fahr war das gefei­er­te Büh­nen­stück «Ich habe den Him­mel geges­sen» gut ein­ein­halb Jah­re unter­wegs in der Schweiz. 
  • Näch­ste Woche kehrt die belieb­te Thea­ter- und Musik­pro­duk­ti­on für vier Vor­stel­lun­gen zurück ins Klo­ster Fahr.

Ver­to­nen als Zwiesprache

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Hori­zon­te woll­te vom Rup­pers­wi­ler Kom­po­ni­sten Felix Huber wis­sen, wie die Musik zu «Ich habe den Him­mel geges­sen« ent­stan­den ist.

Was war Ihre erste Redak­ti­on auf «Ich habe den Him­mel geges­sen»?
Felix Huber: Vor unse­rem Musik­thea­ter­pro­jekt kann­te ich Sil­ja Wal­ter nur dem Namen nach. Mei­ne erste Reak­ti­on auf die Anfra­ge von Chri­sti­ne war dem­entspre­chend zurück­hal­tend. Ich muss­te mich zuerst mit die­ser Autorin aus­ein­an­der­set­zen. Sie hat mich aber mit ihren Gedich­ten und Dar­stel­lun­gen ihrer Lebens- und Gedan­ken­welt schnell für sich ein­ge­nom­men. Die star­ken Bil­der, her­vor­ge­ru­fen durch ihre Wort­kom­bi­na­tio­nen haben mich sofort fas­zi­niert. Ich schät­ze bei Sil­ja Wal­ter ihr gutes Gespür für Rhyth­mus in ihren Gedich­ten. Dies wirkt sich wohl­tu­end auf den Sprach­fluss aus und erleich­tert auch eine musi­ka­li­sche Ver­to­nung. So wur­de die­ses Pro­jekt für mich zu einer Herzensangelegenheit.

Wie ent­stan­den die Kom­po­si­tio­nen zum Thea­ter­stück?
Das Ver­to­nen der Gedich­te begann in die­sem Fall als eine Zwie­spra­che zwi­schen dem Inhalt der Tex­te von Sil­ja Wal­ter und den sich dar­aus erge­ben­den musi­ka­li­schen Ein­fäl­len. Letz­te­re kann man aber nicht erzwin­gen. Manch­mal braucht es auch Geduld, um in eine inspi­rier­te Stim­mung hin­ein­zu­kom­men. Das gelingt mir meist am besten ent­we­der durch inne­re Ruhe oder durch äus­se­re Bewe­gung in der Natur. Einer so ent­stan­de­nen all­ge­mei­nen Grund­stim­mung folgt dann am Kla­vier die kon­kre­te Aus­ar­bei­tung der Details als Manu­skript. Danach erstel­le ich den Noten­satz am Com­pu­ter. Wich­tig war mir beim Kom­po­nie­ren einer­seits, den Inhalt der Tex­te in einen adäqua­ten musi­ka­li­schen Aus­druck zu brin­gen. Ande­rer­seits im wech­sel­sei­ti­gen Aus­tausch mit Chri­sti­ne, die Mög­lich­kei­ten ihrer Stim­me aus­zu­lo­ten.

Wie wür­den Sie den bis­he­ri­gen Weg mit die­ser Pro­duk­ti­on beschrei­ben?
Von der anfäng­li­chen Unge­wiss­heit der Mach- und Finan­zier­bar­keit bis zu Stan­ding Ova­tions bei Auf­füh­run­gen hat die­se Pro­duk­ti­on alle Nuan­cen mög­li­cher Emo­tio­nen erzeugt. «Ich habe den Him­mel geges­sen» hat mich in vie­le schö­ne Klo­ster­an­la­gen und Kir­chen der Schweiz geführt, zu denen ich sonst mit mei­nen ande­ren Kon­zert­pro­gram­men nicht gekom­men wäre. Über­all traf ich dort jeweils über­aus sym­pa­thi­sche, wohl­wol­len­de und enga­gier­te Men­schen. In span­nen­den Gesprä­chen nach den Auf­füh­run­gen konn­ten wir die The­ma­tik, die Sil­ja Wal­ter vor­ge­legt hat, wei­ter ver­tie­fen. Es scheint, dass ihre gei­sti­ge Prä­senz bei unse­ren Auf­füh­run­gen nach wie vor spür­bar ist. In die­sem Sin­ne freue ich mich auf ein wei­te­res «Ver­mit­teln dür­fen» ihrer tie­fen Gedanken.

«Die jun­ge, erfolg­rei­che Lyri­ke­rin begibt sich auf eine Rei­se ins Inne­re. Hin­ter den Mau­ern des geschlos­se­nen Klo­sters Fahr beginnt die Geschich­te einer gros­sen Lei­den­schaft. Sie hin­ter­fragt die Hier­ar­chien, die stren­gen Regeln, rebel­liert – und bleibt den­noch. Auf weni­gen Qua­drat­me­tern lebt sie kon­se­quent ihre Suche nach dem ‘Abso­lu­ten’. Die Erfor­schung der ‘ande­ren Wirk­lich­keit’ führt sie bis an die Rän­der ihres Daseins.»

Jedes Wort im Stück ist von Sil­ja Walter

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So beschreibt die in Zürich leben­de Chri­sti­ne Lather ihre Thea­ter- und Musik­pro­duk­ti­on «Ich habe den Him­mel geges­sen». Ein Stück, wel­ches das Leben und Schaf­fen von Sil­ja Wal­ter gegen­wär­tig wer­den lässt und bereits im Früh­jahr 2019 im Klo­ster Fahr auf­ge­führt wur­de — anläss­lich des 100. Geburts­ta­ges der 2011 ver­stor­be­nen Schwe­ster Hed­wig ali­as Sil­ja Wal­ter. Ein Mono­log, ent­stan­den aus­schliess­lich aus deren Ori­gi­nal­tex­ten, ver­floch­ten mit Kom­po­si­tio­nen von Felix Huber aus Rup­pers­wil. Mal nach­denk­lich und besinn­lich, mal beschwingt und wit­zig gibt sich «Ich habe den Him­mel geges­sen»: «So früh wie die Non­nen ihr Mor­gen­lob sin­gen, kräht kein anstän­di­ger Hahn», hört man «Sil­ja Wal­ter» bei­spiels­wei­se sagen.

«Du besch wie d’Schwöster Hedwig»

Für die Sän­ge­rin, Schau­spie­le­rin, Stimm­bild­ne­rin und Gesang­leh­re­rin Chri­sti­ne Lather war Sil­ja Wal­ter lan­ge kein Begriff. Bis ihr einer ihrer Thea­ter­schü­ler ein Gedicht der schrei­ben­den Non­ne vor­trug. Die Wort­fun­ken vom «Schnee, der brennt», spran­gen sofort über. Chri­sti­ne Lather, die das For­schen liebt, tauch­te tief ein ins Werk von Sil­ja Wal­ter. Wäh­rend zwei Jah­ren ent­wickel­te sie «Ich habe den Him­mel gegessen».

In die­se Zeit fie­len auch zwei Auf­ent­hal­te im Klo­ster Fahr. «Beim ersten Mal hat­te ich Angst, ins Klo­ster Fahr zu gehen», lacht Chri­sti­ne Lather rück­blickend. Doch das Mit­le­ben und ‑arbei­ten in der Schwe­stern­ge­mein­schaft gefielt ihr so gut, dass ihr Mann schon fast befürch­te­te, sie wür­de sel­ber ins Klo­ster eintreten. 

Beim zwei­ten Auf­ent­halt kon­zen­trier­te sich Chri­sti­ne Lather auf die Arbeit am Thea­ter­stück. Und wie­der sprang der Fun­ke. «Es war sehr berüh­rend, als ich Prio­rin Ire­ne schliess­lich erste Sze­nen vor­le­sen durf­te. Mir war es wich­tig, dass das Klo­ster hin­ter dem Stück steht.» Als nach einer wei­te­ren, klo­ster­in­ter­nen Vor­le­sung die anwe­sen­den Schwe­stern fan­den: «Du besch wie d’Schwöster Hed­wig», da wuss­te die refor­mier­te Chri­sti­ne Lather, dass sie Sil­ja Wal­ter gut erfasst hat­te. Hoch oben in den Ber­gen, in einer Hän­ge­mat­te lie­gend, mit Blick gen Him­mel, lern­te sie das Stück aus­wen­dig. Mit jedem Text­teil, der sass, ging sie ent­spannt spa­zie­ren. «Es war eine wun­der­ba­re Zeit».

Mit dem Text verwoben

Seit ein­ein­halb Jah­ren tourt Chri­sti­ne Lather zusam­men mit dem Musi­ker Felix Huber durch die Schweiz, gastiert aktu­ell im Klo­ster Fahr. «Ich könn­te das Stück hun­dert Mal spie­len, es wächst ste­tig. Durch das Repe­tie­ren kom­me ich den Wor­ten von Sil­ja Wal­ter auf die Spur. Je mehr ich mich mit ihr ver­bun­den füh­le, desto schö­ner ist es, auf der Büh­ne zu spie­len.» Die Schau­spie­le­rin räumt ein, dass es in ihrem Fach Pflicht ist, sich auf einen Text ein­zu­las­sen, ihn in sei­ner Tie­fe zu ver­ste­hen. Je bes­ser sie sich mit einem Text ver­we­ben kann, desto mehr Per­sön­lich­keit lässt sich in ein Stück hineinlegen.

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Am 19., 20. und 21. Novem­ber wird «Ich habe den Him­mel geges­sen noch­mals im Klo­ster Fahr gespielt. Hori­zon­te ver­lost unter allen Abon­nen­tin­nen und Abon­nen­ten des Hori­zon­te-News­let­ters zwei Kar­ten für eine die­ser drei Vor­stel­lun­gen. Um an der Ver­lo­sung  teil­zu­neh­men, abon­nie­ren Sie unse­ren News­let­ter (Link anwäh­len), sofern Sie das noch nicht getan haben. Die Mög­lich­keit zur Teil­nah­me an der Ver­lo­sung fin­den Sie dann mor­gen in Ihrer Mailbox.

Wer Sil­ja Wal­ters Werk kennt, weiss, dass es nicht immer gelingt, ihre Wort­wahl auf Anhieb zu begrei­fen. Chri­sti­ne Lather: «Mein pro­fes­sio­nel­ler Weg führt mich zum Glück spür­bar auf die per­sön­li­che Fähr­te die­ser Wor­te.» Mit dem Resul­tat, dass ihr «Ich habe den Him­mel geges­sen» den Spie­gel vor­hält. Als Bei­spiel ver­weist die 64-Jäh­ri­ge auf eine Pas­sa­ge aus Sze­ne 5 in ihrem Stück. Sil­ja Wal­ter sin­niert dort übers Beich­ten: «Die Beicht­fra­ge heisst: Bin ich zu Hau­se, wenn Du kommst? Kurz­for­mel: Leben im Jetzt», prä­zi­siert Chri­sti­ne Lather und fol­gert: «Im Leben lohnt es sich nicht, nur halb­bat­zig anwe­send zu sein.»

Andreas C. Müller
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