
Hokuspokus in der Kirche
Der Seelsorger, der zaubert
Klaus Gremminger verbindet Magie, Poesie und Glauben zu spiritueller Zauberkunst. Damit will er die Menschen auch im Gottesdienst berühren.
Wie sind Sie zur Zauberei gekommen?
Klaus Gremminger: Als ich in der zweiten Klasse war, besuchte uns der Zauberer Hardy in der Schule. Er hat mich so beeindruckt, dass ich mir seinen Zauberkasten gewünscht habe. Ich besitze ihn heute noch.
Haben Sie Hardy persönlich kennengelernt?
Als Elfjähriger schrieb ich ihm einen Brief, auf den er mir mit einer Autogrammkarte geantwortet hat. Vor zwei Jahren habe ich ihn auf gut Glück in Augsburg besucht während einer Reise mit meiner Tochter. Die Tür zu seinem Haus stand offen, da habe ich mich getraut zu klingeln. Er hat sich riesig über den Besuch gefreut. Wir haben uns lange unterhalten und Fotos gemacht. Viele Zauberer in Deutschland haben wegen Hardy angefangen zu zaubern.

2023 hat Klaus Gremminger sein Kindheitsidol, den Zauberkünstler Hardy, in Augsburg besucht. Hardys Zauberkasten besitzt Klaus Gremminger heute noch. © zVg
Ich habe gehört, dass es verpönt sei, seine Zaubertricks zu verraten. Wie lernt man zaubern, wenn niemand seine Tricks verrät?
Ich habe mit Hardys Zauberkasten gelernt, und in der Stadtbibliothek habe ich mir Zauberbücher ausgeliehen. Ausserdem gab es in München das Traditionsgeschäft «Zauberkönig», da bin ich mit meinem Freund hingefahren. Am Gymnasium hatte ich dann einen Lehrer, der mit uns Schülerinnen und Schüler Zauberunterricht gemacht hat. In der Schweiz bin ich dem Magischen Ring der Schweiz beigetreten, da gibt es Workshops und Seminare. Ausserdem findet sich zu fast jedem bekannteren Zaubertrick ein Erklärvideo auf YouTube. Das hingegen ist unter Zauberinnen und Zauberer sehr umstritten. Trotzdem wissen die wenigsten Menschen, wie die Tricks funktionieren, und die Faszination ist geblieben.
Wie üben Sie Ihre Tricks?
Ich übe regelmässig Abläufe. Das eigentliche Handwerk in der Zauberei ist aber die «Misdirection» – die (Ab-)Lenkung der Aufmerksamkeit der Zuschauenden. Dies geschieht durch Sprache, durch Gesten, durch Blicke, da gibt es verschiedene Techniken.
Sind Magie und Zauberei das Gleiche?
Viele Zauberkünstler nennen sich Magier, Täuschungskünstler oder Illusionisten. Es gibt viele Begriffe. Magie meint im deutschen Sprachgebrauch auch etwas, was Zauberer und Zauberinnen nicht sind: übersinnlich, esoterisch…
Als was bezeichnen Sie sich?
Ich bezeichne mich als Zauberspieler oder Zauberkünstler.
«Eine Welt, in der Wünsche wahr werden»
Zauberhafte Show von Klaus Gremminger und Jazzpianist, Roman Bislin-Wild
Zauberer Klaus Gremminger und Jazzpianist Roman Bislin-Wild präsentieren einen Abend voller Magie, Musik und Poesie, mit humorvollen Einlagen und berührenden Jazzklängen. Am 14. März um 19.30 Uhr im Roten Turm, Baden. Im Anschluss an die Show gibt es ein Gespräch mit den Künstlern. Der Eintritt kostet CHF 20.–, ermässigt CHF 10.–. Kinder und Schüler bis 16 Jahre haben freien Eintritt.
Organisation und Informationen: Dr. Bernhard Lindner und Claudio Tomassini (, )
Ticket-Reservation: Empfohlen unter

Als Seelsorger praktizieren Sie «Gospel Magic». Was kann ich mir darunter vorstellen?
Ein klassisches Beispiel ist der Zaubertrick mit drei verschiedenfarbigen Seilen. Das blaue steht für Gottvater, das weisse für den Heiligen Geist und das rote Seil für Jesus Christus. Dann werden die Seile zusammengeknotet, die Knoten verschwinden und es gibt nur noch ein dreifarbiges Seil. Das symbolisiert die Trinität. Gospel Magic versucht, Glaubenssätze zu illustrieren und in der Erinnerung zu verankern. Ich habe einen etwas anderen Zugang zur Zauberei in der Kirche.
Inwiefern?
Während meines Bildungsurlaubs habe ich bei der Stiftung Zauberkunst in Münster recherchiert und bin auf Zaubertheoretiker gestossen, die Zauberkunststücke als Symbole für das Leben betrachten. Das entspricht mir mehr.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Wenn etwa ein Seil entzweigeschnitten und wieder verknotet wird und schliesslich die Knoten verschwinden, dann ist dieser Trick ein Symbol für Heilung, was wir Menschen uns wünschen. Das macht die Faszination aus. Der umgekehrte Trick, ein Seil in zwei Stücke zerrfallen zu lassen, interessiert niemanden. Mit Zauberkunststücken können wir also die Sehnsüchte der Menschen ansprechen und bewusst machen. So können wir den Wunsch nach Heilung und Befreiung in den Kontext der Reichgottesbotschaft stellen. Das ist für mich Gospel Magic.
Worin liegt nun der Unterschied?
In meiner Auffassung dienen die Zaubertricks nicht der Illustration abstrakter Glaubenswahrheiten sondern der menschlicher Sehnsucht.
Wie verhindern Sie, dass die Zuschauenden Symbole mit Wirklichkeit verwechseln?
Am Anfang einer Show im kirchlichen Umfeld stelle ich klar, dass ich nicht wirklich zaubern kann. Die Kunst des Zauberers ist, eine Magie entstehen zu lassen, die die Menschen berührt. Dass sie etwas erleben, was sie glücklich macht, was ihre Sehnsucht weckt. Insofern verwandelt Magie die Menschen.
Wie verhindern Sie, dass Sie den Menschen zu nahekommen, wenn Sie sie mit den Tricks zu berühren versuchen?
Worte können Menschen guttun und sie können verletzen. Sowohl als Seelsorger als auch als Zauberer muss ich sehr achtsam sein mit meinen Worten und Gesten.
Wie reagieren die Gottesdienstbesuchende auf Ihre Zaubertricks?
Sie nehmen aktiv teil, und ich bekomme viele schöne Rückmeldungen. Eine Frau hat mir gesagt: «Die Menschen kommen mit Sorgen und gehen mit einem Glücksgefühl.»
Welche Eigenschaften braucht es zum Zaubern?
Begeisterung. Es gibt viele verschiedene Zugänge. Es gibt Zaubernde, die sind technisch sehr gut, andere erfinden selbst Tricks, wieder andere bauen tolle Tricks. Andere sind begnadete Vorführende. Meine Gabe sind die Geschichten, die Poesie. Um erfolgreich aufzutreten, braucht es Empathie.
Was sagt der Bischof zur Zauberei in der Kirche?
Ihm gefällts. Am Bistumsjubiläum wurde ich mit meinen Zaubertricks eingeladen.


