
«HoffÂnung ist für mich eine Haltung»
- Josef StüÂbi, eheÂmaÂliÂger PfarÂrer in Baden, ist vor einem Jahr zum WeihÂbiÂschof ernannt worden.
- Wie hat er dieÂses erste Jahr erlebt?
- WelÂches sind seiÂne AufÂgaÂben und wie geht es ihm dabei?
Seit einem Jahr sind Sie Bischof. Wie wichÂtig ist es Ihnen, mit dieÂsem Titel angeÂsproÂchen zu werden?
Josef StüÂbi: Ich werÂde mit MonÂsiÂgnoÂre, ExzelÂlenz, Herr WeihÂbiÂschof, Herr StüÂbi oder Josef angeÂsproÂchen. Die LeuÂte solÂlen wisÂsen, wer ich bin. Wie sie mich anspreÂchen, spielt keiÂne Rolle.
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Was waren für Sie HöheÂpunkÂte in Ihrem ersten Jahr als Weihbischof?
MeiÂne BischofsÂweiÂhe war sicher ein HöheÂpunkt, das war ein reliÂgiöÂses EreigÂnis! In bester ErinÂneÂrung sind mir auch die GespräÂche mit StuÂdieÂrenÂden, die in die kirchÂliÂche Arbeit einÂsteiÂgen wolÂlen. Da waren 18 vom GlauÂben inspiÂrierÂte LeuÂte, zum Teil bereits mit KinÂdern. Ich habe alle gefragt: «Sind Sie sich bewusst, wie die KirÂche zurÂzeit in der ÖffentÂlichÂkeit dasteht? MöchÂten Sie in dieÂser SituaÂtiÂon in der KirÂche arbeiten?»
Was haben sie geantwortet?
Einer sagÂte: «Das hat mit meiÂnem perÂsönÂliÂchen GlauÂben nichts zu tun. Gott ruft mich in dieÂse AufÂgaÂbe.» AndeÂre: «Jetzt ist meiÂne Zeit» oder «Jetzt erst recht!» Sie wolÂlen wirkÂlich die KirÂche auf die Zukunft hin mitÂgeÂstalÂten. Sie wisÂsen, dass sie in eine nicht ganz sicheÂre Zukunft gehen. Und trotzÂdem machen sie es! Für mich grossÂarÂtig, ein Aufsteller.
NenÂnen Sie uns ein paar Ihrer AufÂgaÂben als Weihbischof.
Ich bin MitÂglied des BischofsÂraÂtes, StifÂtungsÂratsÂpräÂsiÂdent bei FastenÂakÂtiÂon, VerÂtreÂter der BischofsÂkonÂfeÂrenz bei JustiÂtia et Pax. Als BischofsÂviÂkar für die KlöÂster und OrdensÂgeÂmeinÂschafÂten besuÂche ich die KlöÂster im BisÂtum. NeuÂlich war ich beiÂspielsÂweiÂse bei der Wahl der GeneÂralÂobeÂrin des KloÂsters BaldÂegg dabei.
BesuÂchen Sie auch PfarÂreiÂen und Pastoralräume?
Ja, für die PastoÂralÂbeÂsuÂche teiÂlen Bischof Felix und ich uns auf. Wir trefÂfen jeweils die MitÂarÂbeiÂtenÂden zu einem AusÂtausch über das PfarÂreiÂleÂben: die FreuÂden, SorÂgen und ProÂbleÂme werÂden platÂziert. Und wir feiÂern gemeinÂsam Gottesdienst.
Was hören Sie denn so?
Ich kam von den bisÂheÂriÂgen PastoÂralÂbeÂsuÂchen immer posiÂtiv gestimmt zurück. Die MitÂarÂbeiÂteÂrinÂnen und MitÂarÂbeiÂter sind motiÂviert, freuÂen sich an ihren AufÂgaÂben. In dieÂsen GreÂmiÂen bin ich die VerÂbinÂdung zur BisÂtumsÂleiÂtung. Da ich 30 JahÂre PfarÂrer war, kenÂne ich das kirchÂliÂche Leben an der Basis. WichÂtiÂge BotÂschafÂten nehÂme ich mit in die GreÂmiÂen des Ordinariats.
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Was waren schwieÂriÂge MomenÂte in Ihrem ersten Jahr?
Als ich die PilotÂstuÂdie zu MissÂbrauch geleÂsen habe. Das war der schwieÂrigÂste Moment. Arg zu schafÂfen gemacht hat mir auch die mediaÂle BerichtÂerstatÂtung im Anschluss.
Als Bischof steÂhen Sie mehr in der SchussÂliÂnie als vorher.
Es geht nicht um mich, das gehört dazu. Was mir zu schafÂfen macht, ist der aggresÂsiÂve Ton im innerÂkirchÂliÂchen Umgang mitÂeinÂanÂder. Das widerÂspieÂgelt die PolaÂriÂtäÂten in der kirÂchenÂpoÂliÂtiÂschen SituaÂtiÂon. Ich bin auch nicht immer mit allem einÂverÂstanÂden, was aus Rom kommt. Aber wenn man den Respekt verÂliert, ist ein Gespräch nur schwer möglich.
Was könnÂte zur EntÂschärÂfung beitragen?
Es muss uns gelinÂgen, dieÂsen synÂodaÂlen ProÂzess auch im Umgang mitÂeinÂanÂder zu prakÂtiÂzieÂren. Bei der Suche nach EntÂscheiÂdunÂgen, in konÂtroÂverÂsen DisÂkusÂsioÂnen. Bevor man in die DisÂkusÂsiÂon einÂsteigt, sich überÂleÂgen: «Was möchÂte das GegenÂüber mir eigentÂlich sagen? Was könnÂte das für mich heissen?»
Sie sind auch MediÂenÂbiÂschof. Was heisst das?
Mir wurÂde für dieÂse Arbeit kein PflichÂtenÂheft in die Hand gelegt. Ich verÂsteÂhe mich als KonÂtaktÂperÂson von der BischofsÂkonÂfeÂrenz zu den kirchÂliÂchen MediÂen. Ein erstes TrefÂfen mit den PfarrÂblattÂreÂdakÂtioÂnen hat stattÂgeÂfunÂden. Ich glauÂbe, das war gut. In dieÂse RichÂtung könÂnen wir weiÂterÂfahÂren. Ich bin als MediÂenÂbiÂschof jedoch nicht der SpreÂcher der BischofsÂkonÂfeÂrenz oder der TrouÂbleÂshooÂter für die Medien.
Sie haben die PubliÂkaÂtiÂon der MissÂbrauchsÂstuÂdie bereits erwähnt. Was ging in Ihnen vor, als Sie sie geleÂsen haben?
Als ich dieÂse StuÂdie las, was soll ich sagen, das war furchtÂbar. Ganz neu war mir das TheÂma allerÂdings nicht. Vor einiÂgen JahÂren sprach ein BetrofÂfeÂner aus dem KinÂderÂheim HerÂmetÂschwil über den MissÂbrauch, den er durch einen PrieÂster erlebt hat. Ich kannÂte dieÂsen PrieÂster. Ich hätÂte ihm nie auch nur… Das sind schon SchockÂerÂfahÂrunÂgen. Es ist höchÂste Zeit, dass jetzt aufÂgeÂarÂbeiÂtet wird.
NehÂmen Sie den vielÂziÂtierÂten KulÂturÂwanÂdel wahr?
Ja. Die geplanÂten MassÂnahÂmen der SBK, der RKZ und KOVOS. Das natioÂnaÂle StrafÂgeÂricht ist auf dem Weg, die BischöÂfe Gmür und BonnÂemain waren desÂweÂgen in Rom. Aber man muss auch Zeit geben, um das zu reaÂliÂsieÂren, damit es keiÂne halbÂbatÂziÂge Lösung ist.
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Das ist alles erst geplant. Ich fraÂge: Was sehen Sie?
Die proÂfesÂsioÂnelÂlen AngeÂboÂte, wo man die MissÂbräuÂche melÂden kann. SchauÂen Sie die BerichÂte an aus der Zeit, in der dieÂse FälÂle pasÂsiert sind. Und schauÂen Sie heuÂte. Das ist doch ein KulÂturÂwanÂdel. Der Umgang mit BetrofÂfeÂnen ist nicht derÂselÂbe wie vor dreisÂsig JahÂren. Da hat sich einiÂges masÂsiv verÂänÂdert. Auch bei den MenÂschen in den PfarÂreiÂen. PräÂvenÂtiÂon ist ein allÂgeÂgenÂwärÂtiÂges Thema.
Ihr WahlÂspruch lauÂtet «HoffÂnung leben». Wie leben Sie HoffÂnung in AnbeÂtracht der aktuÂelÂlen Kirchenentwicklung?
Ich habe keiÂne Angst um die Zukunft unseÂrer KirÂche. HoffÂnung ist für mich eine HalÂtung. Wenn ich keiÂne HoffÂnung hätÂte, dass dieÂses InterÂview etwas PosiÂtiÂves bewirÂken kann bei den LeseÂrinÂnen und Lesern, dann müssÂten wir es nicht fühÂren. Ich glauÂbe schon, dass ich etwas bewirÂken kann, aber ich sage auch: «Ja, ich gehe, aber du da oben musst mir dabei helÂfen.» Nicht ich bin der SeligÂmaÂchenÂde, sonÂdern ich steÂhe im Dienst der BotÂschaft von Jesus ChriÂstus und damit im Dienst der Menschen.