Hin­ga­be führt zu Ent­fal­tung und Freiheit

Hin­ga­be führt zu Ent­fal­tung und Freiheit

Brief an die Ephe­ser 3,14–17Daher beu­ge ich mei­ne Knie vor dem Vater … Er gebe euch auf­grund des Reich­tums sei­ner Herr­lich­keit, dass ihr in Bezug auf den inne­ren Men­schen durch sei­nen Geist an Kraft und Stär­ke zunehmt. Durch den Glau­ben woh­ne Chri­stus in euren Her­zen, in der Lie­be ver­wur­zelt und auf sie gegründet.Ein­heits­über­set­zung 2016 

Hin­ga­be führt zu Ent­fal­tung und Freiheit

«Not­hing in natu­re blooms all year.» So reagier­te mei­ne Phy­sio­the­ra­peu­tin, als ich erwähn­te, dass es da und dort schmerzt. Nichts kann das gan­ze Jahr blü­hen, auch nicht der Mensch. Und so auch mei­ne Pflan­ze auf dem Bal­kon. Auf dem Markt frag­te ich im letz­ten Herbst nach einer Pflan­ze, die Schmet­ter­lin­ge anzie­hen soll. Sie blüh­te vor einem Jahr wun­der­bar mit dun­kel­ro­ten, zar­ten Blü­ten. Aber dann war nichts mehr los und schon gar nicht in die­sem heis­sen Som­mer. Ich goss sie treu und dach­te immer, es wür­de mich nicht wun­dern, wenn sie im Herbst wie­der blü­hen wür­de. Und so war es auch. Im Sep­tem­ber begann sie zu blü­hen, und wie. Die Pflan­ze zau­bert noch immer neue Blü­ten her­vor und die Insek­ten kom­men vor­bei. Ich stau­ne.«Du Blü­te aller Blü­ten», «Gelieb­ter», «mein lie­ber Freund»,«Oh Lie­be, hal­te mich und hab mich dir zu eigen, denn für­der­hin, (nir­gends sonst), wenn nicht in dir, hab ich nicht Lebens­hauch noch See­le.» (Exer­ci­tia spiritualia)Wir sind bei der hei­li­gen Ger­trud. Sie spricht die Spra­che des Her­zens. Es sind inne­re Bil­der, die ihre Bezie­hung zu Gott andeu­ten. Sie wur­de als äus­serst intel­lek­tu­el­le und gleich­zei­tig geist­li­che Frau ver­ehrt. Aber sie schrieb auch, dass sie sich durch ihre Hin­ga­be an Jesus und mit ihm zusam­men frei füh­le. Ihre Ein­heit mit ihrem Her­zen und ihre offen­sicht­li­che und unbe­greif­li­che Ein­heit mit dem Her­zen Chri­sti führ­te sie zu ihrer Ent­fal­tung und Frei­heit.Der Mensch, so heisst es im Ephe­ser­brief, soll an «Kraft und Stär­ke» zuneh­men. Nun dies ist leicht gesagt. Uns beschäf­ti­gen zur­zeit ande­re Schwie­rig­kei­ten, die läh­men und nicht beflü­geln. Wer möch­te nicht ein frei­es Herz haben, frei von Pro­ble­men, Zeit­druck, Pes­si­mis­mus durch den Krieg und ande­re Kri­sen, und viel­leicht sogar mate­ri­el­len Ein­schrän­kun­gen? Da, so in die­sem Text aus der Bibel, ist es sein Geist, der Kraft und Hoff­nung schenkt. Chri­stus wohnt in unse­ren Her­zen, und des­halb kann der Mensch auf­le­ben, Hoff­nung und Frie­den fin­den. Aus der Mit­te, aus der Stil­le, aus der Zuwen­dung zum Her­zen erwach­sen Kraft und Ener­gie. Und da die­se uns unbe­kann­te Hei­li­ge ganz aus der Hin­ga­be an «ihren Freund» leb­te, blüh­te sie auf, konn­te sie in ihrer Zeit eine unge­wöhn­li­che Frau und Rat­ge­be­rin wer­den.Es klingt sehr poe­tisch, die­se Anre­de an Gott «Du Blü­te aller Blü­ten», Lebens­hauch, Freund. Viel­leicht fin­den wir eine eige­ne Anre­de, die in unse­rer Mit­te spricht.Ich füge einen Aus­schnitt aus einer Schrift (Lega­tus I,XIV) der Hei­li­gen an. Sie lässt Gott in ihrem Her­zen spre­chen:«Fürch­te dich nicht, son­dern sei getrö­stet, stark und sicher. Denn ich sel­ber, der Herr und Gott, dein lie­ber Freund, habe dich aus unver­dien­ter Lie­be geschaf­fen und erwählt, um in dir zu woh­nen und mich an dir zu erfreuen.»Anna-Marie Fürst, Theo­lo­gin, lang­jäh­ri­ge Gefäng­nis­seel­sor­ge­rin, frei­wil­li­ge Seel­sor­ge­rin in der Pre­di­ger­kir­che Zürich   
Christian von Arx
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