«Heute bleibt die Kirche kalt»
- Um rund ein Drittel sollen die Strompreise dieses Jahr ansteigen.
- Deshalb bereiten sich auch die Aargauer Pfarreien auf einen Winter mit knapper und teurer Energie vor.
- Diejenigen Kirchgemeinden, die in den letzten Jahren das Umweltlabel «Grüner Güggel» erworben haben, sind dabei im Vorteil.
«Wir spüren die höheren Strom- und Energiekosten schon», verrät Brigitta Bölsterli, Umweltbeauftragte der Pfarrei Herz Jesu in Lenzburg. Deshalb habe die Kirchenpflege bereits einige Massnahmen eingeleitet: «Wir heizen beispielsweise die Kirchen im Pastoralraum Region Lenzburg nur noch auf 17 Grad», erklärt Bölsterli. Ähnlich tönt es in Rohrdorf. Aufgrund der steigenden Strom- und Energiekosten wurden auch hier die Raumtemperaturen in den kirchlichen Gemäuern hinterfragt: «Früher war es in der Kirche «Gut Hirt» in Niederrohrdorf durchgehend 21 Grad warm. Momentan messen wir noch eine Temperatur von 16 Grad», erklärt Sakristan und Umweltbeauftragter der Pfarrei Rohrdorf, Leonardo Fiumefreddo.
Warm anziehen zum Gottesdienst
Dass die kirchlichen Gebäude, gerade auch in der Weihnachtszeit, weniger stark beheizt wurden, stört die meisten Gottesdienstbesucher nicht. «Wir können doch unsere Mäntel und Halstücher anbehalten, dann landen sie auch nicht auf dem Kirchenboden», scherzt eine Besucherin. Und ihre Begleitung ergänzt: «Draussen ist es jetzt kalt und nass um diese Jahreszeit. Hier in den göttlichen Gemäuern sind wir vor Wind und Wetter geschützt. Überall brennen beim heutigen Gottesdienst die Kerzen. Da wird einem doch automatisch warm ums Herz.» Auffallend viele Besucher tragen diesen Winter während den Gottesdiensten zwar ihre Mäntel über den Schultern, doch der Tenor ist allseits derselbe: «Die Kirche macht das richtig so».
Zu hohe Temperaturen schaden dem Material
Zudem haben die niedrigeren Temperaturen einen weiteren entscheidenden Vorteil, wie Andreas Frei von «oeku – Kirchen für die Umwelt», erklärt: «Wenn ein kaum gedämmter Raum, wie eine Kirche, auf 21 Grad geheizt wird, so benötigt das enorm viel Energie. Zusätzlich sinkt dann die Luftfeuchtigkeit auf bedenklich tiefe Werte. Dies schadet den Materialien wie Holz, Leder, Gips oder auch einer Leinwand. Die Luft entzieht ihnen die Feuchtigkeit.»
Fachleute und Orgelbauer empfehlen deshalb seit jeher eine Raumtemperatur von acht bis zehn Grad in Kirchen. Während einem Anlass soll die Kirche auf maximal 16 Grad geheizt werden. «Bei solchen Temperaturen bleibt die relative Luftfeuchtigkeit dann meistens im grünen Bereich, also über 40%», erklärt Andreas Frei und fügt an: «Mir ist bewusst, dass viele Kirchen diese Empfehlungen nicht einhalten. Es ist noch ein längerer Weg, um zu diesen Zielwerten zu kommen. Aber dieser Weg sollte begangen werden.»
Vorhänge kürzen und Strom sparen
Auch Stromsparmassnahmen kamen zur Sprache. Beispielsweise in der Pfarrei St. Johannes in Buchs-Rohr. «Wir haben alle Lampen in der Kirche und im Pfarreisaal durch LED ersetzt. Zudem haben wir die Vorhänge gekürzt und so die Radiatoren freigelegt. Jetzt kann die Luft im Gebäude zirkulieren», sagt Andreas Pechlaner, Umweltbeauftragter der Pfarrei Buchs-Rohr. In Lenzburg wurden gemäss Brigitta Bölsterli auf dem Kirchenareal die Dauerbeleuchtungen eingeschränkt und die notwendigen Lampen mit Bewegungsmeldern versehen. Und in Rohrdorf kommen neu Steckleisten mit Ein- und Ausschaltknöpfen zum Einsatz: «So bleiben die Elektrogeräte in den Büroräumlichkeiten nicht die ganze Zeit im Standby-Modus», meint Leonardo Fiumefreddo.
«Grüner Güggel» zahlt sich aus
Alle erwähnten Pfarreien sind mit dem Umweltlabel «Grüner Güggel» ausgezeichnet. Das bedeutet, dass eine Fachperson eines Umweltteams der Kirchgemeinden, in den letzten Jahren bei der Verbesserung ihrer Umweltleistungen geholfen hat. «Dabei werden in den Bereichen Wärme, Strom, Wasser, Papier und Abfall, sinnvolle Sparmassnahmen eruiert und umgesetzt», erklärt Andreas Frei von «oeku – Kirchen für die Umwelt». Dies helfe nun auch in der aktuellen Strom- und Energiekriese: «Wir führen beispielsweise ein «Grünes Datenkonto». Dadurch haben wir die Verbräuche und Kosten direkt ausgewiesen und sehen, ob die umgesetzten Massnahmen Verbesserungen bringen», sagt Brigitta Bölsterli.
In Rohrdorf ist man sogar auf eine neue Heizung mit Fernwärme umgestiegen: «Wir haben sie erst letzten November in Betrieb genommen in der Kirche «Gut Hirt». Sie hat die alte Ölheizung ersetzt. Dadurch können wir nun einiges an Energiekosten einsparen», verrät Rita Wildi, Präsidentin der Kirchgemeinde Rohrdorf.