Vor einem Jahr machte das Kinderheim St. Benedikt in Hermetschwil einen Missbrauchsfall öffentlich und entschuldigte sich anlässlich einer Medienkonferenz beim Opfer (Horizonte berichtete). Es gab harsche Reaktionen — insbesondere von Seiten des Heimleiters, in dessen Amtszeit der Fall anzusiedeln ist.
Nun hat das Hermetschwiler Kinderheim eine dreiköpfige Untersuchungskommission eingesetzt. Weitere Opfer können sich bei der Kommission melden, Ergebnisse werden innert Jahresfrist erwartet.
Bis die Kommission ihre Arbeit abgeschlossen hat, gilt Informationssperre. Theo Halter von der Guido Fluri-Stiftung vermutet: Man will keinen neuerlichen Medienrummel.
Eine dreiköpfige Untersuchungskommission wird die Missbrauchsfälle im Hermetschwiler Kinderheim St. Benedikt aufarbeiten. Vor einem Jahr hatte das Kinderheim sich zu diesem Schritt verpflichtet, nachdem es sexuelle Übergriffe öffentlich gemacht hatte. Ein Priester, der zugleich Mitglied im Vorstand des Kinderheims war, hatte mindestens einen Knaben mehrfach sexuell missbraucht .
Misshandlungen und sadistische Quälereien
Heimleitung und Vorstand sowie das für das Kinderheim verantwortliche Kloster Muri-Gries ermutigten den heute 41-Jährigen, seine Geschichte öffentlich zu machen und entschuldigten sich bei ihm. In einem Interview mit der Guido Fluri-Stiftung, welche sich für die Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen einsetzt, berichtete der Betroffene von einem autoritären Regime im Kinderheim, unter dem Kinder misshandelt, gequält und missbraucht wurden.In Anlehnung an das Kloster Einsiedeln wurde auch für das Kinderheim St. Benedikt eine Untersuchungskommission eingesetzt. In dieser sitzen mit Edith-Lüscher eine ehemalige SP-Grossrätin, mit Bruno Meier ein Historiker und mit dem Juristen Hanspeter Thür als Aarauer Stadtrat ein weiterer Politiker. Die Kommission kann, so heisst es in einer Medienmitteilung, weitere Fachleute hinzuziehen. Beispielsweise Psychologen oder die Opferhilfe. Bis Ende Juni sollen sich weitere mutmassliche Opfer bei der Kommission melden können ().
Anfeindungen nach dem Gang an die Öffentlichkeit
Auf die Frage, wie und aufgrund welcher Kriterien die Mitglieder der Kommission ausgewählt wurden, wie die Kommission arbeiten werde, und ab wann mit Ergebnissen zu rechnen sei, wollten weder Heimleitung, noch Mitglieder der Kommission irgendwelche Auskünfte geben.Für Theo Halter, der das Opfer seitens der Guido Fluri-Stiftung an die letztjährige Medienkonferenz begleitet hatte, ist diese Zurückhaltung nachvollziehbar: «Das hat mit dem zu tun, was letzten Sommer passiert ist. Die Heimleiterin, Frau Iff, war sehr fortschrittlich, als sie vor einem Jahr an die Öffentlichkeit ging. Danach kam sie unter Beschuss – auch vom damaligen Heimleiter. Aus diesem Grund hat man wohl beschlossen, dass man nun ohne weitere mediale Aufmerksamkeit die Sache aufarbeiten will».
«Eine Untersuchungskommission ist nicht üblich»
Dass überhaupt eine Kommission eingesetzt wurde, sei schon eine gute Sache und längst nicht üblich, weiss Theo Halter. Diese werde nun, so schätzt der Mitarbeiter der Guido Fluri-Stiftung, genau untersuchen, wie damals im Heim gearbeitet wurde, wie die Kontrollmechanismen aussahen und wodurch die Missstände entstehen konnten und wie sie gedeckt wurden.