Hei­li­ger Tatendrang

Hei­li­ger Tatendrang

Apo­stel­ge­schich­te 26,19f.Daher habe ich bei den Hei­den ver­kün­det, sie soll­ten umkeh­ren, sich Gott zuwen­den und der Umkehr ent­spre­chen­de Taten tun.Ein­heits­über­set­zung 2016 

Hei­li­ger Tatendrang

Wenn ich den Namen Boni­faz höre, den­ke ich nicht an den hei­li­gen Boni­fa­ti­us, den Apo­stel Deutsch­lands aus dem 8. Jahr­hun­dert, son­dern ich sehe vor mir mei­nen Maria­stei­ner Mit­bru­der, der sich vor über 60 Jah­ren als jun­ger Mönch die­sen Klo­ster­na­men aus­ge­wählt hat­te: Pater Boni­faz. Am 5. Mai ist er gestor­ben. Still, gott­er­ge­ben, unauf­fäl­lig leg­te er sein 83-jäh­ri­ges irdi­sches Leben zurück in die Hän­de des Schöp­fers.Coro­na-bedingt muss­ten wir ihn genau­so still und unauf­fäl­lig in der Gruft der Klo­ster­kir­che bei­set­zen. Ein merk­wür­di­ger Moment. Denn bis kurz vor sei­nem Tod hat­te er unter Auf­bie­tung sei­ner letz­ten Ener­gie und sei­ner rapi­de schwin­den­den Schaf­fens­kraft noch an der Erfor­schung die­ser Kir­che, «sei­ner» Kir­che gear­bei­tet. Bis in die letz­ten Details woll­te er wis­sen und her­aus­fin­den, wie im Lau­fe der Jahr­hun­der­te das Inne­re der Basi­li­ka ver­än­dert wur­de, wel­che bau­li­chen und künst­le­ri­schen Leit­li­ni­en ver­folgt wur­den, wer die Künst­ler und Hand­wer­ker waren. Pater Boni­faz hat in den 70er- und 80er-Jah­ren die Gesamt­sa­nie­rung der Klo­ster­an­la­ge und im Jahr 2000 die Innen­re­stau­rie­rung der Klo­ster­kir­che wesent­lich mit­be­stimmt und mit bewun­derns­wer­ter Schaf­fens­kraft, mit Kom­pe­tenz und Zähig­keit vor­an­ge­trie­ben. Er hin­ter­lässt zahl­rei­che Dos­siers zur klö­ster­li­chen Kunst- und Bau­ge­schich­te, die er in der Zeit sei­ner Krank­heit erstellt hat­te.Exakt einen Monat vor sei­nem Namens­tag starb P. Boni­faz. Hin­ter sei­nem merk­wür­di­gen Namen, der so gut zu ihm pass­te, steckt die fas­zi­nie­ren­de Bio­gra­fie eines eng­li­schen Bene­dik­ti­ners aus dem Früh­mit­tel­al­ter. Allein schon sein Alter weist dar­auf hin, dass er eine aus­ser­or­dent­lich star­ke Per­sön­lich­keit gewe­sen sein muss; er wur­de 80 Jah­re alt, für die dama­li­gen Ver­hält­nis­se uralt.Die erste Hälf­te sei­nes Lebens ver­brach­te Win­fried als gelehr­ter und from­mer Mönch im Klo­ster Exe­ter. Ful­mi­nant und kom­plett anders ver­lief sei­ne zwei­te Lebens­hälf­te. Rast­los war er unter­wegs auf dem euro­päi­schen Fest­land, mis­sio­nier­te (erfolg­los) bei den Frie­sen, pil­ger­te nach Rom, ging bei Bischof Wil­li­brord von Utrecht in die Leh­re, kehr­te ein zwei­tes und ein drit­tes Mal zurück nach Rom, wur­de vom Papst als «Boni­fa­ti­us» nach Bay­ern, Hes­sen und Thü­rin­gen gesandt, wo er als Mis­sio­nar und Bischof die Chri­stia­ni­sie­rung vor­an­trei­ben und die Kir­che reor­ga­ni­sie­ren soll­te.Dis­ku­tie­ren und Argu­men­tie­ren waren nicht sein Ding. Um die Über­le­gen­heit des Chri­sten­got­tes über die alt­ger­ma­ni­schen Göt­ter unter Beweis zu stel­len, griff Boni­fa­ti­us kur­zer­hand zur Axt und fäll­te eigen­hän­dig die Donar-Eiche in Geis­mar, einem der wich­tig­sten ger­ma­ni­schen Hei­lig­tü­mer; ein Vor­ge­hen, das wir heu­te, im Zeit­al­ter des inter­re­li­giö­sen Dia­logs wohl ziem­lich kri­tisch beur­tei­len. Als er in einem zwei­ten Anlauf die Frie­sen für den christ­li­chen Glau­ben gewin­nen woll­te, wur­de er mit sei­nen Gefähr­ten erschla­gen; dar­um wird er in der Kir­che als Mär­ty­rer ver­ehrt. Na ja.Für den Apo­stel Pau­lus war klar: Glau­be darf nicht fol­gen­los blei­ben. Die Abkehr von der Gott­lo­sig­keit und die Hin­wen­dung zu dem einen wah­ren Gott muss sich mani­fe­stie­ren in ent­spre­chen­den Taten. Ob Boni­fa­ti­us, ob Boni­faz: Jeder hat die Mah­nung des Apo­stels auf sei­ne Wei­se ins Leben über­setzt und wahr gemacht. Zwei Män­ner voll Taten­drang, die ihren Chri­stus­glau­ben durch ihr hand­fe­stes Tun mani­fe­stier­ten. Wir kön­nen nur hof­fen, dass die­ser Men­schen­schlag – «Hau­de­gen Got­tes» – der Kir­che erhal­ten bleibt.Abt Peter von Sury, Mariastein
Redaktion Lichtblick
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