«HeiÂliÂger Strohsack!»
- Wer oder was ist heiÂlig? Und wer bestimmt das?
- SolÂchen FraÂgen geht das MuseÂum EduÂard SpörÂri in WetÂtinÂgen auf den Grund.
- Noch bis im NovemÂber zeigt das MuseÂum die AusÂstelÂlung «Un-heiÂlig» und feiÂert damit das 15-jähÂriÂge Bestehen der StifÂtung EduÂard Spörri.
Gleich zu Beginn der Tour durch die AusÂstelÂlung «Un-heiÂlig» kann der BesuÂcher in den verÂgolÂdeÂten SpieÂgel des KünstÂlers BerÂnard MeiÂer sehen. Er liegt am Boden. Ãœber ihm spieÂgelt sich ein HeiÂliÂgenÂschein. Auf dem SpieÂgel sind die WorÂte «auch heiÂlig» zu lesen. Ein Werk als AnspieÂlung auf die grasÂsieÂrenÂde (un-heiÂliÂge) SelÂfieÂkulÂtur? Schon dieÂses Werk wirft eine FraÂge auf, die sich durch die ganÂze AusÂstelÂlung zieht: Wer und was ist heiÂlig? Und: Wer bestimmt das?
«Un-heiÂlig»
Die JubiÂläÂumsÂausÂstelÂlung ist noch bis am 20. NovemÂber 2022 im MuseÂum EduÂard SpörÂri in WetÂtinÂgen zu sehen.
FreiÂdiÂmenÂsioÂnal
In dem schmucken Raum im OberÂgeÂschoss gibt es skulpÂtuÂraÂle und bildÂneÂriÂsche KunstÂwerÂke der letzÂten rund 100 JahÂre zu sehen. Und PlaÂkaÂte, die unter dem MotÂto «freiÂdiÂmenÂsioÂnal» Un-HeiÂliÂges zum TheÂma haben. Ihnen gegenÂüberÂgeÂstellt sind PlaÂstiÂken. Sie stelÂlen einen witÂziÂgen KonÂtrast her. So ist ein Hund aus PorÂzelÂlan zu sehen, desÂsen Titel, gleichÂsam als KomÂmenÂtar des KünstÂlers zu seiÂnem Werk, lauÂtet: «Der wahÂre Grund – Hier liegt der Hund begraÂben». Im EinÂgangsÂbeÂreich des MuseÂums steht ein weisÂses Pferd mit einem Horn auf dem Kopf. Der ausÂgeÂstopfÂte SchimÂmel mit AntiÂloÂpenÂhorn stammt aus der SammÂlung von TierÂpräÂpaÂraÂtor WalÂter Benz. Er zieht den BetrachÂter auf dieÂse WeiÂse hinÂein in die Welt der Sagen und Mythen. Das FabelÂtier stand im MitÂtelÂalÂter für Treue und KeuschÂheit. [esf_wordpressimage id=39038 width=half float=left][/esf_wordpressimage]
Wer hat’s erfunden?
GegenÂüber steht «Werk ohne Titel» von KathÂrin SeveÂrin. In ihrer InstalÂlaÂtiÂon geht die KünstÂleÂrin der FraÂge nach, wer die UrheÂberÂschaft der MenÂschenÂrechts-CharÂta für sich beanÂspruÂchen kann. Mit einem schwarÂzen MarÂker hat sie die AllÂgeÂmeiÂne MenÂschenÂrechts-CharÂta in EngÂlisch und AraÂbisch auf eine goldÂglänÂzenÂde RetÂtungsÂdecke geschrieben.
Auch an andeÂren StelÂlen glänzt es golÂden. Es sind die verÂgolÂdeÂten EichenÂblätÂter des KünstÂlers Beat BreiÂtenÂstein. KunstÂvoll überÂeinÂanÂderÂgeÂschichÂtet und einÂgeÂrahmt unter Glas, besticht dieÂses Werk durch seiÂne SchönÂheit. «In allen KulÂtuÂren und ReliÂgioÂnen sind BäuÂme wichÂtiÂge BedeuÂtungsÂträÂger proÂfaÂner wie auch sakraÂler SymÂboÂlik», heisst es im Beschrieb zu dieÂsem Werk.
HeiÂliÂge, PäpÂste, WilÂhelm Tell
[esf_wordpressimage id=39037 width=half float=right][/esf_wordpressimage]Nicht golÂden, aber schwarz und weiss sind die EngelsÂflüÂgel, die an einer der WänÂde hänÂgen. Im unteÂren Stock des MuseÂums lädt dieÂse InstalÂlaÂtiÂon unter dem Titel «Von Engeln und BenÂgeln» die BesuÂcher dazu ein, sich unter sie zu stelÂlen und zu posieÂren. Ein weiÂteÂrer BlickÂfang ist an der Wand gegenÂüber zu sehen. Der FotoÂgraf Livio PiatÂti stellt unser Bild von HeiÂliÂgen auf den Kopf. In seiÂner FotoÂseÂrie «AllerÂlei HeiÂliÂge» geht es um den DevoÂtioÂnaÂliÂenÂkult. Die FiguÂren zeiÂgen jedoch nicht nur MadonÂnen- und HeiÂliÂgenÂfiÂguÂren, wie sie an WallÂfahrtsÂorÂten wie EinÂsieÂdeln zu finÂden sind. Schaut man genauÂer hin, stellt man fest: Da passt etwas nicht hin. Mit einem AugenÂzwinÂkern hat Livio PiatÂti in jedes Tableau eine Figur hinÂeinÂgeÂschmugÂgelt, die nicht ins EnsemÂble passt: PäpÂste, spärÂlich verÂhüllÂte FrauÂenÂfiÂguÂren oder WilÂhelm Tell mit seiÂnem Sohn. Das Werk stellt FraÂgen wie: Wer gilt der KirÂche als heiÂlig? Und: WelÂche FiguÂren sind es heute?
HeiÂliÂges Kruzifix
Der gekreuÂzigÂte Jesus wird selÂten auf künstÂleÂrisch proÂvoÂkanÂte WeiÂse darÂgeÂstellt. Und wenn doch, knallt’s. ErinÂnert sei an das Werk des ameÂriÂkaÂniÂschen KünstÂlers AndÂres SerÂraÂno aus dem Jahr 1987. Es zeigt ein PlaÂstikÂkruÂziÂfix, das in einem GlasÂtÂank in Urin einÂgeÂlegt wurÂde. Vom WetÂtinÂger KünstÂler EduÂard SpörÂri (1901–1995) sind ExpoÂnaÂte wie der HochÂalÂtar für WetÂtinÂgen (um 1930) oder das Werk «KruÂziÂfiÂxus mit den vier EvanÂgeÂliÂstenÂsymÂboÂlen und dem AllÂmächÂtiÂgen» (um 1950) zu sehen. Auch WalÂter Huser und Erwin RehÂmann sind mit beinÂdruckenÂden KruÂziÂfixÂwerÂken verÂtreÂten. SpörÂri und Huser schuÂfen zudem vieÂle SkulpÂtuÂren, die heuÂte auf dem FriedÂhof BrunÂnenÂwieÂse in WetÂtinÂgen zu bestauÂnen sind.
InsÂgeÂsamt zeigt die AusÂstelÂlung «Un-heiÂlig» eine beeinÂdruckend breiÂte PaletÂte an WerÂken von KünstÂlern, die sich eines senÂsiÂblen und – angeÂsichts der derÂzeiÂtiÂgen WeltÂlaÂge – hochÂakÂtuÂelÂlen TheÂmas angeÂnomÂmen haben.