Hei­li­ge haben alle Hän­de voll zu tun

Hei­li­ge haben alle Hän­de voll zu tun

Johan­nes­evan­ge­li­um 10,11–15Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Scha­fe. Der bezahl­te Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Scha­fe nicht gehö­ren, sieht den Wolf kom­men, lässt die Scha­fe im Stich und flieht; und der Wolf reisst sie und zer­streut sie. Er flieht, weil er nur ein bezahl­ter Knecht ist und ihm an den Scha­fen nichts liegt. Ich bin der gute Hirt; ich ken­ne die Mei­nen und die Mei­nen ken­nen mich, wie mich der Vater kennt und ich den Vater ken­ne; und ich gebe mein Leben hin für die Schafe. Ein­heits­über­set­zung 2016 

Hei­li­ge haben alle Hän­de voll zu tun

«Möch­ten Sie hei­lig wer­den?», frag­te uns jun­ge Rekru­ten eines Tages der Oberst­leut­nant der Schwei­zer­gar­de und fuhr fort: «Män­ner, es muss unser Wunsch sein, hei­lig zu wer­den!» Als 20-Jäh­ri­ger wuss­te ich nicht so recht, was ich von die­ser Anspra­che hal­ten soll­te. Hät­te er ernst­haft eine Ant­wort erwar­tet, so wäre ich recht über­for­dert gewe­sen.Natür­lich kann­te ich ver­schie­de­ne hei­li­ge Per­so­nen und auch deren Über­lie­fe­run­gen, die von mei­ner Gross­tan­te stets etwas bunt aus­ge­schmückt wur­den. So waren hei­li­ge Men­schen in mei­ner Kind­heit stets etwas eigen­ar­tig, bis­wei­len gru­se­lig. Hei­lig zu wer­den, war für mich defi­ni­tiv kei­ne Opti­on.Auch um den hei­li­gen Ambro­si­us ran­ken sich eigen­ar­ti­ge Legen­den, wie zum Bei­spiel jene von den Bie­nen, die mir ein Freund und Trap­pi­sten­mönch aus Rom erzähl­te. Ambro­si­us sei als Säug­ling von Bie­nen mit Honig gefüt­tert wor­den, wes­halb er eine wun­der­schö­ne Gesangs­stim­me gehabt habe und eben­so als cha­ris­ma­ti­scher Pre­di­ger und Kom­po­nist reli­giö­ser Gedich­te und Gesän­ge sei­ne Zeit­ge­nos­sen in den Bann gezo­gen habe.Heu­te wür­de ich jeman­den als hei­lig bezeich­nen, der für sei­ne Mit­men­schen im Nach­hin­ein als beson­ders nach­hal­tig erlebt wor­den ist. In jeder Epo­che gibt es kul­tu­rel­le und gesell­schaft­li­che Ereig­nis­se, die als Her­aus­for­de­rung und bis­wei­len als Über­for­de­rung erlebt wer­den. Hei­li­ge Men­schen kön­nen da wie ein Leucht­turm emp­fun­den wer­den und ihren Mit­men­schen Halt und Ori­en­tie­rung ver­mit­teln.Der hei­li­ge Ambro­si­us leb­te in einer Zeit hef­ti­ger inner­kirch­li­cher Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit den Aria­nern und war offen­bar in der Lage, alle zu über­zeu­gen. Kein Wun­der also, dass ihm an sei­nem Gedenk­tag die Peri­ko­pe des «guten Hir­ten» zuge­teilt wur­de, der mit viel Sorg­falt und Enga­ge­ment sein Leben hin­gibt.Hei­lig zu sein, bedeu­tet dem­nach, sein Leben mit Hin­ga­be zu leben. Ich den­ke da an Men­schen, die nicht stets um Eigen­nutz und um ihr eige­nes Wohl­erge­hen bemüht sind, son­dern die bereit sind, für ande­re und zum Wohl ande­rer etwas zu wagen. Es sind Men­schen, die sich ernst­haft dar­um bemü­hen, die Welt ein wenig bes­ser zu machen und den Mit­men­schen Gutes zu tun.Seit Coro­na sind Pfle­ge­fach­kräf­te in aller Mun­de und das ist voll­kom­men recht so. Ich den­ke aber auch an enga­gier­te Lehr­per­so­nen, an ehr­li­che Poli­ti­ker, an Eltern und Gross­el­tern, die für ihre Kin­der ein zuver­läs­si­ges Gegen­über sind. Ich den­ke an Nach­barn, die sich gegen­sei­tig unter­stüt­zen und aus­hel­fen, an auf­rich­ti­ge Geschäfts­leu­te und klu­ge, authen­ti­sche Seel­sor­gen­de. Noch vie­le wei­te­re lies­sen sich auf­zäh­len in unse­rer von Unsi­cher­heit und Angst gepräg­ten Epo­che, die wahr­haf­tig viel Zuver­sicht und Glau­be an das Gute abver­langt. In die­sem Sin­ne leben wir in einer Zeit, in der hei­li­ge Men­schen nicht arbeits­los sind, son­dern an allen Ecken und Enden gebraucht wer­den!Mathi­as Jäg­gi, Theo­lo­ge und Sozi­al­ar­bei­ter, arbei­tet als Berufsschullehrer   
Christian von Arx
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