Haben gelernt, miteinander umzugehen
Seit 33 Jahren engagiert sich das Töpferhaus in Aarau für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Entstanden ist die heute unabhängige Institution auf Initiative der Christlichen Vereinigung Junger Männer (CVJM). Bis vor fünf Jahren verfolgte das Töpferhaus einen therapeutischen Ansatz unter Berücksichtigung einheitlicher Vorgaben für alle Klientinnen und Klienten.Unter Daniel Aeberhard wurde vor fünf Jahren ein neues Konzept realisiert, das viel stärker auf Individualisierung und persönliche Entwicklung setzt. Darüber hinaus erfolgte eine Konzentration auf die Bereiche Arbeiten und Wohnen. Anna W. (Name von der Redaktion geändert) verbringt seit zwei Jahren jeweils zwei Halbtage pro Woche im Kreativatelier des Töpferhaus. Im Interview schildert die 40-Jährige, wie sie an Depression erkrankte und ihren Weg neu finden musste.
Sie besuchen zweimal wöchentlich halbtags das Kreativatelier im Aarauer Töpferhaus.
Anna W.: Ich bin ein sehr kreativer Mensch. Übers Basteln und Malen erfahre ich sehr viel Befriedigung. Zudem schätze ich den sozialen Kontakt zu Menschen, mit denen mich ähnliche Erfahrungen verbinden. Das sind gute Begegnungen. Nicht so wie bei den «anderen», von denen ich immer das Gefühl habe, dass sie alles können.
Wie ist es gekommen, dass Sie psychisch an Ihre Grenzen kamen?
Im Alter von etwa 30 Jahren ist so einiges über mir hereingebrochen. Mich hat beschäftigt, dass ich noch keine Kinder hatte, es gab Spannungen mit meinem Mann, ich war unterfordert mit der Arbeit. Plötzlich hatte ich eine starke Depression, verlor meine Stelle.
Wie gestaltete sich diese Situation für Ihren Mann?
Das war immer wieder schwierig. Er wusste nicht, wie damit umgehen. Umgekehrt hatte ich Erwartungen an ihn, dass er mich verstehen müsste und bestimmte Aufgaben übernehmen sollte.
Haben Sie nach einer Therapie nochmals einen neuen Anlauf im Beruf gewagt?
Ja, doch haben verschiedene Faktoren zu einem Rückfall und völligen Zusammenbruch geführt. Ich hatte zunächst einen für mich schwierigen Chef. Hernach fühlte ich mich unter Druck. Im Zuge einer Sparübung sollte meine Stelle ausgebaut, ein anderer Job gestrichen werden. Mit der Erwartung, künftig mehr arbeiten zu müssen, kam ich nicht klar. Unter diesem Druck bin ich zusammengebrochen, landete in der Klinik.
Mittlerweile arbeiten Sie nicht mehr?
Nein, gerade darum schätze ich die beiden Halbtage im Töpferhaus. Sie geben mir Struktur und Möglichkeiten für soziale Kontakte. Wenn ich nach Hause gehe, fühle ich mich in der Regel gelöster, freier als am Morgen. Und dann ist da noch mein Hund. Mit dem komme ich aus dem Haus, das würde ich wohl sonst nicht tun.
Sind Sie noch mit Ihrem Mann zusammen?
Ja, wir verstehen uns gut. Dank der Zusammenarbeit mit einem Therapeuten haben wir gelernt, mit der Krankheit und miteinander umzugehen.Andreas C. Müller
www.toepferhaus.ch