JesaÂja 35, 4–7aSagt den VerÂzagÂten: Habt Mut, fürchÂtet euch nicht!
Seht, hier ist euer Gott! Die Rache GotÂtes wird komÂmen und seiÂne Vergeltung;
er selbst wird komÂmen und euch retten.
Dann werÂden die Augen der BlinÂden geöffnet,
auch die Ohren der TauÂben sind wieÂder offen.
Dann springt der LahÂme wie ein Hirsch,
die ZunÂge des StumÂmen jauchzt auf.
In der Wüste breÂchen QuelÂlen hervor,
und Bäche fliesÂsen in der Steppe.
Der glüÂhenÂde Sand wird zum Teich
und das durÂstiÂge Land zu spruÂdelnÂden QuelÂlen.EinÂheitsÂüberÂsetÂzung Gute BesÂseÂrung!
Wie verÂabÂschieÂden Sie sich, wenn Sie einen KranÂkenÂbeÂsuch gemacht haben? Für mich ist das oft ein echÂtes ProÂblem. Was lasÂse ich zurück bei dieÂsem MenÂschen? Ich habe zugeÂhört. Ich habe Anteil genomÂmen. Ich habe die Not wahrÂgeÂnomÂmen. Ich habe die Angst gespürt. Ob das dem KranÂken wohl gutÂgeÂtan hat? Ob es ihm gar geholÂfen hat, seiÂne Lage anzuÂnehÂmen?In vieÂlen FälÂlen fühÂle ich grosÂse UnsiÂcherÂheit, oft gar direkÂte HilfÂloÂsigÂkeit. Aber das kann ich ja im KranÂkenÂzimÂmer so nicht sagen, nicht wahr? Soll ich von BetrofÂfenÂheit reden wie die PoliÂtiÂker, die irgendÂwie Nähe zu den Opfern schlimÂmer EreigÂnisÂse demonÂstrieÂren müsÂsen?Dazu kommt noch der Anspruch, als SeelÂsorÂger und TheoÂloÂge einen funÂdierÂten BeiÂtrag zum VerÂsteÂhen und BewälÂtiÂgen jegÂliÂcher LebensÂvorÂgänÂge lieÂfern zu könÂnen. Ich habe mir dieÂsen Anspruch nicht ausÂgeÂdacht. Er kommt mehr oder weniÂger ausÂgeÂsproÂchen von den KranÂken. Wenn die MediÂzin keiÂne gute ProÂgnoÂse lieÂfern kann, dann sollÂte doch der GlauÂbe noch den nötiÂgen RetÂtungsÂring bereitÂhalÂten. SchliessÂlich glaubt man doch in guten Tagen auf VorÂrat, damit man seeÂliÂsche KräfÂte hat, wenn schlimÂme ZeiÂten komÂmen.
Ich habe natürÂlich einen gewalÂtiÂgen VorÂteil gegenÂüber andeÂren BesuÂchern und BesuÂcheÂrinÂnen. Ich darf Gebet und Segen anbieÂten, ohne dass ich als FrömmÂler oder BetÂschweÂster hinÂausÂgeÂschickt werÂde. Ich kann also die geschilÂderÂte Not und die geäusÂserÂten SorÂgen in WorÂte fasÂsen und an Gott richÂten. Und ich kann den KranÂken einÂlaÂden, sich der FühÂrung GotÂtes anzuÂverÂtrauÂen, wo immer die LebensÂreiÂse auch hinÂfühÂren wird. Das Gebet des HeiÂliÂgen BruÂder Klaus ist unüberÂtreffÂlich gut: Lass dich los, Gott fängt dich auf.Ich pläÂdieÂre immer für ReaÂlisÂmus: HofÂfen kann man nur mit offeÂnen Augen, und HoffÂnung ist etwas ganz andeÂres als IlluÂsiÂon. JemanÂdem sagen, es werÂde alles gut werÂden, trotz besÂseÂren bezieÂhungsÂweiÂse schlechÂteÂren WisÂsens auf beiÂden SeiÂten, zerÂbricht die BezieÂhung. Dann reden nur noch MasÂken mitÂeinÂanÂder, ScheinÂbeÂgegÂnung hilfÂloÂsen guten WilÂlens. Was schlecht ist, das muss man auch schlecht nenÂnen. Erst danach kann man über HoffÂnung reden.IrgendÂwann aber ist es Zeit für den Abschied. Wie kann der ausÂfalÂlen? Gute WünÂsche sind natürÂlich immer gut. Ob die auch in ErfülÂlung gehen werÂden, weiss nieÂmand. VielÂleicht rechÂnet auch nieÂmand damit, dass die gute BesÂseÂrung tatÂsächÂlich einÂtritt, so wie wir uns das ausÂdenÂken würÂden. WelÂche gute BesÂseÂrung kann man sich vorÂstelÂlen am Bett eines sterÂbenÂden MenÂschen?Und doch ist dieÂser BesÂseÂrungsÂwunsch so etwas wie ein Segen, den man zum Abschied spricht. Dabei dürfÂten die hilfÂreiÂchen BilÂder stärÂker sein als die FakÂten aus dem Labor. Der Segen ist der Zuspruch aus dem GlauÂben, in dem sich SchwäÂche und StärÂke verÂbinÂden. Ich nehÂme die SchwäÂche des KranÂken mit, sofern ich herÂzofÂfen hinÂgeÂhört habe, und dieÂser nimmt meiÂne StärÂke zu sich, sofern meiÂne Gabe nicht nur aus WortÂhülÂsen besteht. Genau dafür braucht es die BilÂder, die mehr transÂporÂtieÂren als abstrakÂte WorÂte. Sicher besteht ein Segen auch aus WorÂten. Aber die werÂden im Kopf des GesegÂneÂten in stärÂkenÂde BilÂder umgeÂwanÂdelt. UnterÂstriÂchen werÂden dieÂse WorÂte durch den Gestus des BerühÂrens. Der Segen wird auf dieÂse WeiÂse körÂperÂlich erfahÂren.JesaÂja wird beaufÂtragt, den VerÂzagÂten einen solÂchen Segen zuzuÂspreÂchen. Es geht dabei nicht darÂum, mit schöÂnen WorÂten IlluÂsioÂnen zu erzeuÂgen, WahrÂsaÂgunÂgen einer Zukunft, in der alles besÂser ist. Nein, es geht darÂum, in den VerÂzagÂten BilÂder lebenÂdig werÂden zu lasÂsen, die ihnen ein Lächeln auf ihr Gesicht zauÂbern: Ja, das wäre schön!So kann man sich glaubÂhaft gut nach einem KranÂkenÂbeÂsuch verÂabÂschieÂden, nicht mit einer unreaÂliÂstiÂschen ProÂgnoÂse, nicht mit einer leeÂren ForÂmel, sonÂdern mit einem Bild, das in beiÂden MenÂschen zurückÂbleibt. Suchen Sie sich doch aus dem JesaÂja-Text mal ein Bild aus, das Sie mit einem MenÂschen teiÂlen wolÂlen. Dann bricht in der Wüste eine QuelÂle auf, die Sie und den andeÂren erfrischt. Bhüet Sie/di Gott.
LudÂwig HesÂse, TheoÂloÂge, Autor und TeilÂzeitÂschreiÂner, war bis zu seiÂner PenÂsioÂnieÂrung SpiÂtalÂseelÂsorÂger im KanÂton Baselland