Neu: Clowns im Gottesdienst

Neu: Clowns im Gottesdienst

  • Auf­mun­te­rung in schwe­ren Zei­ten: Am ver­gan­ge­nen Sonn­tag fei­er­ten die bei­den Kir­chen­clow­nin­nen Lot­ta Lebens­froh und Fide­lia in der Kir­che St. Johan­nes in Buchs ihre Pre­mie­re als komi­sche Inter­pre­ten der lit­ur­gi­schen Texte.
  • Aus Angst vor dem Coro­na­vi­rus blie­ben vie­le Gläu­bi­ge dem Got­tes­dienst fern. Ledig­lich 20 Anwe­sen­de kamen in den Genuss einer ganz beson­de­ren Bibel­dar­stel­lung, die sicher lan­ge haf­ten bleibt.
  • «Kir­chen­clowns könn­ten eine Form sein, wie­der mehr Leu­te in die Kir­che zu holen», sagen Lot­ta und Fide­lia, «denn in der Kir­che wird zu wenig gelacht.»
 Eben noch hat­te es das vol­le Kir­chen­ge­läut von St. Johan­nes Evan­ge­list in Buchs unmög­lich gemacht, sich vor der Kir­che ver­ständ­lich zu begrüs­sen, geschwei­ge denn, ein paar freund­li­che Wor­te zu wech­seln. Als dann aber die Glocken schwie­gen, wur­de einem im besinn­li­chen Halb­dun­kel der denk­mal­ge­schütz­ten Kir­che fast schmerz­haft bewusst, wie ein­sam man sich füh­len kann, wenn man zusam­men mit knapp 20 Men­schen in einem gros­sen Raum sitzt, der für weit mehr als das Zehn­fa­che Platz böte.

Neu­es fin­den im alten Wasser

Der 15. März 2020 war der letz­te Sonn­tag, der nach dem gewohn­ten Got­tes­dienst­plan statt­fand. Aber das wuss­te noch nie­mand, der an die­sem Sonn­tag­vor­mit­tag gespannt im Kir­chen­bank sass und auf den ange­kün­dig­ten Wort­got­tes­dienst mit Clow­ne­rien war­te­te. Ja, die Coro­nabe­dro­hung war in aller Mun­de, die Weih­was­ser­becken gelehrt, die Men­schen mit mehr als dem gebo­te­nen Abstand von­ein­an­der über die Kir­chen­bän­ke ver­teilt. Pfar­rei­seel­sor­ge­rin Vero­ni­ka Scoz­za­fa­va wies in ihrer Eröff­nung dar­auf hin, dass sich die Gläu­bi­gen in die­ser Fei­er an den Rand des Jakobs­brun­nens setz­ten, um Neu­es zu fin­den im alten Was­ser.Zwei auf­fäl­lig geklei­de­te Frau­en betra­ten dar­auf hin den Raum. Vero­ni­ka Scoz­za­fa­va hat­te sie ange­kün­digt. Sie heis­sen Lot­ta Lebens­froh und Fide­lia. Bei­de tru­gen eine leuch­tend rote Nase. Die eine wirk­te sehr fröh­lich und mun­ter, die ande­re mach­te einen eher unwil­li­gen und müden Ein­druck. Sie rich­te­ten sich vor dem Altar ein, pack­ten ihren Rei­se­pro­vi­ant aus und ver­pfleg­ten sich. Jede schien inter­es­siert an der Labung der ande­ren, aber kei­ne lies die ande­re auch nur pro­bie­ren. Es kam zum Streit und im so zur Schau gestell­ten Unfrie­den ver­schwan­den die bei­den wie­der. Die Kin­der im Publi­kum grin­sten. Sie wuss­ten genau, was da gera­de gezeigt wur­de.

Sie erteil­ten zu dritt den Segen

Gut abge­spro­chen und fein auf­ein­an­der abge­stimmt, wech­sel­ten sich im Fol­gen­den die Wor­te der Zele­bran­tin mit den gespiel­ten Sze­nen der bei­den Clow­nin­nen ab. Dazwi­schen sang und bete­te die Gemein­de wie in jedem Got­tes­dienst mit­ein­an­der. Die Lesung aus dem Buch Exodus, wo das Volk Isra­el gegen Mose murrt, weil es in der Wüste Hun­ger und Durst lei­den muss, gestal­te­ten­Lot­ta Lebens­froh und Fide­lia so packend und amü­sant, dass das Gefühls­ba­ro­me­ter abwech­selnd auf Lachen und Magen­knur­ren zeig­te.Am Ende des Got­tes­dien­stes stand die Seel­sor­ge­rin, flan­kiert von den bei­den breit strah­len­den Clow­nin­nen, am Altar und erteil­te der Gemein­de den Segen. Die­ses Bild präg­te sich ein, es zau­ber­te einem ein Lächeln ins Gesicht und man ver­liess die Kir­che mit dem beru­hi­gen­den Gefühl, dass alles wie­der gut wird.

Locker­heit, trotz schwe­rer Zeit

Hin­ten in der Sakri­stei bespra­chen Gud­run Schrö­der (Fide­lia) und Andrea Moser (Lot­ta Lebens­froh) mit Vero­ni­ka Scoz­za­fa­va ihren gemein­sa­men Auf­tritt. «Ich bin begei­stert», mein­te die Seel­sor­ge­rin. «Ich habe wäh­rend der Dar­bie­tun­gen der Clow­nin­nen in die Gesich­ter der Leu­te geschaut. Sie sahen alle zufrie­den aus.» Es sei für sie beein­druckend gewe­sen, wel­che Locker­heit die bei­den Frau­en ver­brei­tet hät­ten – trotz die­ser schwe­ren Zeit. «Vor einem Monat haben mich die bei­den ange­fragt, ob sie in einem Got­tes­dienst bei mir auf­tre­ten dürf­ten. Da ich sel­ber schon ein­mal einen Got­tes­dienst mit Kir­chen­clowns erlebt hat­te, sag­te ich sofort ja.» Die epi­de­mi­sche Ver­brei­tung des Coro­na­vi­rus’ hat zwar lei­der dazu geführt, dass der erwar­te­te Publi­kums­strom aus­blieb, «aber wir waren uns einig, dass wir das durch­zö­gen, auch wenn nur eine Per­son zum Got­tes­dienst käme.»

«Ein Clown darf grund­sätz­lich alles»

Für die bei­den Clow­nin­nen war das auf jeden Fall eine gelun­ge­ne Pre­mie­re. Im ver­gan­ge­nen Novem­ber habe sie ihren Lehr­gang «Clow­ne­rie in der Kir­che und auf der Büh­ne des Lebens» bei Gise­la Mat­thiae in Salz­burg abge­schlos­sen. Nun sind sie bereit, wo immer das gewünscht wird, Mess­fei­ern, Got­tes­dien­ste, Reli­gi­ons­un­ter­rich­te, Bibel­grup­pen und vie­le ande­re kirch­li­che Ver­an­stal­tun­gen durch ihren Humor und ihren theo­lo­gi­schen Hin­ter­grund zu berei­chern. Andrea Moser ist Reli­gi­ons­päd­ago­gin, Gud­run Schrö­der Kate­che­tin. «Wenn uns jemand buchen will», erklärt Gud­run Schrö­der, «dann ger­ne unter einem The­ma oder Mot­to. Auch für unse­ren Auf­tritt heu­te haben wir die The­ma­tik des Got­tes­dien­stes mit Vero­ni­ka Scoz­za­fa­va aus­führ­lich vor­be­spro­chen. Es ist auch ganz wich­tig, die Gren­zen des Mög­li­chen vor­her fest­zu­le­gen. Ein Clown darf zwar grund­sätz­lich alles, das ist schon so. Aber unse­re Frei­heit hängt immer vom jewei­li­gen Ort und vom ver­ant­wort­li­chen Lit­ur­gen ab. Wir wür­den sicher nie eine lit­ur­gi­sche Hand­lung stö­ren, und auch den Altar wür­di­gen wir selbst­ver­ständ­lich.»

«Es wird zu wenig gelacht in der Kirche»

Ken­nen­ge­lernt haben sich die zwei Frau­en im Kurs in Salz­burg. Schnell wur­de ihnen klar, dass sie ihre dort erar­bei­te­ten Clown­fi­gu­ren, Lot­ta Lebens­froh und Fide­lia, in Zukunft als Duo auf­tre­ten las­sen woll­ten. Nach der Pre­mie­re in Buchs ste­hen schon wei­te­re Ter­mi­ne auf dem Plan, etwa die lan­ge Nacht der Kir­chen in Erlins­bach und der Fami­li­en­got­tes­dienst zur Vor­stel­lung der Erst­kom­mu­ni­kan­ten in Rini­ken – so Coro­na will. «Wir glau­ben, dass die Kir­chen­clow­ne­rie eine Form ist, um die Leu­te wie­der in die Kir­che zu holen», meint Andrea Moser. «Es wird über­haupt zu wenig gelacht in der Kir­che. Dabei will Gott doch unse­re Freu­de, wenn wir zusam­men­kom­men, nicht lan­ge Gesichter.» 
Christian Breitschmid
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