GlauÂben heisst VerÂtrauÂen leben
- Der zweiÂte Teil der Serie «HebräiÂsche GrundÂbeÂgrifÂfe» widÂmet sich dem Wort «EmuÂna»​.
- In der HebräiÂschen Bibel kommt «EmuÂna» als Nomen nur zweiÂmal vor und wird mit dem deutÂschen Begriff «GlauÂben» übersetzt.
- Doch dahinÂter steht etwas weit Persönlicheres.
WarÂum kommt «der GlauÂbe» in der hebräiÂschen Bibel, dem sogeÂnannÂten Alten TestaÂment, kaum vor? Im ChriÂstenÂtum gehört es zu den GotÂtesÂdienÂsten, das GlauÂbensÂbeÂkenntÂnis zu spreÂchen. DesÂsen zwölf AusÂsaÂgen solÂlen die GläuÂbiÂgen für wahr halÂten und bekenÂnen. Im NeuÂen TestaÂment gibt es fast 500 BeleÂge für das Verb «glauÂben» und seiÂne NomiÂnaÂliÂsieÂrung. Nur in der Tora kommt es als Nomen kaum vor.
VieÂle Lesarten
HebräÂisch unterÂscheiÂdet sich massÂgebÂlich von unseÂren SpraÂchen. Es ist nicht ein ähnÂliÂcher Weg, dasÂselÂbe zu sagen, sonÂdern ein völÂlig andeÂrer Zugang. Die SpraÂche wird von rechts nach links geschrieÂben, Bücher beginÂnen nach unseÂrem VerÂständÂnis hinÂten. Die WorÂte werÂden mit einer WurÂzel aus drei KonÂsoÂnanÂten gebilÂdet. Damit sind mehÂreÂre LeseÂarÂten mögÂlich. Um den BibelÂtext festÂzuÂleÂgen, haben die MasoÂreten, die HerÂren der ÜberÂlieÂfeÂrung, ihn im ZeitÂraum zwiÂschen 700 bis 1000 nach ChriÂstus vokaÂliÂsiert. Die VokaÂle werÂden mit PunkÂten unter und über dem Wort festÂgeÂlegt. An das Wort werÂden ParÂtiÂkel angeÂhängt für Geschlecht, Zahl, und ÄhnÂliÂches. Dazu kann ein Verb bis zu sieÂben ForÂmen mit unterÂschiedÂliÂcher BedeuÂtung haben. DarÂum hat das HebräiÂsche einen relaÂtiv kleiÂnen WortÂschatz mit vieÂlen WurÂzeln mit unterÂschiedÂliÂchen BedeuÂtunÂgen. So heisst das Wort «MishÂpat» je nachÂdem GerichtsÂort, GerichtsÂverÂhandÂlung, GerichtsÂurÂteil, Urteil, StraÂfe, VerÂbreÂchen, VerÂpflichÂtung, Amt oder Rechtschaffenheit.
Serie «HebräiÂsche Grundbegriffe»
Die Autorin dieÂses BeiÂtrags, die TheoÂloÂgin ChriÂstiaÂne Faschon, war von 2007 bis 2017 PräÂsiÂdenÂtin der GemeinÂschaft ChristÂliÂcher KirÂchen in der Schweiz AGCK. HoriÂzonÂte verÂöfÂfentÂlicht in loser FolÂge ihre ArtiÂkel über theoÂloÂgiÂsche GrundÂbeÂgrifÂfe. Teil 1, «Barach – Segen», finÂden Sie hier.
Die TexÂte des Alten TestaÂments wurÂden ursprüngÂlich auf HebräÂisch und weniÂge auch auf AraÂmäÂisch verÂfasst. Das neue TestaÂment wurÂde auf GrieÂchisch verÂfasst. Die HebräiÂsche Bibel wird in jüdiÂscher TraÂdiÂtiÂon als «Tanach» bezeichÂnet und besteht aus den TeiÂlen Tora (WeiÂsung), Nevi’im (ProÂpheÂten) und KetuÂvim (SchrifÂten). Im 3. JahrÂhunÂdert v. Chr. entÂstand eine ÜberÂsetÂzung der hebräiÂschen TexÂte ins GrieÂchiÂsche, die sogeÂnannÂte «SepÂtuagÂinÂta». Die LegenÂde erzählt, dass dieÂse ÜberÂsetÂzung von 70 GelehrÂten angeÂferÂtigt wurÂde, die unabÂhänÂgig vonÂeinÂanÂder zum gleiÂchen ErgebÂnis kamen. «SepÂtuagÂinÂta» ist lateiÂnisch für «siebÂzig» und die ÜberÂsetÂzung wird oft mit dem römiÂschen ZahlÂzeiÂchen «LXX» abgeÂkürzt. In den nächÂsten Wochen erscheiÂnen weiÂteÂre BeiÂträÂge zu den BegrifÂfen «EmuÂna – GlauÂben» und «ZedaÂka – Spende».
«aman» – «Amen»
EmuÂna kommt bei 5. Mose 32,20 und HabaÂkuk 2,4 vor. Wir überÂsetÂzen es in unseÂren Bibeln mit «GlauÂbe»; eine manÂgelÂhafÂte ÜberÂsetÂzung. In «emuÂna» steckt das hebräiÂsche Wort «emun», VerÂtrauÂen. Das Wort geht auf «aman» (fest / sicher / zuverÂläsÂsig sein) zurück. Das meint, in Gott und seiÂnem Wort einen zuverÂläsÂsiÂgen Halt und einen Grund finÂden. Das Wort «Amen» gehört auch zu dieÂsem Umfeld.
LerÂnen ist Pflicht
GlauÂben ist in der hebräiÂschen Bibel eine TätigÂkeit, die nichts damit zu tun hat, ob man einen GlauÂbensÂsatz für wahr hält. Sie wird mit einem Verb ausÂgeÂdrückt, muss immer wieÂder neu gefunÂden und gelebt werÂden. Ein gutes BeiÂspiel ist AbraÂham, der GotÂtes VerÂheisÂsung verÂtraut, dass er noch als betagÂter Mann NachÂkomÂmen sehen wird – gegen alle VerÂnunft. «EmuÂna» meint, sich Gott anzuÂverÂtrauÂen. Damit dies mögÂlich ist, müsÂsen wir ihn kenÂnenÂlerÂnen. Dies geschieht dadurch, dass wir uns lebensÂlang in sein Wort und seiÂne WeiÂsunÂgen verÂtieÂfen, sie lerÂnen. DarÂum ist im JudenÂtum LerÂnen eine reliÂgiöÂse Pflicht für alle, nicht nur für SpeÂziaÂliÂsten. WeiÂteÂre BegrifÂfe im Umfeld dieÂses VerÂtrauÂens sind: erkenÂnen, suchen, fraÂgen nach, harÂren, hofÂfen auf den Ewigen.
Sich Gott anvertrauen
«EmuÂna» steht dafür, sich Gott aktiv zuzuÂwenÂden und geraÂde nicht für ein pasÂsiÂves AnerÂkenÂnen von GlauÂbensÂausÂsaÂgen. Es geht um unseÂre BezieÂhung zum EwiÂgen, zu uns selbst, zu unseÂrer GesundÂheit, unseÂrer FamiÂlie, zum Beruf bis hin zum KliÂmaÂschutz. Die Tora zeigt, dass es nicht um emoÂtioÂnaÂle AufÂwalÂlunÂgen in besonÂdeÂren MomenÂten geht, nicht darÂum, hie und da «Gott die Ehre zu geben». Es geht um den AllÂtag, die Tage und Nächte.
VerÂtrauÂen ist grundsätzlich
«EmuÂna» heisst VerÂtrauÂen. VerÂtrauÂen ist grundÂsätzÂlich: EntÂweÂder traue ich einer PerÂson oder ich traue ihr nicht. Da gibt es keiÂne halÂben Sachen. GeraÂde die PsalÂmen zeiÂgen, wie dieÂses VerÂtrauÂen in Gott selbst in schwieÂriÂgen ZeiÂten angeÂfochÂten wird und doch immer wieÂder trägt. ÜbriÂgens kennt das JudenÂtum kein offiÂziÂelÂles GlauÂbensÂbeÂkenntÂnis. Das «Schma IsraÂel» («Höre IsraÂel»), das vieÂle für das GlauÂbensÂbeÂkenntÂnis halÂten, ist ein Gebet. Sein Beginn lauÂtet: «scheÂma jisÂraÂel adonÂai eloÂhenu adonÂai echad»: «Höre IsraÂel! Der EwiÂge, unser Gott, der EwiÂge ist eins /einer / einÂzig…». DieÂses Gebet wird tägÂlich gebeÂtet. Es ist ein Gebet, das den GlauÂben zum einen Gott bekennt, aber es ist kein GlauÂbensÂbeÂkenntÂnis im kirchÂliÂchen Sinn.
WeiÂteÂre BeiÂträÂge der Serie «HebräiÂsche Grundbegriffe»