Gemein­sam unterwegs

Gemein­sam unterwegs

Lukas 10,1–6bDanach such­te der Herr zwei­und­sieb­zig ande­re aus und sand­te sie zu zweit vor sich her in alle Städ­te und Ort­schaf­ten, in die er selbst gehen woll­te. Er sag­te zu ihnen: Die Ern­te ist gross, aber es gibt nur wenig Arbei­ter. Bit­tet also den Herrn der Ern­te, Arbei­ter für sei­ne Ern­te aus­zu­sen­den! Geht! Sie­he, ich sen­de euch wie Scha­fe mit­ten unter die Wöl­fe. Nehmt kei­nen Geld­beu­tel mit, kei­ne Vor­rats­ta­sche und kei­ne Schu­he! Grüsst nie­man­den auf dem Weg! Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als Erstes: Frie­de die­sem Haus! Und wenn dort ein Sohn des Frie­dens wohnt, wird euer Frie­de auf ihm ruhen.Ein­heits­über­set­zung 2016 

Gemein­sam unterwegs

Es gibt unwei­ger­lich Kon­flik­te, wenn man zu zweit unter­wegs ist, Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten, Kom­pe­tenz­ge­ran­gel, Sym­pa­thie­fra­gen, Ver­let­zung von per­sön­li­chen Gren­zen und vor allem Miss­ver­ständ­nis­se. Es kön­nen nicht zwei Men­schen die glei­che Sup­pe kochen, das glei­che Auto fah­ren oder den glei­chen Pfarr­blatt­im­puls schrei­ben. Da muss man sich abspre­chen und die Auf­ga­ben fair ver­tei­len.Die­se Erfah­rung machen alle, die nicht allein sein wol­len. Und den­noch sind die gegen­sei­ti­ge Beglei­tung und Unter­stüt­zung, die gegen­sei­ti­ge Ergän­zung und Kor­rek­tur so fun­da­men­tal wich­tig für ein gesun­des Leben. Ob Lebens- oder Geschäfts­part­ner­schaf­ten, Rei­se­ge­mein­schaf­ten oder ech­te Freun­de – die mei­sten Men­schen bewäl­ti­gen das Leben leich­ter, wenn sie mit einem ande­ren unter­wegs sind.Da kom­men zwei von unter­schied­li­chen Erleb­nis­sen, Pro­jek­ten oder Auf­ga­ben zurück, und sie kön­nen ein­an­der erzäh­len, was sie erlebt haben. Im Erzäh­len und ein­an­der Zuhö­ren voll­zieht sich das Begrei­fen. Erst im Tei­len wer­den Bruch­stücke ein Gan­zes. Ich sehe etwas, weil du es mir zeigst, und ich blei­be auf dem Weg, weil du mich aus Irr­tü­mern zurück­rufst.Die­se Erfah­rung wer­den die Zwei­und­sieb­zig auch gemacht haben, die sich für das Reich-Got­tes-Pro­jekt auf die Rei­se haben schicken las­sen. Die Bot­schaft war durch­aus noch unklar, und die Gefahr, ins Schwär­men oder Spin­nen zu gera­ten, war ent­spre­chend gross. Sich gegen­sei­tig zu stüt­zen und zu kor­ri­gie­ren war eine Grund­auf­ga­be die­ser klei­nen Mis­si­ons­teams.Dass Jesus sei­ne Jün­ge­rin­nen und Jün­ger zu zweit auf den Weg schickt, hat aber noch einen ande­ren, nach aus­sen gerich­te­ten Grund. Zu zweit war man glaub­wür­di­ger, weil der eine die Rede des ande­ren jeweils bestä­ti­gen und bezeu­gen konn­te. Zwei stan­den stets für den Weg der Wahr­heit, wäh­rend einer allein das Blaue vom Him­mel erzäh­len, fan­ta­sie­ren oder gar lügen konn­te. Zwei Aus­ge­sand­te sind natür­lich auch kei­ne Garan­tie für Wahr­haf­tig­keit, aber ihr Zeug­nis, juri­stisch ihre Zeu­gen­aus­sa­ge, ist belast­ba­rer.Die Brü­der Cyrill und Metho­di­us – bei­de Namen sind Ordens­na­men – hat­ten sich dem glei­chen Pro­jekt ver­schrie­ben. Sie waren durch­aus unter­schied­lich und kleb­ten nicht anein­an­der. Aus einer grie­chi­schen Fami­lie stam­mend hat­ten sie sich zum Ziel gesetzt, das christ­li­che Leben im sla­wi­schen Raum zu erneu­ern und ver­tie­fen. Dazu gin­gen sie unter­schied­li­che Wege – Bischof der eine, Leh­rer und Über­set­zer der ande­re, aber sie behiel­ten ein­an­der stets im Auge. So konn­ten sie ein­an­der stär­ken, als der poli­ti­sche Wider­stand ihnen das Leben schwer zu machen ver­such­te.Gegen­sei­ti­ge Unter­stüt­zung ist nur mög­lich, wo auch die gegen­sei­ti­ge Abgren­zung funk­tio­niert. Fehlt Letz­te­res, so ver­liert sich die Ener­gie im Inne­ren der Part­ner­schaft und in der Angst, ein­an­der zu ver­lie­ren. Gibt es aber ein gemein­sa­mes Ziel, dann kön­nen die Talen­te, Stra­te­gien und Vor­lie­ben jedes Ein­zel­nen sehr ver­schie­den sein und ein­an­der den­noch opti­mal gegen­sei­tig ver­stär­ken.Lud­wig Hes­se, Theo­lo­ge, Autor und Teil­zeit­schrei­ner, war bis zu sei­ner Pen­sio­nie­rung Spi­tal­seel­sor­ger im Kan­ton Baselland 
Redaktion Lichtblick
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