Nach zweieinhalb Jahren Vorarbeit konnte am vergangenen Samstagabend im Beisein von Bischof Felix Gmür der «Pastoralraum am Rohrdorferberg» feierlich errichtet werden. Die neue Seelsorge-Einheit konzentriert das pastorale Angebot für die Pfarreien Bellikon, Künten, Stetten und Rohrdorf.«Ich möchte den heutigen Neuanfang mit einem Zeichen ins Bewusstsein bringen», erklärte Gemeindeleiter Christoph Cohen am 10. September 2016 gegenüber den versammelten Gläubigen in der gut gefüllten Kirche St. Martin in Oberrohrdorf. Er verwies auf das Logo, das die Spurgruppe entworfen hatte, um dem neuen Gebilde ein Gesicht zu geben. In der Folge traten Vertreterinnen und Vertreter der Kirchgemeinden Bellikon, Künten, Stetten und Rohrdorf vor, um nach einem kurzen Statement eben jenes Logo mit plastischen Elementen vor dem Altar zu bilden: Ein aus vier farbigen Elementen gebildetes Kreuz – sinnbildlich für jede der vier Pfarreien. Aus diesem erstrahle sichtbar das Licht Gottes, wie Christoph Cohen erklärte, um hernach vor eben jenem Bildnis fünf Kerzen zu entzünden, auf den ihrerseits wieder das Logo des neuen Pastoralraums prangte. Sie sollten fortan in allen fünf Kirchen des neuen Pastoralraums stehen.
Identität in neuer Form wiedergefunden
Bellikon, die höchstgelegene Pfarrei des Pastoralraums hätte einst ohnehin zu Rohrdorf gehört, erklärte Patricia Fragnito, Präsidentin der Kirchenpflege Bellikon. «Nach 91 Jahren kehren wir nun in den Schoss der Mutterpfarrei zurück.» Hans Ackermann, Präsident der Kirchenpflege von Künten, lobte, dass man «von der grossen Pfarrei Rohrdorf stets partnerschaftlich behandelt» worden sei.«Noch 2011 hatten die Leute Angst, sie würden mit der Pastoralraumerrichtung ihre Identität verlieren», erinnerte sich der Basler Bischof Felix Gmür, um dann mit Freude zu ergänzen: «Doch ich sehe, sie haben sie nicht verloren, sondern in neuer Form wiedergefunden.»
Demokratischer Prozess als Erfolgsgarant
Die Errichtung des «Pastoralraums am Rohrdorferberg» gilt als Erfolgsgeschichte. Keine Konflikte und Zerwürfnisse, die das Projekt – wie andernorts im Aargau – auf Jahre hinaus blockieren. Anteil am Erfolg hat nach Aussagen von Josef Seiler, Mitglied jener Kerngruppe, bestehend aus Mitgliedern aller involvierter Pfarreien, die den Gemeindeleiter bei der Umsetzung des Projekts eng begleitete, der von Beginn weg eingeschlagene demokratische Prozess. «Wir haben das gemeinsam erarbeitet», erklärt Josef Seiler sichtlich stolz, und erklärt: «Es gibt Orte, wo das von oben diktiert wird und das Fussvolk nichts zu sagen hat.»In der Tat schlug der Gemeindeleiter von Anfang an einen demokratischen, synodalen Weg ein,
wie Horizonte bereits im Mai dieses Jahres berichtete. Zu Beginn gab es eine sogenannte «Spurgruppe» mit sieben bis zwölf Mitgliedern aus jeder Pfarrei, die eine Ist-Analyse für ihre Pfarrei erstellen sollte. Welche Angebote gibt es bei uns? Was funktioniert? Was wollen wir behalten, was loslassen? Je zwei Delegierte aus jeder Spurgruppe formten sich zu einer «Kerngruppe», die zwischen August und Dezember 2015 alle zwei Wochen zusammenfand. Die Kerngruppe erarbeitete nach dem Grundsatz «sehen – urteilen – handeln» Antworten auf die Frage, wie die Zukunft des Pastoralraums aussehen sollte.
Taufe nach wie vor in allen Pfarreien
Das Resultat dieses intensiven Prozesses unter der Leitung von Christoph Cohen und Andreas Imhasly als Coach war denn auch in der Kirche St. Martin auf einer grossen Informationswand allen zugänglich – das sogenannte «Pastoralraumkonzept», eine Art von Bundesvertrag. «In den Pfarreien des Pastoralraums gibt es ein vielfältiges Angebot an Gottesdiensten, Andachten und Gebetskreisen», heisst es in jenem Dokument. Und weiter: «In allen Pfarreien kann zurzeit an Sonn- und Feiertagen Gottesdienst gefeiert werden».Der Pflege der sakramentalen Tradition will man im Pastoralraum besonderes Augenmerk schenken: «In unserer säkularisierten Welt ist das Verständnis der Sakramente nicht mehr Allgemeingut. Deshalb ist die Hinführung und Erklärung mit besonderer Sorgfalt zu geben.» Getauft werden soll nach wie vor in allen Pfarreien des Pastoralraums. Überdies sollen Katechese und kirchliche Jugendarbeit, konkret Firmvorbereitung, der ökumenische Kirchenchor, Jubla und Minstrantendiesent als wesentliche Investitionen in die Zukunft gestärkt werden.Musikalisch umrahmt wurde die Feier von den vier Kirchenchören aus allen beteiligten Pfarreien, unterstützt von den Aarauer Turmbläser, der Violonistin Regula Schärli und Bratschistin Remea Friedrich. Vertreterinnen und Vertreter der Aargauer Landeskirchen und umliegenden katholischen und reformierten Kirchgemeinden erwiesen der Festgemeinde ihre Referenz und genossen bei herrlichem Spätsommerwetter den abendlichen Apéro.