Frohe Botschaft in Zeiten des Terrors

Viel Polizei aber noch mehr Pil­ger prägten die Oster­feier­lichkeit­en in Rom. Papst Franziskus absolvierte ein strammes Pro­gramm mit sym­bol­is­chen Gesten und deut­lichen Appellen zu den hässlichen The­men der Zeit.

Spätestens mit den Bomben­toten von Brüs­sel stand fest, dass die Oster­feiern in Rom stärk­er als befürchtet im Zeichen des näherkriechen­den Ter­ror­is­mus ste­hen wür­den. Mit­ten im Heili­gen Jahr der Barmherzigkeit hätte das Fest der Aufer­ste­hung Jesu eigentlich beson­ders fröh­lich und unbeschw­ert began­gen wer­den sollen.

Doppelte Sicherheitsschleusen

An vie­len Orten der Heili­gen Stadt war es auch so. Doch daneben bes­timmten dop­pelte Sicher­heitss­chleusen, Sprengstoff-Spürhunde und eine noch stärkere Präsenz von Polizei und Mil­itär auf den Strassen und Plätzen das öster­liche Bild. Nicht wenige Pil­ger und Besuch­er, vor allem aus den USA, hat­ten ihre Reise nach Rom kurzfristig abge­sagt.Trotz­dem kamen am Son­ntag Zehn­tausende Chris­ten aus aller Welt bei son­nigem Früh­lingswet­ter zur Oster­messe mit Papst Franziskus und dem anschliessenden Segen «Urbi et orbi» auf den Peter­splatz. In sein­er Botschaft verurteilte Franziskus den Ter­ror als «blinde und grausame Form der Gewalt, die nicht aufhört, unschuldiges Blut in vie­len Teilen der Erde zu vergiessen».Der Zufall wollte es, dass das vatikanis­che Presseamt just in diesen Minuten ein päp­stlich­es Kon­dolen­zschreiben an den Irak ver­bre­it­ete, wo am Kar­fre­itag in Iskan­der­i­ja nahe Bag­dad 41 Men­schen bei einem Selb­st­mor­dan­schlag getötet wur­den. Beken­ner auch hier: die Ter­rormiliz «Islamis­ch­er Staat».

Flüchtlingsthema immer präsent

Das zweite grosse The­ma der Zeit, die Flüchtlingskrise, hat­te das Pap­st­pro­gramm schon am Grün­don­ner­stag dominiert. Dass der Papst das tra­di­tionelle Rit­u­al der Fuss­waschung dies­mal in eine Asy­lun­terkun­ft nahe Rom ver­legte, fand inter­na­tion­al starke medi­ale Beach­tung. Der Mann in Weiss, der einem schwarzafrikanis­chen Migranten die Füsse küsst, dürfte das ein­drück­lich­ste Bild dieser Ostertage bleiben.Dabei ging fast unter, dass der Papst dieses Jahr erst­mals auch offiziell die Zer­e­monie an Frauen vor­nahm. Das tat er auch schon in früheren Jahren, aber erst in diesem Jan­u­ar liess er eine ander­slau­t­ende Regelung aus­drück­lich stre­ichen. Gle­ich­heit der Geschlechter und Gle­ich­heit aller Men­schen, unab­hängig von ihrem Glauben, das sollte die Botschaft jenes Abends wer­den. Auch drei Mus­li­men und einem Hin­du wusch der Papst die Füsse. «Wir alle sind hier ver­sam­melt: Mus­lime, Hin­dus, Katho­liken, Kopten, evan­ge­lis­che Chris­ten. Wir sind alle Geschwis­ter, Kinder des­sel­ben Gottes», so der Papst in sein­er frei gehal­te­nen Predigt. «Wir haben ver­schiedene Kul­turen und Reli­gio­nen. Aber wir sind Brüder und wollen in Frieden zusam­men­leben.»

Terroristen schänden den Namen Gottes

Sehr deut­liche Andeu­tun­gen for­mulierte Franziskus dann am Abend des Kar­fre­itag beim tra­di­tionellen Kreuzweg am Kolos­se­um an die Adresse des radikalen Islam, ohne diesen direkt zu nen­nen. Er verurteilte die Welt­sicht von Fun­da­men­tal­is­ten, die am Buch­staben – man möchte hinzufü­gen: ihrer Heili­gen Schrift – klebten, anstatt Barmherzigkeit zu lehren; von Men­schen, die andere der Steini­gung aus­liefer­ten, ohne die eige­nen Fehler zu sehen, Kehlen durch­schnit­ten und Köpfe abhack­ten. In diesen Leuten zeige sich das Kreuz Christi als Sym­bol der Grausamkeit und Unmen­schlichkeit. Solche Ter­ror­is­ten, «die Anhänger manch­er Reli­gio­nen», schän­de­ten den Namen Gottes.Auch bei diesem trotz ausseror­dentlich strenger Sicher­heits­mass­nah­men gut besucht­en Kreuzweg ver­gass Franziskus nicht die Not der Flüchtlinge und Migranten. Das Mit­telmeer und die Ägäis seien zu einem «uner­sät­tlichen Fried­hof» gewor­den, mah­nte er in typ­isch bild­hafter Sprache – «ein Bild unseres abges­tumpften und betäubten Gewis­sens». Weniger wahrgenom­men wurde in den Medi­en, dass der Papst sich auch scharf gegen laizis­tis­che «hei­d­nis­che» Strö­mungen wandte, die das Kreuz aus dem öffentlichen Raum ver­ban­nen woll­ten.

Kirche ist mehr als eine internationale Einrichtung

Den eigentlichen Höhep­unkt dieser Tage, die Oster­nacht­feier im Peters­dom am Sam­stagabend, wid­mete der Papst ganz dem zen­tralen The­ma der Aufer­ste­hung. Die fro­he Botschaft vom ewigen Leben müsse für die Chris­ten – und beson­ders für die Kirche – wieder stärk­er im Mit­telpunkt ste­hen, betonte er. «Andern­falls wären wir eine inter­na­tionale Ein­rich­tung mit ein­er grossen Zahl von Anhängern und guten Regeln, aber unfähig, die Hoff­nung zu geben, nach der die Welt dürstet.»
Marie-Christine Andres Schürch
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