Frie­den schaf­fen – doch wie?

Frie­den schaf­fen – doch wie?

Buch der Rich­te­rin­nen und Rich­ter 5,1.3.6–7.24.31Debo­ra – und Barak ben-Abinoam – sang an jenem Tag: Hört, ihr Köni­ge, merkt auf, ihr Ober­häup­ter! Ich will Adon­aj, ich will sin­gen ich will Adon­aj spie­len, der Gott­heit Isra­els. In den Tagen Scham­gars ben-Anat, in den Tagen Jaëls, hat­ten die Kara­wa­nen auf­ge­hört, und die auf Pfa­den gehen, muss­ten krum­me Wege gehen. Freie Bau­ern­schaft gab es nicht mehr, in Isra­el gab es sie nicht mehr, bis ich auf­stand, Debo­ra, bis ich auf­stand, eine Mut­ter in Isra­el. Geseg­net unter den Frau­en sei Jaël, die Frau des Keni­ters Heber, vor den Frau­en im Zelt sei sie geseg­net! So mögen alle, die dir, Adon­aj, Feind sind, zugrun­de gehen! Die dich lie­ben sind wie die Son­ne beim Auf­gang in ihrer Pracht. Und das Land hat­te 40 Jah­re lang Ruhe.Bibel in gerech­ter Sprache 

Frie­den schaf­fen – doch wie?

Zwei Frau­en spie­len in der Geschich­te um Debo­ra die Haupt­rol­len. Debo­ra, Pro­phe­tin und Rich­te­rin. Jah­we sagt ihr, dass sie den Heer­füh­rer Barak dazu bewe­gen soll, auf dem Berg Tabor in den Krieg zu zie­hen, um die Israe­li­ten von ihren Unter­drückern zu befrei­en, nach 20 Jah­ren Fremd­herr­schaft. Damit die Stäm­me Isra­els wie­der frei und in Frie­den leben kön­nen. Frie­den ohne Frei­heit geht näm­lich nicht. Doch er will nicht ohne sie gehen – und so beglei­tet sie ihn und macht zugleich deut­lich, dass nicht er den Ruhm ein­heim­sen wird, son­dern eine Frau. Die ande­re Frau in die­ser Geschich­te: Jaël. Zu ihr, der Frau eines Ver­bün­de­ten, flieht der Heer­füh­rer Sis­e­ra, ver­steckt sich bei ihr unter einem Tep­pich vor der Streit­macht Baraks. Sie gibt ihm Milch zu trin­ken und durch­bohrt sei­ne Schlä­fe mit einem Pflock.Debo­ra spricht Recht. Jaël han­delt. Zwei Frau­en, die auf unter­schied­li­che Wei­se und doch gemein­sam den Frie­den wie­der­her­stel­len. «Und das Land hat­te 40 Jah­re lang Ruhe», heisst es am Ende von Debor­as und Baraks Sie­ges­lied.Müt­ter­lich und krie­ge­risch han­deln zugleich. Debo­ra, die Barak gleich­sam an die Hand nimmt und ihn beglei­tet in die Schlacht. Jaël, die Sis­e­ra wie eine Mut­ter mit Milch nährt. Und dann bru­tal umbringt. Damit Frie­den geschaf­fen wird. Damit das Land Ruhe hat.Hei­ligt der Zweck die Mit­tel? Ist Mord und Gewalt legi­tim, um Frie­den zu schaf­fen? Haben nicht auch wir Sehn­sucht nach jeman­dem, der oder die das Recht in die Hand nimmt und Ruhe und Frie­den wie­der­her­stellt? In der Ukrai­ne und in Russ­land, in Niger, im Iran, in so vie­len Län­dern, an so vie­len Orten der Welt, wo Krieg herrscht, Men­schen unter­drückt wer­den, Unfrei­heit an der Tages­ord­nung ist?Es ist nicht lös­bar. Damals nicht. Und heu­te auch nicht. Damals wie heu­te gilt: Es ist so schwer, Frie­den zu schaf­fen, und wir wünsch­ten uns so sehr, dass es ohne Waf­fen mög­lich wäre. Dass Ver­söh­nung auf fried­li­chem Weg geschieht. Doch Jah­we ist par­tei­isch. Jah­we steht auf der Sei­te der Unter­drück­ten. Lässt die Schwa­chen nicht hilf­los zurück, son­dern ist auf ihrer Sei­te, steht ihnen bei in ihrem Kampf um Befrei­ung.Was bleibt uns heu­te aus die­ser Geschich­te von Debo­ra, Jaël und Barak? Gemein­sam haben sie es geschafft, die Stäm­me Isra­els zu befrei­en und für 40 Jah­re Frie­den zu schaf­fen. Und gemein­sam haben Debo­ra und Barak ein Lied gesun­gen. Ein Sie­ges­lied. Mit Kla­ge über die Unter­drückung und Freu­de über den Sieg. Gemein­sam etwas bewir­ken. Nicht als Ein­zel­kämp­fer und ‑kämp­fe­rin­nen. Debo­ra mit Barak und Jaël zusam­men. Wenn wir uns ver­net­zen und ver­bin­den, dann kann Gutes auch aus Schreck­li­chem ent­ste­hen. Dann kön­nen sich Ver­hält­nis­se ändern. Dann wird Frie­den mög­lich für vier­zig Jah­re und län­ger.Doro­thee Becker, Theo­lo­gin und Seel­sor­ge­rin. Gemein­de­lei­te­rin der Pfar­rei St. Fran­zis­kus, Riehen-Bettingen  
Christian von Arx
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