FrieÂde, FreuÂde und ein wenig Nachdenklichkeit
In FriÂbourg finÂdet vom 1. bis 3. Mai 2015 der natioÂnaÂle WeltÂjuÂgendÂtag statt. Die VerÂanÂstalÂter rechÂnen mit 1000 JugendÂliÂchen und junÂgen ErwachÂseÂnen. Mit dabei: Vier BischöÂfe, ein TopÂmoÂdel und ein MörÂder – und die drei AarÂgauÂer Jana, SaloÂme und Frédéric.
SeliÂges Lächeln, verÂklärÂte Blicke, ein SchwelÂgen in GefühÂlen und ErinÂneÂrunÂgen. Wer JugendÂliÂche zu ihren ErlebÂnisÂsen an WeltÂjuÂgendÂtaÂgen befragt, bekommt zunächst keiÂne WorÂte, sonÂdern körÂperÂliÂche ReakÂtioÂnen als AntÂwort. Die GesichÂter offenÂbaÂren TagÂträuÂme, die vom HimÂmel auf Erden künÂden.
Nicht allein
2013 fand in Rio der letzÂte grosÂse WeltÂjuÂgendÂtag mit 3,7 MilÂlioÂnen MenÂschen statt. Mit dabei war auch Jana WalÂdis (17) aus RheinÂfelÂden. «Dort habe ich gemerkt», schwärmt sie, «dass ich in der kathoÂliÂschen KirÂche nicht alleiÂne bin.» Ein «Mega-ErlebÂnis» sei es geweÂsen, erzählt sie. Allein schon wegen der GrösÂse, aber nicht nur. Janas perÂsönÂliÂches HighÂlight war der Moment, als an der CopaÂcaÂbaÂna 1,5 MilÂlioÂnen MenÂschen in eine minuÂtenÂlanÂge StilÂle verÂfieÂlen. «Es war vollÂkomÂmen ruhig, man hörÂte nur noch das Meer rauÂschen. Mit einem Wort: FrieÂden.»
Mega-ParÂty
Ich trefÂfe Jana als VorÂbeÂteÂrin an einer AdoÂray-FeiÂer in der BasÂler JosephsÂkirÂche. AdoÂray-LobÂpreisÂabenÂde, die es in mehÂreÂren SchweiÂzer StädÂten gibt, sind das lokaÂle PenÂdant zur kathoÂliÂschen WeltÂbühÂne. 13 JugendÂliÂche sind heuÂte da, sie beten, hören PreÂdigtÂworÂte eines JesuiÂtenÂpaÂters, halÂten StilÂle. Und vor allem: Sie sinÂgen. LieÂbesÂlieÂder für Gott erfülÂlen fast pauÂsenÂlos den ChorÂraum. GitarÂrist FréÂdéÂric SchubiÂger (22) aus MöhÂlin spielt, als ob es kein MorÂgen gäbe. Man kann sich bildÂlich vorÂstelÂlen, was er späÂter vom MadriÂder WeltÂjuÂgendÂtag 2008 erzählt: «Den ganÂzen Tag lieÂfen wir durch die Stadt, waren eigentÂlich todÂmüÂde, sanÂgen aber einÂfach immer weiÂter. AusÂufernÂde FreuÂde – unverÂgessÂlich.» Auch Jana rührt in Basel noch einÂmal die WerÂbeÂtromÂmel für den komÂmenÂden natioÂnaÂlen WeltÂjuÂgendÂtag. Nicht mehr zu überÂzeuÂgen braucht sie ihre 15-jähÂriÂge SchweÂster SaloÂme, die in FriÂbourg sicher dabei ist und von der «extrem guten StimÂmung» schwärmt, die sie von andeÂren natioÂnaÂlen GlauÂbensÂfeÂsten bereits kennt. SaloÂmes BeschreiÂbung passt indes auch zur KriÂtik, die nicht weniÂge KathoÂliÂken am WeltÂjuÂgendÂtag üben: Er verÂsprüÂhe mit den StarÂgäÂsten und der plaÂkaÂtiÂven WerÂbe-ÄstheÂtik den Geist einer komÂmerÂziÂelÂlen MegaÂparÂty. Nicht alle bekomÂmen das mit ihrem GlauÂben zusamÂmen. «Die WeltÂjuÂgendÂtaÂge sind wie ein StartÂschuss für den GlauÂben», rechtÂferÂtigt ETH-StuÂdent FréÂdéÂric die GrösÂsenÂdiÂmenÂsiÂon. «Danach muss er sich aber im AllÂtag bewähÂren». Jana sekunÂdiert: «Das ProÂgramm ist gar nicht unbeÂdingt der HauptÂpunkt. Das EntÂscheiÂdenÂde finÂdet dazwiÂschen statt: In den BegegÂnunÂgen, der GemeinÂschaft, der LebensÂfreuÂde.»
KulÂturÂschock
Ihre GlauÂbensÂbeÂgeiÂsteÂrung verÂsuÂchen die drei FrickÂtaÂler auch in ihre PfarÂreiÂen zu traÂgen. Jana und SaloÂme, die beiÂde die Rudolf-SteiÂner-SchuÂle besuÂchen, engaÂgieÂren sich unter andeÂrem im OberÂstuÂfen-ReliÂgiÂonsÂunÂterÂricht in RheinÂfelÂden. Ein mittÂleÂrer KulÂturÂschock, gibt Jana zu: «Die SchüÂler für den GlauÂben zu begeiÂstern ist schwieÂrig.» TrotzÂdem will sie dran bleiÂben, die junÂgen LeuÂte ernst nehÂmen, und – wenn sich eine ChanÂce ergibt – auch gerÂne eine kleiÂne GlauÂbensÂgeÂmeinÂschaft grünÂden. SolÂche, finÂdet Jana, würÂden PfarÂreiÂen insÂgeÂsamt gut ansteÂhen. TatÂsächÂlich ist heuÂte die JugendÂarÂbeit vieÂlerÂorts mehr von ErlebÂnisÂpädÂagoÂgik als von GebetsÂgrupÂpen geprägt: «Für JugendÂliÂche, die nahe bei Gott sein wolÂlen, gibt es nicht vieÂle AngeÂboÂte.» UmgeÂkehrt hilft die AnbinÂdung an eine PfarÂrei den AdoÂray-FolÂloÂwern, nicht in ein ParÂalÂlelÂwelt abzuÂgleiÂten. Denn in der VolksÂkirÂche setzÂten sie sich kriÂtiÂschen RückÂfraÂgen aus, die für einen GlauÂbensÂweg ebenÂso wichÂtig sind wie der unentÂwegÂte LobÂgeÂsang. Zum BeiÂspiel: Hat die kathoÂliÂsche KirÂche immer recht? WarÂum soll man vor der Ehe keiÂnen Sex haben? Oder – wie Janas nicht-gläuÂbiÂger Freund kürzÂlich wisÂsen wollÂte: «WarÂum verÂneigst Du Dich, wenn Du in die KirÂche trittst? WarÂum machst Du Dich so klein vor Gott?»
ZwiÂschen EuphoÂrie und NachÂdenkÂlichÂkeit
Es ist spürÂbar, das die JugendÂliÂchen vor solÂchen FraÂgen nicht flieÂhen. «Ich unterÂstütÂze auch nicht alles zu 100%, was die kathoÂliÂsche KirÂche sagt», meint Jana. Auch FréÂdéÂric räumt ein: «Es gibt Sachen, die ich nicht verÂsteÂhe.» Doch beiÂde wolÂlen verÂsteÂhen, und die LehÂre der KirÂche berückÂsichÂtiÂgen, wenn sie bei FraÂgen nach ihrer LebensÂgeÂstalÂtung ansteÂhen. So, sind sie überÂzeugt, lerÂnen sie immer mehr zu glauÂben und zu lieÂben. So verÂneigt sich Jana denn auch weiÂterÂhin in der KirÂche. Dank ihrem kriÂtiÂschen Freund hat sie indes neue EinÂsichÂten in ihren GlauÂben gewonÂnen. «Jesus ist vielÂgeÂstalÂtig, nicht einÂfach zu fasÂsen. Ich kann ihm als Freund begegÂnen – und denÂnoch bleibt er mein König.» Sie seiÂen sich bewusst, dass WeltÂjuÂgendÂtags-GrupÂpen der Ruf von «FrieÂde, FreuÂde, EierÂkuÂchen» vorÂausÂeiÂle, sagt FréÂdéÂric zuletzt. Man wisÂse zwar, dass dies nicht immer die ReaÂliÂtät sei. «Und doch», bekräfÂtigt der StuÂdent, «sinÂgen wir ganz bewusst auch weiÂter, wenn es schwieÂrig wird.» Es bleibt zu hofÂfen, dass die LieÂder die NachÂdenkÂlichÂkeit nicht übertönen.
Der natioÂnaÂle WeltÂjuÂgendÂtag in FriÂbourg
Ein Mix aus Musik, WorkÂshops, litÂurÂgiÂschen FeiÂern und BegegÂnunÂgen mit BischöÂfen wähÂrend drei Tagen – vom 1. bis 3. Mai 2015. Als Top Acts spreÂchen das US-Model Leah DarÂrow und TorÂsten HarÂtung, ein verÂurÂteilÂter MörÂder, über ihren GlauÂben. ErstÂmals begeÂhen in FriÂbourg alle SchweiÂzer SprachÂreÂgioÂnen zusamÂmen einen WeltÂjuÂgendÂtag. Die natioÂnaÂlen GlauÂbensÂfeÂste fülÂlen die Lücke zwiÂschen den interÂnaÂtioÂnaÂlen WeltÂjuÂgendÂtaÂgen. DieÂse finÂden seit 1986 etwa alle drei JahÂre statt, zuletzt 2013 in Rio mit 3.2 MilÂlioÂnen TeilÂnehÂmenÂden, demÂnächst 2016 in KraÂkau. www.fr2015.ch