Fasten­op­fer-Direk­tor: «Wir sagen, war­um die Men­schen arm sind»

Fasten­op­fer-Direk­tor: «Wir sagen, war­um die Men­schen arm sind»

  • Die Bun­des­kanz­lei hat unlängst das Enga­ge­ment der Kir­chen im Abstim­mungs­kampf zur Kon­zern­in­itia­ti­ve als «grenz­wer­tig» bezeich­net. Ent­spre­chend gehen die Mei­nun­gen, was eine Orga­ni­sa­ti­on wie Fasten­op­fer poli­tisch «darf oder nicht darf», weit auseinander.
  • Bernd Nil­les, Geschäfts­lei­ter von Fasten­op­fer, ist besorgt über die­se Ent­wick­lung und stellt klar: Es sei­en kei­ne Spen­den­gel­der, die nicht für die­sen Zweck bestimmt wären, in die Unter­stüt­zung der Kam­pa­gne geflossen.

Stif­tungs­zweck Fasten­op­fer kurz erklärt:

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Fasten­op­fer unter­stützt Pro­jek­te und Pro­gram­me zugun­sten wirt­schaft­lich und sozi­al benach­tei­lig­ter Men­schen in Afri­ka, Asi­en und Latein­ame­ri­ka. Ziel von Fasten­op­fer ist es, deren Eigen­in­itia­ti­ve zu stär­ken und zu unter­stüt­zen. Dies erfolgt in der Zusam­men­ar­beit mit Orga­ni­sa­tio­nen und Grup­pie­run­gen der Zivil­ge­sell­schaft, Kir­chen und Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen vor Ort. Fasten­op­fer trägt wei­ter zur ent­wick­lungs­po­li­ti­schen Mei­nungs- und Ent­schei­dungs­bil­dung bei, um die Ursa­chen von Armut und deren poli­ti­sche und öko­no­mi­sche Rah­men­be­din­gun­gen zu beein­flus­sen. Dies geschieht durch Infor­ma­ti­on und Bewusst­seins­bil­dung in öku­me­ni­scher Zusam­men­ar­beit, um die welt­wei­te Soli­da­ri­tät der Schwei­zer Bevöl­ke­rung zu fördern.

Herr Nil­les, Hand aufs Herz, darf Fasten­op­fer sich gemäss sei­nem Auf­trag über­haupt poli­tisch enga­gie­ren?
Bernd Nil­les: Fasten­op­fer hat gemäss Sta­tut den Auf­trag, neben der kon­kre­ten Pro­jekt­ar­beit im Süden auch poli­ti­sche Rah­men­be­din­gun­gen für die Armen und für eine nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung zu ver­bes­sern. Poli­ti­sches Enga­ge­ment liegt also qua­si in unse­rer DNA und wird auch von unse­ren Spen­den­den so wahrgenommen.

Aber die Auf­ga­be eines Hilfs­werks wie Fasten­op­fer ist doch die Ent­wick­lungs­hil­fe.
Abso­lut, und unser Lei­stungs­aus­weis hier­bei ist beträcht­lich, denn im Jahr 2019 konn­te Fasten­op­fer über 620‘000 Men­schen in Asi­en, Afri­ka und Latein­ame­ri­ka direkt errei­chen. Das bedeu­tet: bes­se­re Lebens­be­din­gun­gen, weni­ger Hun­ger und gesi­cher­te­re Men­schen­rechts­si­tua­tio­nen für 2,7 Mil­lio­nen Men­schen in 14 Län­dern. Aber wir fra­gen auch und sagen, war­um die Men­schen arm sind. Denn Armut hat vie­le Ursa­chen. Und eini­ge die­ser Ursa­chen lie­gen auch in der Schweiz. Wir haben also eine Mit­ver­ant­wor­tung, unse­re Han­dels­ver­trä­ge, unse­ren CO2-Aus­stoss, das Wirt­schaf­ten der hie­si­gen mul­ti­na­tio­na­len Kon­zer­ne, unse­ren Kon­sum so zu gestal­ten, dass dies nicht die Armen trifft und benachteiligt.

Es wur­de aber kri­ti­siert, dass Fasten­op­fer Spen­den­gel­der für den Abstim­mungs­kampf ein­ge­setzt hat.
Zu Unrecht, denn Fasten­op­fer hat nur einen klei­nen Bei­trag zur gesam­ten Kon­zern­ver­ant­wor­tungs­in­itia­ti­ve (KVI) gelei­stet. Die KVI wur­de von 130 Orga­ni­sa­tio­nen getra­gen und vor allem durch Spen­den aus der Bevöl­ke­rung finan­ziert, die direkt an die KVI über­wie­sen wur­den. Die Kam­pa­gne wur­de somit nicht nur von einer enorm gros­sen und brei­ten gesell­schaft­li­chen Alli­anz, son­dern vor allem von zahl­rei­chen enga­gier­ten Per­so­nen in der Bevöl­ke­rung getra­gen. Wenn Fasten­op­fer Geld an eine Kam­pa­gne wie die KVI bei­trägt, so sind dies vor allem zweck­be­stimm­te Mit­tel und Zuwen­dun­gen, wel­che für unse­re Men­schen­rechts­ar­beit oder kon­kret für die Initia­ti­ve gespen­det wurden.

Nun steht wie­der die Fasten­ka­ti­on an. Wie sieht es mit den Gel­dern der Fasten­kol­lek­te aus? Wer ent­schei­det, wie die­se ein­ge­setzt wer­den?
Bei der Fasten­kol­lek­te ist es so, dass die Pfar­rei­en ent­schei­den, wel­che Pro­jek­te und Pro­gram­me unter­stützt wer­den sol­len. Spen­det eine Pfar­rei für unser Lan­des­pro­gramm Sene­gal, gehen alle Spen­den der Pfar­rei­kol­lek­te in die­ses Lan­des­pro­gramm. Auch Bei­trä­ge von Kirch­ge­mein­den sind gröss­ten­teils zweck­be­stimmt und wer­den dem­entspre­chend nur für das gewünsch­te Pro­jekt genutzt, für das sie gespen­det wur­den. Die zweck­be­stimm­te Ver­wen­dung von Gel­dern ist ein wich­ti­ger Aspekt der ZEWO-Zer­ti­fi­zie­rung und der inter­nen Abläu­fe bei Fasten­op­fer. Die­se Pro­zes­se sind genau defi­niert und wer­den auch regel­mäs­sig überprüft.

Fasten­ak­ti­on 2021: Klimagerechtigkeit

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Die Län­der, die am mei­sten von der Kli­ma­er­wär­mung betrof­fen sind, haben am wenig­sten dazu bei­getra­gen. Wäh­rend der Öku­me­ni­schen Kam­pa­gne machen Fasten­op­fer und Brot für alle auf die­se Unge­rech­tig­keit auf­merk­sam und for­dern, dass die­je­ni­gen Ver­ant­wor­tung über­neh­men, die den Kli­ma­wan­del am mei­sten befeu­ern. Mit einer Unter­schrif­ten­samm­lung appel­liert Fasten­op­fer dar­um an die Schwei­ze­ri­sche Natio­nal­bank SNB: Sie soll alle Antei­le von Unter­neh­men abstos­sen, die an För­de­rung, Han­del und Ver­ar­bei­tung fos­si­ler Ener­gie­trä­ger betei­ligt sind.

Und über wel­ches Geld darf Fasten­op­fer frei ver­fü­gen?
Nur all­ge­mei­ne Bei­trä­ge dür­fen von Fasten­op­fer frei ver­wen­det wer­den, jedoch immer im Rah­men der in den Sta­tu­ten defi­nier­ten Auf­ga­ben und Stif­tungs­zwecke. Dabei set­zen wir auf gros­se Trans­pa­renz. Wir infor­mie­ren unse­re Spen­de­rin­nen und Spen­der aber auch alle ande­ren Bei­trags­ge­ber wie Stif­tun­gen, Kan­to­nal­kir­chen, Kirch­ge­mein­den und die Öffent­lich­keit über die unter­stüt­zen Pro­jek­te und die Ver­wen­dung der Gel­der in unse­rem Jah­res­be­richt und den ergän­zen­den Infor­ma­tio­nen auf unse­rer Website.

Und was gilt bei den Deza-Gel­dern, die ja Steu­er­gel­der sind?
Die Direk­ti­on für Ent­wick­lung und Zusam­men­ar­beit finan­ziert Ent­wick­lungs­hil­fe­mass­nah­men vor allem über erfah­re­ne Hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen wie Fasten­op­fer oder inter­na­tio­na­le Orga­ni­sa­tio­nen. Wir sind seit vie­len Jah­ren Part­ner der DEZA und arbei­ten her­vor­ra­gend zusammen.

Wel­chen Schwer­punkt hat die­se Arbeit?
In den näch­sten vier Jah­ren legen wir in unse­rem DEZA-finan­zier­ten Pro­gramm einen beson­de­ren Schwer­punkt auf Ernäh­rungs­si­che­rung in 14 Län­dern. Die Gel­der von der DEZA wer­den gemäss einem umfang­rei­chen Pro­gramm­do­ku­ment mit ange­streb­ten Zie­len und Wir­kun­gen ein­ge­setzt und dür­fen nicht für poli­ti­sche Arbeit in der Schweiz ver­wen­det werden.

Andreas C. Müller
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