Ermög­licht uns die Bedro­hung neue Lebensorientierung?

Ermög­licht uns die Bedro­hung neue Lebensorientierung?

Ephe­ser­brief 5,14–17,18Wach auf, du Schlä­fer, und steh auf von den Toten und Chri­stus wird dein Licht sein. Ach­tet also sorg­fäl­tig dar­auf, wie ihr euer Leben führt, nicht wie die Toren, son­dern wie Klu­ge. Nutzt die Zeit, denn die Tage sind böse. Dar­um seid nicht unver­stän­dig, son­dern begreift, was der Wil­le des Herrn ist! … Lasst euch vom Geist erfül­len!             Ein­heits­über­set­zung 2016 

Ermög­licht uns die Bedro­hung neue Lebensorientierung?

«Mein Wesen ist Feu­er», soll die hei­li­ge Katha­ri­na von Sie­na von sich sel­ber gesagt haben. Ein Wir­bel­sturm soll sie im 14. Jahr­hun­dert gewe­sen sein. Sie war in eine Zeit der Bür­ger­krie­ge, Macht­kämp­fe und Fami­li­en­feh­den gebo­ren. In der Kir­che litt sie unter dem Zer­fall der Inte­gri­tät des Kle­rus und streb­te eine umfas­sen­de Reform der Kir­che an, was ihr nur zum Teil gelang. Sie war eine jun­ge Brücken­baue­rin in poli­ti­schen und kirch­li­chen Zer­reiss­pro­ben und eine unab­hän­gi­ge Frie­dens­frau.Wir sind in der Zeit nach Ostern, dem Fest der Auf­er­ste­hung Chri­sti. Aber wir fra­gen uns heu­te eher, wie es jetzt in der Coro­na­kri­se wohl wei­ter­ge­hen wird. Eine Qua­si-Depres­si­on auf allen Ebe­nen des fami­liä­ren, gesell­schaft­li­chen und wirt­schaft­li­chen Lebens hat uns mehr oder weni­ger betrof­fen, erfasst. Wie sol­len wir die­se Situa­ti­on ein­ord­nen und bewäl­ti­gen? Wer hilft uns, sie zu deu­ten? Wie geht es wei­ter? Gibt es mög­li­cher­wei­se ganz neue Per­spek­ti­ven und Ein­sich­ten – und vor allem: Was ler­nen wir dar­aus? Dass wir in Kri­sen etwas ler­nen kön­nen, ist oft die ein­zi­ge Hoff­nung, und ich füge hin­zu, die Hoff­nung über­haupt.Die­se gross­ar­ti­ge Frau leb­te vor, dass Ver­stand und Glau­ben mit­ein­an­der zu ver­bin­den sind. Sie schweb­te nicht über den Wol­ken. Nach einer län­ge­ren Zurück­ge­zo­gen­heit, nach Zei­ten der tota­len Iso­la­ti­on ging sie nach draus­sen und pfleg­te die Kran­ken und Ster­ben­den im Ospe­da­le del­la Sca­la und im Lepro­sen­heim San Laz­z­aro. Spä­ter pfleg­te sie auch Pest­kran­ke. So wur­de sie auch die Für­spre­che­rin der Kran­ken­schwe­stern. – Gera­de heu­te haben wir die Hin­ga­be aller im Gesund­heits­we­sen vor Augen. Ein­ge­schlos­sen sind alle, die in der For­schung sind und eine Imp­fung und Medi­ka­men­te gegen das Coro­na­vi­rus suchen. Man kann sich nur ver­nei­gen vor so viel Enga­ge­ment!Katha­ri­na von Sie­na rief dazu auf: «Es ist nun Zeit, vom Schla­fe auf­zu­ste­hen … Wir machen uns selbst blind, wenn wir die Wol­ke der Gleich­gül­tig­keit und den Nebel der Eigen­lie­be vor unse­ren Augen dul­den.» – Es kann sein, dass im eige­nen Leben Wich­ti­ges zurück­ge­drängt wur­de und Unwich­ti­ges an erster Stel­le war. Viel­leicht kann die aktu­el­le Erschüt­te­rung und Bedro­hung uns neue Wer­te und Lebens­ori­en­tie­rung ermög­li­chen? Anstel­le des «schnel­ler, höher, stär­ker» ein Leben mit Selbst­be­schrän­kung und Mit­ver­ant­wor­tung allem Leben gegen­über? Dazu benö­ti­gen wir viel­leicht ein Gespräch mit Freun­den und Freun­din­nen, mit Seel­sor­gen­den und Bera­te­rin­nen und Bera­tern.Die Hei­li­ge wird wohl im Brief des Apo­stels Pau­lus an die Gemein­de von Ephe­sus die­se Wor­te gefun­den haben: «Wach auf, du Schlä­fer, und steh auf von den Toten und Chri­stus wird dein Licht sein.» – Es gibt den Schlaf durch Benom­men­heit und Blind­heit. Ich wür­de heu­te sagen, dass man auf eine gewis­se Art schläft, wenn man die eige­ne Fähig­keit zur Lie­be und Ver­ant­wor­tung allem Leben gegen­über unter­schätzt. Wir alle haben die Ver­heis­sung, dass wir das gött­li­che Licht jetzt erfah­ren dür­fen. Und durch Ostern wis­sen wir, dass Got­tes Lebens­kraft für die Gestal­tung unse­rer gemein­sa­men Zukunft mit und in uns ist.Anna-Marie Fürst, Theo­lo­gin, arbei­tet in der Gefäng­nis­seel­sor­ge und in der Seel­sor­ge für Men­schen mit Behin­de­rung in den Kan­to­nen Basel-Stadt und Zug.  
Redaktion Lichtblick
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