Erb­la­sten ato­ma­rer Art

Erb­la­sten ato­ma­rer Art

Die Kir­chen set­zen hier­zu­lan­de zuneh­mend auf erneu­er­ba­re Ener­gien. Spä­te­stens seit Papst Fran­zis­kus‘ Enzy­kli­ka «Lau­da­to si» wird die Bewah­rung der Schöp­fung als ein Teil der kirch­li­chen Agen­da brei­ter wahr­ge­nom­men. Bei der Atom­fra­ge geht es jedoch oft um den «Aus­stieg». Der Atom­müll und des­sen End­la­ge­rung wer­den aus­ge­blen­det. Das will Gemein­de­lei­ter Bern­hard Lind­ner nun ändern.«Die Atom­müll­end­la­ger-Sache ver­fol­gen wir zur­zeit nicht mit vol­ler Auf­merk­sam­keit. Unse­re Prio­ri­tä­ten sind zur­zeit die Ener­gie­stra­te­gie 2050 sowie die Atom­aus­stiegs-Initia­ti­ve», sagt Kurt Zaugg-Ott, Theo­lo­ge und Lei­ter der Arbeits­stel­le «oeku – Umwelt und Kir­che» in Bern. Das spie­gelt wider, wie es um das The­ma Atom­müll­end­la­ger bestellt ist: Es ist kaum im Gespräch.

Glei­cher Fokus – ande­rer Blickwinkel

Die­se Aus­sa­ge tei­len auch Eli­sa­beth Bur­ge­ner und Jut­ta Lang. Das The­ma soll­te brei­ter dis­ku­tiert und erklärt wer­den, sagen sie mit unter­schied­li­chen Wor­ten. Bei einem ande­ren Aspekt hin­ge­gen ver­tre­ten sie eine ganz kon­trä­re Ansicht: Ob die Regi­on Jura Ost, genau­er der Böz­berg und noch exak­ter, die Gemein­de Vil­li­gen als mög­li­cher Stand­ort für ein End­la­ger für radio­ak­ti­ven Abfall in Fra­ge kommt.Eli­sa­beth Bur­ge­ner ist Mit­grün­de­rin des Ver­eins «KAIB — Kein Atom­müll im Böz­berg», der seit 2010 aktiv ist. Zir­ka 700 Mit­glie­der zählt der Ver­ein aktu­ell, pro Woche kom­men im Schnitt ein bis zwei Neu­mit­glie­der dazu. KAIB spricht sich gegen die Regi­on Jura Ost als End­la­ger aus. Die NAGRA, die Natio­na­le Genos­sen­schaft für die Lage­rung radio­ak­ti­ver Abfäl­le, ist hin­ge­gen der Ansicht, die Regi­on Jura Ost ist eine der Regio­nen in der Schweiz, in der ein siche­res Tie­fen­la­ger gebaut wer­den kann. Jut­ta Lang ist Che­mi­ke­rin und Res­sort­lei­te­rin Medi­en­stel­le und arbei­tet seit neun Jah­ren für die NAGRA.Über­spitzt for­mu­liert tref­fen in den bei­den Frau­en der emo­tio­na­le und der wis­sen­schaft­li­che Aspekt der Debat­te um ein Tie­fen­la­ger auf­ein­an­der. Die eine sieht, sach­lich begrün­det, ihre Hei­mat­re­gi­on bedroht – die ande­re sucht nach der sicher­sten Mög­lich­keit, hoch­ra­dio­ak­ti­ven Abfall zu lagern. Der Fokus auf die nach­fol­gen­den Gene­ra­tio­nen ist bei­den gemein­sam – der jewei­li­ge Blick­win­kel ein ande­rer.

Eine Fra­ge der Gerechtigkeit 

Auch Bern­hard Lind­ner wünscht sich, dass das The­ma Atom­müll­end­la­ger mehr Beach­tung fin­det. Aus die­sem Grund orga­ni­siert  der Gemein­de­lei­ter in der Römisch-Katho­li­schen Pfar­rei St. Kos­mas und Dami­an in Oesch­gen in sei­ner Funk­ti­on als Erwach­se­nen­bild­ner bei Bil­dung und Prop­stei zwei Anläs­se zum The­ma. «Das Ziel ist, die Leu­te zu betei­li­gen und den Raum zu öff­nen, in dem sie sich äus­sern kön­nen. Das The­ma wird ins­ge­samt auf schma­ler Flam­me gekocht, und mit der Enzy­kli­ka «Lau­da­to si» im Rücken ist es auch Auf­ga­be der Kir­chen, sich beim The­ma zu enga­gie­ren», erklärt Bern­hard Lind­ner.Tho­mas Wal­li­mann-Sasa­ki, Sozi­al­ethi­ker am Sozi­al­in­sti­tut KAB, wird als Refe­rent einen Vor­trag zum The­ma aus sozi­al­ethi­scher Sicht hal­ten. «Es geht bei die­ser Sicht­wei­se letzt­lich um die Fra­ge der Gerech­tig­keit», erklärt Tho­mas Wal­li­mann-Sasa­ki. Wer trägt zum Bei­spiel bei Ent­schei­den um ein End­la­ger die Lasten, wer hat den Nut­zen? Wie gerecht ist das Ver­fah­ren der Betei­li­gung an Ent­schei­den und mit Wor­ten aus «Lau­da­to si»: «da die Erde, die wir emp­fan­gen haben, auch jenen gehört, die erst noch kom­men. Wel­che Art von Welt wol­len wir denen über­las­sen, die nach uns kom­men, den Kin­dern, die gra­de auf­wach­sen?»

Unfrei­wil­li­ge Erben

Einen wei­te­ren Aspekt erwähnt Tho­mas Wal­li­mann-Sasa­ki: Wie gehen wir als Gesell­schaft damit um, dass wir uns tech­nisch in eine Situa­ti­on manö­vriert haben, die uns mit Abfall­pro­ble­men bela­stet, die wir nicht ein­fach lösen kön­nen? Nor­ma­ler Haus­müll steht ein­mal in der Woche im Gebüh­ren­sack an der Stras­se – mit radio­ak­ti­vem Müll ist das nicht mög­lich.Die Dis­kus­si­on zeigt ein Dilem­ma: Wir alle sind Mit­ver­ur­sa­cher von Müll, den wir nicht wol­len. Wir benut­zen Strom und die­ser Strom kommt auch aus Kern­kraft. Gleich­zei­tig sind bereits wir unfrei­wil­li­ge Erben eines Pro­zes­ses, den wir nicht gestar­tet haben. Des­halb lau­tet eine Fra­ge viel­leicht auch: Wie wütend sind wir auf die Vor­gän­ger­ge­ne­ra­tio­nen, die uns das The­ma ein­ge­brockt haben? https://www.horizonte-aargau.ch/events/atommuellendlager-am-boezberg-aus-sozialethischer-sicht/ 
Anne Burgmer
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