Für zwei Menschen im Kanton Aargau beginnt in der Osternacht ein neuer Lebensabschnitt: Sie empfangen das Sakrament der Taufe. Letztes Jahr liessen sich 30 Erwachsene aus dem Bistum Basel taufen.Als Ulrike Zimmermann kürzlich mit der pastoralen Mitarbeiterin der Missione Cattolica Italiana in der Kirche sass und über Gott sprach, überkam sie plötzlich eine Wärme, mit der sie in der winterlich-kalten Kirche in Aarau nicht gerechnet hatte: «Das war für mich ein eindrückliches Erlebnis – als wollte mir Gott zeigen, dass er bei mir ist», erzählt die 27-Jährige aus Buchs.
Bewusster Entscheid
An der Osternacht lässt sich Ulrike Zimmermann in Gränichen taufen. Während die meisten Christen normalerweise kurz nach der Geburt das Sakrament der Taufe empfangen, hat sich die gebürtige Deutsche erst als Erwachsene für diesen Schritt entschieden. «Obwohl ich nicht christlich erzogen wurde, spürte ich immer eine gewisse Nähe zu Gott», erzählt Ulrike Zimmermann. «Erst durch meinen Partner und seine Familie habe ich den christlichen Glauben näher kennen gelernt.» Mit der Taufe soll dieser nun zu einem wichtigen Teil ihres Lebens werden. Hinzu kommt, dass Ulrike Zimmermann im Sommer ihren Lebenspartner heiraten wird.
Steigende Nachfrage
Letztes Jahr liessen sich im Bistum Basel rund 30 Erwachsene zwischen 17 und 67 Jahren nachträglich taufen, wie die Pastoralverantwortliche Brigitta Aicher informiert. 2014 waren es ebenfalls 30 Personen. Seit dem zweiten Vatikanischen Konzil, wo die Erwachsenentaufe einen der Schwerpunkte bildete, habe das Interesse am Empfang des Taufsakraments im Erwachsenenalter zugenommen.«Ich bin von diesen Menschen, die sich aus freiem Willen für diesen Weg im christlichen Glauben entscheiden, tief beeindruckt», sagt Brigitta Aicher. Oft stehe zum Beispiel eine kirchliche Hochzeit bevor, oder jemand kommt über den Lebenspartner zum katholischen Glauben, stellt Brigitta Aicher die Beweggründe fest. Manchmal führe auch eine schwere Krankheit zum Entscheid, der katholischen Kirche beizutreten und die Krankensegnung zu empfangen.
Fast wie ein Geburtstag
Zu jenen Menschen, die sich im Erwachsenenalter für eine Taufe in der katholischen Kirche entschieden haben, gehört auch Mirjam Kaufmann aus Kaiseraugst. Sie wurde als Kind zwar nicht getauft, wuchs jedoch in einer christlichen Familie auf. «Ich verstehe das Sakrament der Taufe als eine Abmachung zwischen Gott und mir. Ich möchte mein Leben ganz in Gottes Hand legen und meinen Weg Schritt für Schritt mit Jesus gehen.» Die 39-Jährige ist «voller Vorfreude» auf die Taufe in der Osternacht, zu der sie ihre Familie und ihre Freunde einladen hat. Denn: «Für meinen geistigen Weg ist die Taufe fast wie ein Geburtstag.»Stephan Kochinky, der Diakon der römisch-katholischen Pfarrei Kaiseraugst-Arisdorf-Giebenach, hat in den vergangenen Jahren bereits mehrmals erwachsenen Personen das Taufsakrament gespendet. Einmal einer Mutter und ihrer Tochter, die aus Angola stammen. Und vor zwei Jahren erst einem Mann, der die katholische Glaubensgemeinschaft als neue religioöse Heimat entdeckte. «Mittlerweile engagiert sich dieser Mann in der Kirchenpflege und spielt sogar mit dem Gedanken einer priesterlichen Ausbildung», freut sich Stephan Kochinky.Der Gemeindeleiter bereitet Mirjam Kaufmann in regelmässigen Treffen auf die Taufe und die Gemeinschaft in der katholischen Kirche vor. «Ich pflege diese Art Katechese als Dialog, bei dem auch kritische Fragen zur Kirche besprochen werden», sagt Stephan Kochinky. Meist stelle er bei den erwachsenen Täuflingen einen starken Bezug zu Gott und eine grosse Freude auf die Taufe fest.
Vorbereitung ist Pflicht
In der Missione Cattolica Italiana in Aarau wird die Taufvorbereitung mit rund zehn Sitzungen durch die pastorale Mitarbeiterin Elisabetta Calì-Zamperini geleitet. Die Vorbereitung beinhaltet das Reflektieren von persönlichen Gotteserfahrungen und biografischen Ereignissen genauso wie das Kennenlernen der Bibel. Ausgewählte Texte werden besprochen, beispielsweise über das Leben von Mose oder Jesus. Auch das Verständnis für die Sakramente und die Erkundung des Kirchenraumes, aber auch der Besuch von Gottesdiensten und das Beten dürfen nicht fehlen. «Wir geben den Menschen die Liebe zu Jesus und der Kirche mit auf den Weg», sagt der Priester Don Giuseppe von der Missione Cattolica Italiana in Aarau.Für Ulrike Zimmermann gehe mit den Vorbereitungen und der bevorstehenden Taufe «etwas Neues» in ihr auf, schwärmt sie, als sie auf ihre Eindrücke und Emotionen rund um die bevorstehende Taufe angesprochen wird. «Ich empfinde diese Phase wie einen neuen Lebensabschnitt von mir und freue mich auf die Zugehörigkeit zu Gott und zur Glaubensgemeinschaft.»