Tur­gi: Kir­chen­pfle­ge und Seel­sor­ge in der Kritik

  • Die Kirch­ge­mein­de Gebens­torf-Tur­gi steht vor einem Scher­ben­hau­fen: Ver­tre­ter einer 52-köp­fi­gen Initia­tiv­grup­pe erho­ben erneut schwe­re Vor­wür­fe gegen den Kir­chen­pfle­ge­prä­si­den­ten und den Prie­ster Pater Adam.
  • Die Mehr­heit der Ver­samm­lungs­teil­neh­mer for­der­te den Rück­tritt von Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent Dani­el Ric sowie die Ent­las­sung von Pater Adam als Seel­sor­ger. Der Antrag besass aber kei­ne Rechtsgültigkeit.
  • Wie es wei­ter geht, ist unklar. Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent Dani­el Ric hat die Kirch­ge­mein­de­ver­samm­lung vor­zei­tig verlassen.
 Diens­tag, 26. Novem­ber: Nach zähen drei Stun­den reich­te es Dani­el Ric: «Wir wur­den in einer Wei­se ange­gan­gen, die sich nicht gehört. Wir sind nicht dazu da, belei­digt zu wer­den». Der Prä­si­dent der Kirch­ge­mein­de Gebens­torf-Tur­gi stand auf und ver­liess mit dem Prie­ster Pater Adam den Saal, ohne dass die Sit­zung ordent­lich geschlos­sen wor­den wäre. Und ohne die Kri­tik der 52-köp­fi­gen Initia­tiv­grup­pe anzu­hö­ren, die gegen 23.30 Uhr for­der­te: «Dani­el Ric muss als Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent zurück­tre­ten und Pater Adam muss ent­las­sen wer­den».

Gegen Mit­ter­nacht herrsch­te das tota­le Chaos

Ver­bind­lich­keit hat­te die For­de­rung nicht. Der Antrag war nicht frist­ge­recht ein­ge­reicht wor­den. Gleich­wohl: Eine Mehr­heit der Anwe­sen­den hob die Hand, stimm­te dem Antrag zu. Kir­chen­pfle­ge­mit­glied Cle­mens Frei blieb her­nach nichts ande­res übrig, als die Dis­kus­si­on zu ver­ta­gen. Er tat dies mit den Wor­ten: «Ich sehe den Unmut. Ich kann Ihnen nicht ver­spre­chen, wie’s wei­ter­geht. Die Sit­zung ist geschlos­sen.»Die zurück­ge­blie­be­nen Stimm­be­rech­tig­ten waren kon­ster­niert und rät­sel­ten, wie es wei­ter­ge­hen soll. Ob nun eine Mehr­heit der Kir­chen­pfle­ge­mit­glie­der sich dem Druck beu­gen und Pater Adam und Dani­el Ric dazu bewe­gen, zu gehen? Jeden­falls hat die Initia­tiv­grup­pe kei­ne ande­re Hand­ha­be, wie auch Mar­cel Not­ter, Gene­ral­se­kre­tär der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che, als Exper­te für Ver­wal­tungs­fra­gen auf Anfra­ge von Hori­zon­te erklärt.

«Kirch­ge­mein­de­ver­samm­lung kann nicht abwählen» 

Selbst an einer nach Unter­schrif­ten­samm­lung ein­be­ru­fe­nen aus­ser­or­dent­li­chen Kirch­ge­mein­de­ver­samm­lung kön­ne weder der Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent abge­wählt, noch über die Ent­las­sung von Pater Adam abge­stimmt wer­den. «Das liegt nicht in der Kom­pe­tenz der Kirch­ge­mein­de­ver­samm­lung», so Mar­cel Not­ter. «Aller­dings könn­te eine sol­che Akti­on dazu füh­ren, dass die Ver­ant­wort­li­chen die dahin­ter­ste­hen­den Grund­an­lie­gen die­ser Grup­pe ern­ster neh­men und allen­falls Kon­se­quen­zen zie­hen».Dabei hat­te alles im Grun­de sehr geord­net begon­nen. Pünkt­lich um 20 Uhr hat­te Dani­el Ric die Kirch­ge­mein­de­ver­samm­lung eröff­net. Es wur­de gemein­sam gebe­tet und her­nach zeich­ne­te Pater Adam ein posi­ti­ves Bild der Situa­ti­on in sei­nem Pfar­rei­be­richt. Er blicke zurück auf regel­mäs­si­ge Eucha­ri­stie­fei­ern an den Wochen­en­den, die auf gros­sen Zuspruch gestos­sen sei­en. Ins­be­son­de­re sei er über­wäl­tigt, wie vie­le Kin­der und Jugend­li­che zu den Fei­ern an Mut­ter­tag, Fron­leich­nam und Ern­te­dank gekom­men sei­en. Das sei nicht selbst­ver­ständ­lich in der heu­ti­gen Zeit. Und im Pasto­ral­raum Brugg-Win­disch wol­le man nun eben­so Kin­der und Jugend­li­che moti­vie­ren, wie­der akti­ver am Glau­bens­le­ben teil­zu­neh­men.

Streit um Men­ge der Eucharistiefeiern

Zur ange­spann­ten Situa­ti­on in den Pfar­rei­en, die wäh­rend der gan­zen Zeit der Kirch­ge­mein­de­ver­samm­lung spür­bar war, mein­te der umstrit­te­ne Seel­sor­ger nur: «Ich habe kla­re Vor­stel­lun­gen in Fra­gen der Seel­sor­ge». Schon Pau­lus habe geschrie­ben, dass Chri­sten zwar alles erlaubt sei, ihnen aber längst nicht alles nüt­ze. «Ich bit­te daher um Ver­ständ­nis für mei­ne Arbeit und um einen vor­ur­teils­frei­en Blick.»Immer wie­der wur­de im Ver­lau­fe der Ver­samm­lung erbit­tert über For­mu­lie­run­gen in Stel­len­be­schrie­ben und über Aus­la­gen für Ver­tre­tun­gen dis­ku­tiert. Der Ton­fall fiel zuwei­len sehr gehäs­sig aus. «Mir kommt das hier vor wie eine Bevor­mun­dung», mein­te ein Mann aus dem Ple­num. Von einem «Rie­sen­puff» sprach ein ande­rer, weil ein Aus­hilfs­prie­ster wäh­rend gut fünf Wochen 39 Eucha­ri­stie­fei­ern abge­hal­ten hat­te, zur sel­ben Zeit aber mit Peter Dani­els (krank) und Pater Adam (Feri­en) bei­de ange­stamm­ten Seel­sor­ger abwe­send gewe­sen sei­en.

«Pater Adam sagt, was rich­tig und falsch ist»

Kirch­ge­mein­de­prä­si­dent Dani­el Ric räum­te Feh­ler und Ver­säum­nis­se ein, mach­te immer wie­der Zuge­ständ­nis­se. Doch dann, gegen 23 Uhr, reich­te es ihm: Er stand auf und ver­liess den Saal – ohne sich noch die Kri­tik der Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter der Initia­tiv­grup­pe anzu­hö­ren, die sich letz­tes Jahr gegrün­det hat­te. Und deren Anschul­di­gun­gen hat­ten es in sich: Mob­bing, Macht­miss­brauch, Ver­tu­schung, Miss­wirt­schaft und Will­kür.Der Kon­flikt schwe­le schon lan­ge (Hori­zon­te berich­te­te). Nach dem Abgang von Andre­as Zim­mer­mann hät­te es mit der Ver­tu­sche­rei begon­nen, beklag­te Hil­de Sei­bert. «Pater Adam ist heim­lich ange­stellt wor­den. Und spä­ter haben wir dann noch erfah­ren, dass er gar kei­ne Mis­sio hat­te».Pater Adam sage, was rich­tig und falsch sei, kri­ti­sier­te Beat Bühl­mann. Die Eucha­ri­stie­fei­er sei für den Prie­ster das ein­zig Rich­ti­ge, alles ande­re unter­stüt­ze er nicht. Zudem wird gemobbt, Mit­ar­bei­ter kün­den oder wer­den krank.»

«Kin­der zur Beich­te gezwungen»

Gera­de Dia­kon Peter Dani­els sei von Pater Adam nie akzep­tiert wor­den, erklär­te Hedi Stre­bel. Er dür­fe nicht ein­mal mehr mit Pater Adam am Altar ste­hen. Das habe ihn der­art mit­ge­nom­men, dass er schliess­lich zusam­men­ge­bro­chen und ins Spi­tal gebracht wor­den sei. Ähn­lich sei es einer Kir­chen­mu­si­ke­rin ergan­gen.Hil­de Sei­bert erklär­te weiter:«Viele gläu­bi­ge Kirch­ge­mein­de­mit­glie­der füh­len sich nicht mehr ernst genom­men. Immer mehr gehen jetzt nach Baden und Brugg in den Got­tes­dienst. Auch die Kir­chen­aus­trit­te hät­ten zuge­nom­men. «Wir erfah­ren Ver­ach­tung von Pater Adam, wur­den auch schon als «stin­ken­des Ei« bezeich­net, das «eli­mi­niert» wer­den soll­te.Zudem sei die Qua­li­tät des Reli­gi­ons­un­ter­richts schlecht, wur­de moniert. Vier Eltern hät­ten ihre Kin­der schon aus dem Unter­richt genom­men – unter ande­rem, weil die Kin­der von Pater Adam zur Beich­te gezwun­gen wor­den sei­en.

Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent: «Vor­wür­fe stim­men nicht!» 

Pater Adam und Dani­el Ric waren nicht mehr zuge­gen, um etwas auf die Vor­wür­fe zu ent­geg­nen. Die Anschul­di­gun­gen ent­sprä­chen jedoch nicht den Tat­sa­chen, lässt Dani­el Ric zu einem spä­te­ren Zeit­punkt gegen­über Hori­zon­te ver­lau­ten. Er kön­ne das alles bele­gen. Fer­ner habe er den Saal in dem Moment ver­las­sen, als alle Trak­tan­den behan­delt gewe­sen sei­en. «Der Grund, wes­halb ich kein Trak­tan­dum “Ver­schie­de­nes” zuge­las­sen habe, liegt dar­in, dass letz­te Woche Mails mit straf­recht­lich rele­van­tem Inhalt zir­ku­liert sind». Zu sei­nem Ver­hal­ten schreibt er fer­ner: «Es ist mei­ne Pflicht als Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent, Men­schen, die sich weder an die demo­kra­ti­schen Regeln noch an das Straf­recht hal­ten, kein Forum zu bie­ten. Dies habe ich gemacht». 
Andreas C. Müller
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