Eine Not­schlaf­stel­le für den Aargau

Ab Sep­tem­ber öff­net eine Unter­kunft für Obdach­lo­se inmit­ten der Bade­ner Alt­stadt unter­halb des Kirch­plat­zes. Einen Tag vor Inbe­trieb­nah­me, am 31. August, lädt der Ver­ein Not­schlaf­stel­le zu einem Tag der offe­nen Tür. Hori­zon­te hat die Lei­te­rin Susi Hor­vath zum Inter­view getroffen.  Nun ist es soweit: Anfang Sep­tem­ber öff­net die erste Aar­gau­er Not­schlaf­stel­le. Wie vie­le Per­so­nen könnt ihr auf­neh­men? Susi Hor­vath: Wir kön­nen drei Zim­mer mit je zwei Bet­ten anbie­ten. Ein Zim­mer ist Frau­en vor­be­hal­ten. Wir tei­len uns das Gebäu­de hälf­tig mit der Not­pen­si­on des Christ­li­chen Hilfs­werks Hope. Wenn die­ses sei­ne drei Zim­mer im Haus nicht besetzt hat, kön­nen wir bei Bedarf noch mehr Leu­te auf­neh­men.Wann haben Men­schen Ein­lass, die bei euch über­nach­ten wol­len? Ein­lass ist jeweils von 20–23 Uhr. Wer zu uns kommt, kann zudem nicht nur hier über­nach­ten, son­dern wird auch ver­pflegt: Wir kön­nen unse­ren Gästen am Abend eine war­me Mahl­zeit anbie­ten und schicken sie am Mor­gen mit einem Gut­schein für ein Früh­stück ins Restau­rant des Hilfs­werks Hope oben beim Bahn­hof. Geweckt wird am Mor­gen um 7.30 Uhr, bis um 8.15 Uhr müs­sen die Gäste dann das Haus ver­las­sen.Muss etwas bezah­len, wer bei euch über­nach­ten will? Ja, wir neh­men einen «Foi­flie­ber» und auch Gut­schei­ne von Kirch­ge­mein­denWas für Gäste erwar­tet ihr? Men­schen, die gänz­lich durch das sozia­le Netz gefal­len sind, kei­nen Wohn­sitz und kei­ne sozia­len Bin­dun­gen mehr haben. Die­se Men­schen sind oft sucht­krank, psy­chisch ange­schla­gen und haben oft noch wei­te­re gesund­heit­li­che Pro­ble­me.Kann es da nicht auch zu gefähr­li­chen Situa­tio­nen kom­men? Wenn wir am Ein­gang Gäste in Emp­fang neh­men, wer­den wir uns zuerst genau anschau­en, in wel­cher Ver­fas­sung die Leu­te sind. Wenn jemand Ärger macht, rufen wir sofort die Poli­zei. Zudem sind wir immer zu zweit: Jemand aus dem Stamm­team der Fest­an­ge­stell­ten zusam­men mit einer frei­wil­li­gen Hilfs­per­son, die uns unter­stützt.Die Not­schlaf­stel­le befin­det sich in einem Wohn­ge­biet mit Spiel­platz. Gab es nicht Beden­ken unter den Nach­barn? Die gibt es, aber wir sind im Gespräch. Infor­ma­ti­ons­aben­de ermög­li­chen den Aus­tausch und bil­den Ver­trau­en.Was beschäf­tigt denn die Anwoh­ner? Dass es Unru­he geben könn­te, und dass hier Dro­gen gehan­delt und kon­su­miert wer­den.Und wie könnt ihr die­sen Äng­sten begeg­nen? Habt ihr Secu­ri­ty-Per­so­nal oder Kame­ras? Tragt ihr Pfef­fer­sprays auf euch? Kame­ras und Secu­ri­ty schrecken eher ab. Wir möch­ten unse­re Gäste ein­la­den und nicht wie­der ver­trei­ben. Das mit dem Pfef­fer­spray prü­fen wir, die Erfah­run­gen ande­rer Not­schlaf­stel­len zei­gen aber, dass es das nicht braucht. Wir ste­hen in engem Kon­takt zur Poli­zei – die­se war auch am ersten Infor­ma­ti­ons­abend für die Nach­barn dabei. Zudem wer­den wir die Fen­ster­lä­den im Erd­ge­schoss ver­schlies­sen, damit kei­ne Dro­gen gereicht wer­den kön­nen.Und im Haus? Wie sind da die Regeln? Unse­re Haus­ord­nung unter­sagt das Kon­su­mie­ren von Dro­gen im Haus. Als ein­zi­ge Aus­nah­me ist das Rau­chen im Auf­ent­halts­raum im drit­ten Stock erlaubt.Apro­pos Stock­wer­ke: Die Not­schlaf­stel­le ist in einem mehr­ge­schos­si­gen, engen Alt­stadt­haus mit stei­len Trep­pen ein­ge­mie­tet. Besteht da nicht gros­se Unfall­ge­fahr? Wir prü­fen beim Emp­fang jeweils, in wel­cher Ver­fas­sung jemand ist und ob eine Per­son gefahr­los Trep­pen stei­gen kann. Für stark alko­ho­li­sier­te oder sonst­wie beein­träch­tig­te Men­schen haben wir Über­nach­tungs­mög­lich­kei­ten im Erd­ge­schoss.Mit wel­cher Nach­fra­ge rech­net ihr? Wir müs­sen jetzt ein­fach ein­mal star­ten und dann Erfah­run­gen sam­meln. Wir ken­nen aus der Stadt­um­ge­bung eini­ge Per­so­nen, die das Ange­bot sicher in Anspruch neh­men wer­den. Wei­ter den­ke ich, dass es auf den Win­ter hin eine grös­se­re Nach­fra­ge geben wird.Wer finan­ziert euch? Wir haben Geld für einen drei­jäh­ri­gen Pilot­ver­such. Die­se Finan­zen kom­men von Pri­va­ten, Kir­chen, Gemein­den und Stif­tun­gen. Mit dem Kan­ton sind wir in Ver­hand­lun­gen.     
Andreas C. Müller
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