«Eine Kir­che ohne die Frau­en – das wäre ein Irrsinn!»

Eine post­mo­der­ne Katho­li­kin, eine Klo­ster­frau, ein Bischof und eine lang­jäh­ri­ge Pasto­ral­as­si­sten­tin prä­sen­tier­ten am Frei­tag, 19. Febru­ar 2016, in Bern das Pro­jekt «Kir­che mit den Frau­en». Die­ses will dem Papst das Anlie­gen über­brin­gen, dass Frau­en in der katho­li­schen Kir­che in Ent­schei­dungs­pro­zes­se ein­be­zo­gen wer­den sol­len. Hier­für pil­gert eine Kern­grup­pe zu Fuss von St. Gal­len nach Rom. «Ist nicht jetzt, mit die­sem Papst, der Zeit­punkt gekom­men, um nach Rom zu pil­gern für eine geschwi­ster­li­che Kir­che?» So schil­dert Hil­de­gard Aepli, Pasto­ral­as­si­sten­tin, einen Gei­stes­blitz vor zwei­ein­halb Jah­ren, der zum Pro­jekt «Kir­che mit den Frau­en» führ­te: Män­ner sol­len in Zukunft nicht mehr ohne Frau­en über Funk­ti­on und Rol­le der Frau­en in der katho­li­schen Kir­che ent­schei­den – die­ses Anlie­gen möch­te eine sie­ben­köp­fi­ge Pil­ger­grup­pe am 2. Juli in Rom Papst Fran­zis­kus über­brin­gen. Dafür neh­men sie 1000 km unter die Füs­se und hof­fen, dass 1000 wei­te­re Per­so­nen bei der Ankunft in Rom dabei sein wer­den.Felix Gmür und Mar­kus Büchel in Rom Dass das Anlie­gen nicht nur von Frau­en getra­gen wird, bestä­tigt die Anwe­sen­heit von Felix Gmür, Bischof von Basel, an der Medi­en­ori­en­tie­rung. Felix Gmür will eben­so wie der St. Gal­ler Bischof Mar­kus Büchel in Rom sein, wenn die Pil­ger­grup­pe dort ein­trifft. «Eine Kir­che ohne die Frau­en, das wäre ein Irr­sinn!», begrün­det Felix Gmür in Bern sei­ne Unter­stüt­zung des Pro­jekts. Er wis­se aus Erfah­rung, wie gut es sei, wenn Frau­en in kirch­li­che Ent­schei­dungs­pro­zess­se ein­be­zo­gen wür­den. Nicht weil sie bes­ser wären, son­dern «weil sie dazu­ge­hö­ren, weil jeder und jede ihre und sei­ne Stim­me ein­zu­brin­gen hat», so der Bischof von Basel. Ihm gefällt das Bild des Pil­gerns auf ein Ziel hin: «Die Kir­che ist nicht am Ziel, wir pil­gern auf ein Ziel hin. Das ist ein Pro­zess, den ich unter­stüt­zen möch­te.»Das genaue Ziel ist denn auch offen: Die Initi­an­ten bit­ten dar­um, dass ein gemein­sa­mer Dia­log­pro­zess in Gang kom­men möge. Ent­spre­chend tritt die Grup­pe nicht für das Frau­en­prie­ster­tum ein – ein Begriff, der an der Medi­en­ori­en­tie­rung gar nicht fällt. «Wir wol­len pil­gernd eine Grund­la­ge für einen Dia­log schaf­fen. Daher sagen wir nicht, wel­ches The­ma zuerst dran­kom­men soll», erklärt Haupt­in­iti­an­tin Hil­de­gard Aepli.Prio­rin Ire­ne Gas­smann pil­gert mit «Wer die Frau­en nicht hören will, schnei­det sich von wert­vol­len Erfah­run­gen und Cha­ris­men ab», sagt Ire­ne Gas­smann, Prio­rin des Bene­dik­ti­ne­rin­nen­klo­sters Fahr, die im Pro­jekt-Kern­team mit­wirkt. Denn schon die Bene­dikts­re­gel spre­che davon, dass der Abt in Ent­schei­dun­gen alle Brü­der und Schwe­stern anhö­ren soll, erläu­tert die Ordens­frau, die sel­ber eine Teil­strecke mit­pil­gern will – und zwar im Pil­ger­ge­wand und nicht im Ordens­kleid, wie sie ver­rät.Direk­ter for­mu­liert es Lea Stocker, Ärz­tin und Mit­pil­ge­rin. Die katho­li­sche Kir­che habe in gewis­sen Fra­gen «den Anschluss an die Rea­li­tät ver­lo­ren», sagt die 36-Jäh­ri­ge, die sich als «Frau der Post­mo­der­ne, die an Gott glaubt» bezeich­net. «Ich akzep­tie­re, dass die katho­li­sche Kir­che lang­sam ist, aber ich akzep­tie­re nicht, dass sie still steht. Weil die katho­li­sche Kir­che mir wich­tig ist!»Hof­fen auf Papstaudienz Dass es den Initi­an­tin­nen und Initi­an­ten nicht bloss um ein kir­chen­po­li­ti­sches, son­dern durch­aus um ein spi­ri­tu­el­les Anlie­gen geht, ver­deut­li­chen der Ort der Medi­en­ori­en­tie­rung – die Kryp­ta der Drei­fal­tig­keits­kir­che – und zwei sym­bol­haf­te Gegen­stän­de: Ein dicker Reiss­ver­schluss soll zei­gen, dass die Ver­bin­dung von Mann und Frau über Chri­stus geschieht – dar­ge­stellt im Schie­ber des Reiss­ver­schlus­ses. Auf dem Pil­ger­weg wird aus­ser­dem ein Läu­fer mit­ge­tra­gen, ein 150 Jah­re altes Stück Lei­nen, von Ordens­frau­en gewo­ben und von einer Ordens­frau aus dem Klo­ster Eschen­bach bestickt mit den Namen des Kern­teams und mit wich­ti­gen Daten des Pro­jekts. Es ent­hält 32 Fächer, in denen Anlie­gen ande­rer Men­schen mit­ge­tra­gen wer­den sol­len.Das Kern­team hofft, mit Papst Fran­zis­kus Eucha­ri­stie zu fei­ern oder gar eine Audi­enz bei ihm zu bekom­men. Zwei hand­ge­schrie­be­ne Brie­fe hat der Papst in die­ser Sache bereits erhal­ten. Von der Ant­wort aus dem Vati­kan, Papst Fran­zis­kus neh­me im Juli kei­ne öffent­li­chen Auf­trit­te wahr, las­sen sich die Pil­gern­den nicht ent­mu­ti­gen: «Der Papst hat sich schon öfters nicht an Regeln und Vor­ga­ben gehal­ten», sagt Hil­de­gard Aepli hoff­nungs­voll und schmunzelt.
Anne Burgmer
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