Eine Kameradschaft fürs Leben
Eine Kameradschaft fürs Leben
Drei Jahre und fünf Monate war Mauritz von Sury aus Solothurn in der Schweizer Garde. Über seine Zeit dort hat er einen Bericht geschrieben:Alle Wege führen nach Rom. So kommen in der « Ewigen Stadt » Menschen aus aller Welt zusammen. Insbesondere die St. Peters Basilika zieht täglich 100.000 Besucher und Besucherinnen an. Beim Verlassen der Basilika fällt etwas ganz Besonderes auf: die Päpstliche Schweizer Garde. Männer in gelben, blauen und roten Uniformen kontrollieren die Tore des Vatikans und gewährleisten die Sicherheit des Heiligen Vaters, Papst Franziskus. Einige Fakten sind über uns bekannt: Wir sind Schweizer, katholisch, haben in der Schweizer Armee gedient und sind alle über 1,74 Meter gross.Wir Schweizer Gardisten durchlaufen in unseren ersten beiden Monaten eine anspruchsvolle Rekrutenschule, die verschiedene Bereiche abdeckt. Im ersten Monat erfahren wir alles Notwendige über den Vatikan und seine Geschichte und erlernen die italienische Sprache mittels eines intensiven Italienischkurses, um so bereits innerhalb der ersten Wochen das Niveau A1 zu erreichen. Besonders hervorzuheben ist die Ausbildung in der Zugschule sowie die Wachablösung, bei der wir jungen Männer den Umgang mit der Hellebarde erlernen.Im zweiten Monat der Rekrutenschule verbringen wir Zeit auf dem Waffenplatz Isone im Tessin. Dort werden wir von der Kantonspolizei Ticino ausgebildet und erlernen den Umgang mit Handfeuerwaffen sowie Polizeitaktik, Selbstverteidigungs- und Festnahmetechniken. Gardisten im dritten Dienstjahr haben zudem die Möglichkeit, eine Ausbildung zum Sicherheitsfachmann mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis zu absolvieren, was ihnen den Einstieg in Unternehmen im Sicherheitsdienstleistungssektor ermöglicht. Nach fünf Dienstjahren bietet uns die Schweizer Garde zusammen mit dem Schweizerischen Polizeiinstitut in Neuenburg die Brevetierung zum Polizeiassistenten an. Durch diese effizienten Ausbildungen wird die Päpstliche Schweizer Garde als hochprofessionell anerkannt.Die Professionalität der Schweizer Garde zeigt sich in der Fähigkeit, komplexe Aufgaben wie die Sicherheit des Vatikanstaates und des Papstes effektiv zu gewährleisten. Unsere strenge Ausbildung, unsere Disziplin und unsere Hingabe sorgen dafür, dass wir zu den renommiertesten Sicherheitskräften der Welt zählen. Darüber hinaus sind wir Gardisten bekannt für unsere Loyalität und Zuverlässigkeit in allen Situationen, was unsere herausragende Qualität unterstreicht.
«Einmal Gardist, immer Gardist»
In der Kaserne leben wir Schweizer Gardisten eng beieinander. Wir arbeiten gemeinsam und verbringen auch unsere Freizeit zusammen, sei es beim Gewichtestemmen im Kraftraum oder bei einem Bier in einem Irish Pub. Im Laufe der Jahre entsteht eine tiefe Kameradschaft, die uns ein Leben lang begleiten wird. Trotz des begrenzten Platzes in der überalterten Kaserne ist das gemeinschaftliche Leben einzigartig. Regelmässig gibt es kleine festliche Anlässe, wie zum Beispiel die Feier zum ersten August, die es uns ermöglichen, die Arbeit für einen Moment zu vergessen und mit Freunden und der Familie anzustossen. Mit schweizerischer Musik und in rot-weißer Dekoration fühlt es sich an, als wäre man zuhause in der Schweiz. Wir Gardisten stehen uns nicht nur im Dienst, sondern auch auf dem Fussballfeld zur Seite. Regelmässig spielen wir in der Vatikanischen Fußball-Liga gegen andere vatikanische Institutionen. Und falls es im Sommer zu heiss wird, besteht immer noch die Möglichkeit, an den Strand zu fahren und die Sonne zu geniessen. Denn das Herzstück der Schweizer Garde ist die Kameradschaft. Wir Gardisten unterstützen uns jeden Tag gegenseitig, in guten und schwierigen Situationen und schaffen so etwas, das jeder Ex-Gardist mit diesem Satz beschreibt: «Diese Kameradschaft findet man nur einmal im Leben».Die Vereidigung markiert für uns Gardisten einen der wichtigsten Tage in unserem Leben, der 6. Mai, die Erinnerung an den Sacco di Roma von 1527. An diesem feierlichen Anlass legen wir unseren Schwur ab, dem Heiligen Vater und der Schweizer Garde treu zu dienen. Es ist ein Moment, der unsere Hingabe und unseren Stolz auf unsere Berufung als Beschützer des Papstes und Verteidiger der Sicherheit des Vatikans symbolisiert und in dem wir offiziell in die Reihen der Schweizer Garde aufgenommen werden. Die Vereidigung bekräftigt unsere Loyalität zur Schweizer Garde und unsere Kameraden gemäss unserer Devise: « Acriter et fideliter », Tapfer und Treu.
Reiches kulturelles Angebot
Die Schweizer Garde bietet nicht nur auf professioneller, sondern auch auf kultureller Ebene viele Möglichkeiten. Wir Gardisten können an drei speziellen Reisen teilzunehmen: Die erste Reise ist die Militärpilgerfahrt nach Lourdes im Mai, an der die Schweizer Garde zusammen mit anderen Militärdelegationen jährlich teilnimmt. Die zweite Reise führt ins Heilige Land, wo wir Gardisten die wichtigsten und heiligsten Orte besuchen und eine spirituelle sowie kulturelle Reise erleben. Die dritte Reise ist der viertägige Marsch in Nijmegen/NL. Zusammen mit dem Schweizer Militär marschieren wir Männer für vier Tage durch die Niederlande und repräsentieren dabei die Schweizer Garde vor allen Nationen.In Rom bietet sich für Schweizer Gardisten eine Fülle an kulturellen Möglichkeiten. Wir haben die Gelegenheit, die beeindruckenden historischen Sehenswürdigkeiten wie das Kolosseum zu erkunden, wo wir uns in die faszinierende Welt des antiken Roms versetzt fühlen können. Die Besichtigung des Forum Romanum ermöglicht es uns, in die Geschichte einzutauchen und die Überreste des alten römischen Reiches zu bewundern. Darüber hinaus haben wir die Möglichkeit, die prachtvollen apostolischen Paläste zu besuchen, wo wir auf Meisterwerke der Kunstgeschichte stossen, darunter die äusserst beeindruckende Sixtinische Kapelle mit den berühmten Fresken von Michelangelo. Diese kulturellen Schätze bieten uns Gardisten einen Einblick in die reiche Kunst und Kultur der Vergangenheit. Abseits der touristischen Hotspots können wir auch das pulsierende Leben der Stadt erleben und die italienische Lebensweise kennenlernen. Wir können lokale Märkte besuchen, in traditionellen Trattorien authentische italienische Küche geniessen oder an lokalen Festivals und Veranstaltungen teilnehmen. Diese vielfältigen kulturellen Erfahrungen bereichern das Leben von uns Schweizer Gardisten während unseres Aufenthalts in Rom und tragen dazu bei, unsere Perspektiven zu erweitern und unsere Verbundenheit mit der reichen Geschichte und Kultur der Stadt zu vertiefen.Als Gardist habe ich eine Rundumausbildung und Erfahrung in vielen Bereichen erhalten, die mein Leben für immer geprägt haben und prägen werden. So werden mich diese Erlebnisse immer wieder in meine zweite Heimat, die Päpstliche Schweizer Garde, zurückkehren lassen.
Mauritz von Sury — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - Wer als junger Schweizergardist in die Dienste des Heiligen Vaters tritt, lebt und arbeitet für eine Weile in einem einzigartigen kulturellen und religiösen Umfeld. Rom und der Vatikan sind ein grossartiges Erlebnis, eine einmalige Chance für die jungen Leute in dieser Hinsicht. Die Garde sieht sich deshalb selbst in der Verpflichtung gegenüber ihren Angehörigen diese Grossartigkeit näher zu bringen. Kulturelle und spirituelle Bildungsreisen, zum Beispiel ins Heilige Land oder nach Lourdes oder der Besuch eines Sanktuariums in Mittelitalien, gehören ebenso dazu, wie das Erfahren der einstigen Grösse Roms und das Erleben der kulturellen und kulinarischen Vielfältigkeit Italiens. Um dem Anspruch der kulturellen Bildung nachzukommen, verfügt die Garde über einen Kulturfonds, aus dem die Reisen, Museumsbesuche usw. finanziert werden. Der Fonds speist sich über die Stiftung der Päpstlichen Schweizergarde in der Schweiz, aber auch durch direkte Spenden.
Stefan Wyer