Eine Agenda voller Tauftermine
Sein Einsatzgebiet ist die portugiesischsprachige Nordwestschweiz. José Oliveira hilft Padre Marquiano Petez und wird in Baden, Zofingen, Basel Stadt und Sissach tätig sein. Das Bistum geht damit neue Wege, denn José Oliveira ist kein Missionar im klassischen Sinne.«Ich gehe noch schnell zum Coop, etwas einkaufen», erklärt José Oliveira. Bis zum Gespräch dauert es zwanzig Minuten, der Fotograf ist auch noch nicht da. Schnellen Schritts eilt José Oliveira vom Innenhof der Pfarrgemeinde Sankt Anton, Basel. Zwar hat er dort sein Büro, doch die Mission, die er besucht, hält in Sankt Josef, Basel, in Sissach, Baden und Zofingen Gottesdienst. «Ich bin am letzten Wochenende an allen Orten installiert worden. Das war ein Marathon», erzählt er später im Gespräch.
Samba und Agenda
Der Marathon scheint nicht geschadet zu haben. José Oliveira flitzt durch sein Büro. Beim Fotoshooting kann er sich kaum entscheiden, wie er stehen möchte. «Ich habe das noch nie gemacht», sagt er entschuldigend. So lebhaft er sich um seine Gastgeberrolle kümmert, so lebhaft erzählt er. Lebhaft und gleichzeitig ruhig — das ist kein Widerspruch, auch wenn es vielleicht danach klingt. José Oliveira, Jahrgang 1972, verheiratet, zwei Kinder, stammt aus Rio de Janeiro und strahlt die Lebhaftigkeit der Metropole aus. Eines seiner Hobbies führt ihn als Musiker regelmässig in die Sambaschule Basel. Gleichzeitig lebt José Oliveira seit rund 15 Jahren in der Schweiz, hat in verschiedenen Pfarreien in Baselland mitgearbeitet. «Ich merke, dass ich viel übernommen habe. Die Terminplanung mit Agenda zum Beispiel. Ich habe gelernt, dass ich hier nicht einfach bei jemandem vorbeigehen kann», sagt José Oliveira.
Ungewohntes Schwarz
Anfänglich ebenfalls ungewohnt: Die Kleidungsgewohnheiten in der Schweiz, in die er 2002 übersiedelte. «Erst war ich noch kurz in Deutschland, doch was für mich wirklich ungewohnt war: Die Kleidung. In Rio war alles sehr bunt und hier ist alles dunkel. Schwarz ist eine normale Farbe und nicht nur für Beerdigungen», erinnert sich José Oliveira. Begeisterung strahlt José Oliveira aus, wenn er vom System der Kirche in der Schweiz erzählt. «So, wie Kirchgemeinden in der Schweiz finanziell, pastoral und personal mitentscheiden dürfen, war es für mich gelebte Befreiungstheologie. Heute ist die Befreiungstheologie viel weiter gefasst, als noch in den 70er Jahren».
Franziskanische Spiritualität
Sein Werdegang in die Kirche beginnt in einer gläubigen Familie und mit grossem Engagement in seiner Pfarrei. «Mein Herz schlug für die franziskanische Spiritualität. Dafür, dass sie sich um den Nächsten kümmern», sagt José Oliveira mit leuchtenden Augen. In Brasilien studiert er Philosophie und Theologie. Nachdem er nach Deutschland ausgewandert ist, beginnt er ein Aufbaustudium in Caritaswissenschaften, geht in die Schweiz und pendelt. Von 2012 bis 2014 macht er die Berufseinführung und lässt sich am 4. Oktober 2015 zum ständigen Diakon weihen. «Es ist Fügung, denn das ist der Gedenktag des Heiligen Franz von Assisi», ist José Oliveira überzeugt.
Neuer Boden
Mit seiner Tätigkeit in der Portugiesischen Mission betritt José Oliveira in vielerlei Hinsicht neuen Boden: Das Bistum Basel hat setzt erstmals einen ständigen Diakon in die Tätigkeit ein und keinen Priester. Neu ist in Basel eine «Filiale» von Baden und «ich kann das nicht beschwören, doch soweit ich weiss, bin ich einer der ersten Missionare, die im eigenen Bistum eingesetzt werden». Klassischerweise verlassen Missionare ihr Heimatbistum und gehen weg. Er bleibt im Bistum und hilft, die rund 13 000 Portugiesen in der Region Nordwestschweiz seelsorgerlich und liturgisch zu begleiten. «Einmal im Quartal ist ein Gottesdienst in Zofingen. In Basel feiern wir jeden Samstag und in Baden jeden Sonntag. Und meine Agenda ist jetzt schon voll mit Taufterminen», sagt er mit breitem Lächeln.
Loslassen lernen
Gefragt, ob die Schweizer Pfarrgemeinden etwas von der Portugiesischen Mission lernen könnten, überlegt er. «Vielleicht, dass es nicht schlimm ist, dass sich die Strukturen verändern. Das gewohnte wird weniger, doch wir sind immer noch viele Katholiken. Portugiesen, Eritreer, Italiener – wir sollten verstehen, dass wir alle Katholiken sind. Auch könnten wir lernen ausserhalb der bekannten Strukturen mit mehr Kreativität zu arbeiten. Normale Pfarreien könnten lernen, mehr unterwegs zu sein mit der Hoffnung, dass etwas Neues kommt. Wenn ich unterwegs bin, lerne ich loslassen und dann kann der Glaube fliessen».