Ein Ost­fran­ken­kö­nig als Bas­ler Stadtheiliger

Ein Ost­fran­ken­kö­nig als Bas­ler Stadtheiliger

Ein Ost­fran­ken­kö­nig als Bas­ler Stadtheiliger

Am 13. Juli 1024 starb Kai­ser Hein­rich II., der mit Basel in beson­de­rer Wei­se ver­bun­den war

Ums Jahr 1000 gehör­te Basel zum Bur­gun­der­reich. Was woll­te der ost­frän­ki­sche König und spä­te­re Kai­ser Hein­rich II. am Rhein­knie? Das Bei­spiel des Bas­ler Stadt­pa­trons zeigt, wie Königs­herr­schaft im Mit­tel­al­ter funk­tio­nier­te und wie Legen­den entstehen.Im Jahr 1006 soll Hein­rich, ost­frän­ki­scher König seit 1002, die Stadt Basel über­nom­men haben, als Pfand für den Erb­an­spruch auf das Bur­gun­der­reich. So steht es jeden­falls heu­te noch in den Geschichts­bü­chern. Folgt man aber dem Mit­tel­al­ter­spe­zia­li­sten Jan Rüdi­ger, gehört die­se Dar­stel­lung ins Reich der Legen­den, wie vie­les, was dem spä­te­ren Kai­ser Hein­rich II. zuge­schrie­ben wur­de.Unbe­strit­ten ist, dass Hein­rich mit Basel ver­bun­den war, aller­dings weni­ger mit der Stadt als mit deren Bischof Adal­be­ro. Was woll­te er hier eigent­lich? Um die­se Fra­ge krei­ste ein Vor­trag, den Rüdi­ger, Pro­fes­sor für All­ge­mei­ne Geschich­te des Mit­tel­al­ters an der Uni­ver­si­tät Basel, im Rah­men der Rei­he «Auf einen Jubi­lä­ums­kaf­fee mit dem Bas­ler Mün­ster» im Muse­um Klei­nes Klin­gen­tal hielt.Basel lag damals am Rand, an der nörd­li­chen Peri­phe­rie des König­reichs Bur­gund. Es sei somit nicht Hein­richs Stadt gewe­sen, ja nicht ein­mal eine eigent­li­che Stadt, skiz­zier­te Rüdi­ger die Aus­gangs­la­ge. Für die Königs­herr­schaft im Mit­tel­al­ter war die per­sön­li­che Prä­senz des Herr­schers von zen­tra­ler Bedeu­tung. «König­tum war dort, wo der König war», sag­te Rüdi­ger. Wenn sich der König an einen bestimm­ten Ort bege­ben habe, dann sei es dar­um gegan­gen, Kon­kur­renz aus­zu­schal­ten.

Ein Geschenk mit Folgen

Im Fal­le Basels spiel­te ein Geschenk eine wich­ti­ge Rol­le: Im Jahr 999 leg­te der Bur­gun­der­kö­nig Rudolf III. mit der Schen­kung der Abtei Mou­tier-Grand­val den Grund­stein für die welt­li­che Herr­schaft des Bas­ler Bischofs. Die Gross­zü­gig­keit beinhal­te­te auch eine Ver­pflich­tung: Rudolf woll­te sicher­stel­len, dass der Jura­über­gang beherrsch­bar blieb. Das Geschenk rief den ost­frän­ki­schen König Hein­rich auf den Plan. Die­ser habe die Schen­kung bestä­ti­gen wol­len, sag­te Rüdi­ger. Kon­kret habe er damit die Bot­schaft «Hier im Bis­tum Basel läuft nichts mehr ohne die Ost­fran­ken» ver­kün­det. Adal­be­ro wie­der­um muss­te für kirch­li­che Belan­ge mit bei­den, Rudolf und Hein­rich, klar kom­men, weil sein Bis­tum Gebie­te im bur­gun­di­schen wie auch im ost­frän­ki­schen Herr­schafts­be­reich umfass­te.Was genau geschah nun im Jahr 1006? Hein­rich habe die Stadt Basel sei­nem Reich hin­zu­ge­fügt, heisst es dazu in der Chro­nik des Klo­sters Ein­sie­deln. Die latei­ni­sche Ori­gi­nal­fas­sung lau­tet: Hein­ri­cus rex in regnum Bur­gun­di­o­num veni­ens Basi­leam civitatem reg­no suo adsci­vit. Die Her­aus­ge­ber der Jahr­bü­cher der Deut­schen Geschich­te zu Hein­rich II. gehen einen gros­sen Schritt wei­ter: Hein­rich sei 1006 ins Bur­gund gekom­men und habe die Stadt Basel sei­nem Reich ange­schlos­sen. Es sei nahe­lie­gend, die­sen Erwerb als Pfand für die Siche­rung eines Erb­an­spruchs auf das Bur­gund zu sehen. Rüdi­ger hin­ge­gen hält die­se Inter­pre­ta­ti­on für eine Erfin­dung der im Gei­ste der Grün­dung des Deut­schen Reichs im 19. Jahr­hun­dert ver­fass­ten Jahr­bü­cher. Der latei­ni­sche Begriff «civi­tas» habe sich auf das Bis­tum bezo­gen. Hein­rich sei es dar­um gegan­gen, den Bas­ler Bischof zu sei­nem Gefol­ge zu zäh­len. Adal­be­ro habe denn auch an wich­ti­gen Anläs­sen des Ost­fran­ken­kö­nigs teil­ge­nom­men.

War er bei der Wei­he dabei?

Min­de­stens ein Fra­ge­zei­chen ist auch hin­ter die viel zitier­te Anwe­sen­heit Hein­richs bei der Wei­he des Mün­sters am 11. Okto­ber 1019 zu set­zen. Dafür gibt es ein ein­zi­ges Zeug­nis in einer Publi­ka­ti­on von 1752, wel­che älte­re Chro­ni­ken neu abge­druckt hat. Zu die­sen zählt auch die Blau­en­stein­chro­nik aus dem 15. Jahr­hun­dert, wel­che ihrer­seits eine in der 1. Hälf­te des 12. Jahr­hun­derts ver­fass­te Bas­ler Bischofs­chro­nik ent­hält. Gemäss die­ser «stand der Kai­ser selbst dabei». Noch frag­li­cher ist es, ob es denn Hein­rich II. war, der den berühm­ten Gol­de­nen Altar gestif­tet hat. Der dar­auf abge­bil­de­te Hei­li­ge Micha­el weist dar­auf hin, dass der Altar ursprüng­lich für eine Micha­els­kir­che bestimmt war, eine sol­che gab und gibt es in Basel nicht, wohl aber im baye­ri­schen Bam­berg. Der Auf­stieg zum Bas­ler Stadt­hei­li­gen nahm end­gül­tig Fahrt auf, als 1347 die Reli­qui­en von Hein­rich und sei­ner Gat­tin Kuni­gun­de nach Basel kamen. Jan Rüdi­ger mein­te, dass man die Wohl­ta­ten spä­te­rer Herr­scher dem seit Mit­te des 12. Jahr­hun­derts als Hei­li­gen ver­ehr­ten Hein­rich zuge­schrie­ben habe. Er habe Basel (im Unter­schied zu sei­nen Nach­fol­gern) nie erobertRegu­la Vogt-Kohler
Redaktion Lichtblick
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