Ein Jubi­lä­um wider das Vergessen

  • Im Jahr 1896 zog der fran­zö­si­sche Prie­ster Pierre-Marie Bar­ral mit sei­ner frisch gegrün­de­ten «Eco­le apo­sto­li­que de Beth­lé­em» ins Hotel Wil­helm Tell an der Hoh­len Gas­se in Immensee. Hier nahm die Mis­si­ons­ge­sell­schaft Beth­le­hem ihren Anfang.
  • Die­ses Jahr fei­ert die Mis­si­ons­ge­sell­schaft Beth­le­hem SMB ihr 100-Jahr-Jubi­lä­um. Gefei­ert wird auch in Rudolf­stet­ten, das seit Jahr­zehn­ten enge Ver­bin­dun­gen zu Immensee pflegt.
  • Der Freund­schafts­kreis SMB sorgt dafür, dass das segens­rei­che Wir­ken der Prie­ster und Brü­der nicht ver­ges­sen geht.

Auf einer Anhö­he an bester Lage, mit Blick auf Zuger- und Vier­wald­stät­ter­see, unweit der sagen­um­wo­be­nen Hoh­len Gas­se, liegt der Fried­hof der Mis­si­ons­ge­sell­schaft Beth­le­hem Immensee SMB. Hier ruhen die ver­stor­be­nen Patres und Brü­der. Hier enden Geschichten.[esf_wordpressimage id=38053 width=half float=left][/esf_wordpressimage]

Es sind aben­teu­er­li­che Lebens­ge­schich­ten, die Zeug­nis able­gen vom Pio­nier­geist, der Mensch­lich­keit und vom tie­fen Glau­ben der SMB-Mis­sio­na­re. Am Fus­se des Hügels, «im Beth­le­hem», wie das Mut­ter­haus der Mis­si­ons­ge­sell­schaft Beth­le­hem im Volks­mund genannt wird, nah­men die Geschich­ten Ende des 19. Jahr­hun­derts ihren Anfang. Von hier aus rei­sten in den letz­ten Jahr­zehn­ten zahl­rei­che Mis­sio­na­re nach Asi­en, Afri­ka und Latein­ame­ri­ka, um den inter­kul­tu­rel­len und inter­re­li­giö­sen Aus­tausch zu för­dern und das Wort Got­tes zu ver­kün­den. Im Jahr 1921 wur­de die Mis­si­ons­ge­sell­schaft durch ein päpst­li­ches Dekret beglau­bigt. Nun fin­den die Fei­er­lich­kei­ten zum 100-Jahr-Jubi­lä­um statt.

Enge Ver­bin­dung nach Rudolfstetten

Am Sonn­tag, 29. Mai, fei­ert die Pfar­rei Rudolf­stet­ten das 100-Jahr-Jubi­lä­um der Mis­si­ons­ge­sell­schaft Beth­le­hem mit einem Got­tes­dienst. Zwi­schen dem Aar­gau­er Pasto­ral­raum Am Mut­schel­len und Immensee besteht eine lang­jäh­ri­ge Ver­bin­dung. Vier Mis­si­ons­prie­ster stam­men von hier: Franz Brem (1914–1988), Kili­an Hüs­ser (1941–1980), Kas­par Hür­li­mann (1919–2007) sowie Ernst Wil­di, gebo­ren 1941, ein Quell an Erin­ne­run­gen und Anek­do­ten. Auf die Fra­ge, war­um am Mut­schel­len eine sol­che Häu­fung an SMB-Mit­glie­dern zu fin­den sei, ant­wor­tet er mit Schalk: «Das müs­sen wir beim jüng­sten Gericht Gott sel­ber fragen.»

Jubi­lä­ums­got­tes­dienst am 29. Mai

Der Jubi­lä­ums-Got­tes­dienst «100 Jah­re SMB» fin­det am Sonn­tag, 29. Mai, um 9.30 Uhr in der Kir­che Christ­kö­nig in Rudolf­stet­ten statt. Musi­ka­lisch beglei­tet wird die Fei­er Mathi­as Schies­ser (Per­kus­si­on), Sar­menstorf, und Heinz Fischer (Saxo­phon), Men­zi­ken. Anschlies­send Sup­pez­mit­tag und gemüt­li­ches Zusammensein.

Zusam­men mit Bea­tri­ce Kol­ler Bich­sel aus Beri­kon und Maria Fel­ber aus Rudolf­stet­ten berei­tet Ernst Wil­di den Jubi­lä­ums­got­tes­dienst vor. Maria Fel­ber und Ernst Wil­di sind seit der Schul­zeit Freun­de. Als er als Mis­sio­nar im Aus­land unter­wegs war und 26 Jah­re lang in Sam­bia leb­te, blieb Maria Fel­ber stets sein «Anker» in die Hei­mat. Ihre Freun­din Bea­tri­ce Kol­ler kam 1976 nach Rudolf­stet­ten. Als die bei­den Frau­en vor eini­gen Jah­ren nach Sant­ia­go pil­gern woll­ten, schlos­sen sie sich einer Pil­ger­grup­pe aus Küss­nacht an. Aus die­sen Freund­schaf­ten ent­stand die Mit­ar­beit von Bea­tri­ce Kol­ler in der Kern­grup­pe des Freundschaftskreises.

Der Freund­schafts­kreis

Der Freund­schafts­kreis wur­de durch einen Beschluss des SMB-Gene­ral­ka­pi­tel im Jahr 2013 gegrün­det und nahm sei­ne Arbeit im Jahr 2016 auf. Er för­dert Kon­tak­te mit den SMB-Mit­glie­dern, pflegt das SMB-Gedan­ken­gut und trägt es in die Öffent­lich­keit. Gelei­tet wird der Freund­schafts­kreis von einer Kern­grup­pe, zu der Bea­tri­ce Kol­ler gehört. Das Jubi­lä­um ist für sie ein wich­ti­ger Anlass, an die Lei­stun­gen der Mis­si­ons­mit­glie­der zu erin­nern: «Es ist enorm, was die Mis­sio­na­re über die Jah­re gelei­stet und erlebt haben.»

Vor ein paar hun­dert Jah­ren war das Ziel der Mis­sio­nie­rung die «Hei­den­be­keh­rung». Das ist längst über­holt. Ernst Wil­di kam 1974 nach Sam­bia, weil ihn die Bischofs­kon­fe­renz als Dozen­ten für Theo­lo­gie ans Natio­na­le Prie­ster­se­mi­nar beru­fen hat­te. Die Beth­le­hem-Mis­sio­na­re sei­en geschätzt wor­den, weil sie auf die Bedürf­nis­se der Men­schen ein­gin­gen: «Statt einer Kir­che haben wir zuerst einen Gar­ten ange­legt.» Auch Schu­len und Kran­ken­sta­tio­nen wur­den von den Mis­sio­na­ren aufgebaut.

Beste Zeit in den 1950er-Jahren

Die Beth­le­hem Mis­si­ons­ge­sell­schaft ist kein Orden. Sie ist kir­chen­recht­lich eine «Gemein­schaft des apo­sto­li­schen Lebens» mit Prie­stern und Brü­derm, die end­gül­ti­ge Ver­spre­chen von Armut, Ehe­lo­sig­keit und Gehor­sam able­gen. In den 1950er- und 1960er Jah­ren waren zahl­rei­che Mis­sio­na­re und Mis­sio­na­rin­nen in Afri­ka, Asi­en und Süd­ame­ri­ka im Ein­satz. Die Mis­si­ons­ge­sell­schaft Beth­le­hem hat­te damals, ein­ge­rech­net die Semi­na­ri­sten, 440 Mit­glie­der. Spen­den­auf­ru­fe brach­ten jeweils statt­li­che Sum­men zusammen.

Neu­es entsteht

[esf_wordpressimage id=38062 width=half float=left][/esf_wordpressimage]In Zukunft wird sich die SMB neu aus­rich­ten müs­sen. Heu­te sind noch etwa 15  Beth­le­hem-Mis­sio­na­re im In- und Aus­land tätig. Im Mut­ter­haus in Immensee leben 30 Patres, der Alters­durch­schnitt beträgt 84 Jah­re. Weil der Nach­wuchs fehlt, haben sich die Aus­bil­dungs­struk­tu­ren nach und nach auf­ge­löst. Der bereits vor der Grün­dung der SMB eta­blier­te «Ver­ein Mis­si­ons­haus Beth­le­hem» VMB trägt die Ver­ant­wor­tung für Finan­zen und Immo­bi­li­en. Das Gym­na­si­um Immensee wird seit 1995 von einer Stif­tung getragen.

Mit­ein­an­der leben und für­ein­an­der das sein, das sind Wer­te, wel­chen die SMB stets nach­ge­lebt hat. Die­se ver­wirk­licht sie seit kur­zem auf ihrem Gelän­de in Immensee, wo letz­tes Jahr die ersten Mie­ter in die rund 50 Woh­nun­gen der Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­sied­lung «Im Beth­le­hem» ein­ge­zo­gen sind. Eine jun­ge Pacht­fa­mi­lie hat den mis­si­ons­ei­ge­nen Land­wirt­schafts­be­trieb über­nom­men. So bezieht das Bistro im Beth­le­hem einen Teil der Lebens­mit­tel direkt vom Hof.

Zur rech­ten Zeit am rech­ten Ort

Die Freu­de über neu Ent­ste­hen­des mischt sich mit der Weh­mut um Ver­ge­hen­des. Schon mehr­mals, erzählt Ernst Wil­di, habe er einen ster­ben­den Mit­bru­der getrö­stet mit den Wor­ten: «Du warst zur rech­ten Zeit am rech­ten Ort und hast einen guten Job gemacht.» 

Marie-Christine Andres Schürch
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