Ein inneres Feuer — Am Anfang war der Tanz
- Vom 29. August bis 22. September 2019 wird im Kloster Fahr die Produktion «feu sacré» in kleinem Rahmen zur Aufführung gebracht. Alle Aufführungen sind derweil ausverkauft. Horizonte durfte die Generalprobe miterleben.
- Die Produktion ist eine tänzerische Hommage an die Schriftstellerin und Benediktinerin Silja Walter und die legendäre Tänzerin Susana, die durch eine innige Freundschaft lebenslang verbunden waren.
Ganz zum Schluss tanzen die Frauen und ihre Schatten an einer Wand der Kirche, bevor die Zuschauerinnen und Zuschauer sich zerstreuen. «feu sacré», das energiegeladene und innige Poem in Tanz, Text und Ton ist vorbei.
Sieben Bühnen über das Kloster verteilt
Wer das Kloster kennt, vielleicht als Gast eine Zeit lang dort wohnte, wird einen neuen Zugang zu den Räumen finden. Sie sind nicht mehr Weg von A nach B, Umfriedung für ein Stück Garten oder Ort der vertrauten Liturgie, die Orte sind Bühne für Gesang und Musik, für Flamenco, für Leben – für das innere Feuer, welches zwei Frauen verband. Auf jeder dieser Bühnen tanzen Farben und Geräusche, wird Kleiderstoff zum Rhythmus und Bewegung zur wortlosen Sprache.«feu sacré» ist eine tänzerische Hommage an Susana und Silja, an ihren Mut, ihre Inspiration. Fünf Flamenco- und zwei zeitgenössische Tänzerinnen, begleitet von fünf Musikerinnen und Musikern, kreieren ausgehend von den klösterlichen Räumlichkeiten St. Anna Kapelle, Propsteigarten, dem Gang vor dem Silja Walter-Raum, Sprechzimmer, Klostergarten, der Klosterkirche und dem Friedhof ein Tanzpoem, das sich zwischen der Sehnsucht des Individuums und dem Wunsch nach Aufgehobensein in der Gemeinschaft bewegt», konkretisierte Choreografin Brigitta Luisa Merki in einem
Horizonte-Beitrag vom Juli.Projekt entwickelte sich wie im Tanz
Es sind Bewegtbilder besonderer Art, die Brigitta Luisa Merki und die Künstlerinnen und Künstler erschaffen. Zu jedem Zeitpunkt erscheint es, als seien im Tanz entweder zwei Personen (Susana und Silja), zwei Energien in einer Person (Tanz und Kontemplation), zwei Lebensweisen (klösterlich streng und lebendig dynamisch) oder zwei Lebensalter (Jugend und Alter) gegenübergestellt, ineinander verwoben, manchmal fast identisch, doch immer eigenständig. Musikalisch überwiegt der Flamenco, gespielt durch Gitarren und Geige – oft begleitet von den sehnenden Klängen der Sängerin Karima Nayt, die ihre Lieder nach Texten von Silja Walter in arabischer und französischer Sprache teilweise improvisiert.Es gehe, so Brigitta Luisa Merki, um diese beiden Frauen in ihrer aussergewöhnlichen Verbindung, aber auch in ihrer Verschiedenheit. Das sei Ausgangspunkt der Inspiration gewesen, von dort her habe sich alles ergeben. Die Besucherinnen und Besucher, die den Schatz im Kloster Fahr erleben dürfen, können spüren, dass die Verbindung zwischen Silja Walter und der Tänzerin auch das Jetzt prägt. «Schon bei der ersten Begegnung mit Brigitta Luisa Merki ist der Funke gesprungen», erzählte die Priorin. Das Projekt habe sich Schritt für Schritt fast wie im Tanz entwickelt.
Alle Vorstellungen ausverkauft
Die enge Verbindung findet beim «feu sacré» ihren Höhepunkt, wenn die Fahrer Schwestern und die Tänzerinnen gemeinsam hinter der eisernen Chorschranke stehen und ihre Hände tanzen lassen. Ein Bild, so eindrücklich, dass es kaum zu vergessen ist und sprachlos macht. Auf die Frage, ob die Schwestern auch bei den regulären Aufführungen Teil der Choreografie sein werden, erwiderte Priorin Irene, dass es den Schwestern freigestellt sei.Ein Wermutstropfen für diejenigen, die nun das «feu sacré» erleben wollen: Alle Vorstellungen, sogar die Zusatzvorstellungen, sind restlos ausverkauft. Das liegt einerseits daran, dass es aufgrund des Parcours durch die Räume des Klosters nur begrenzten Publikumsplatz gibt. Andererseits feiert das Projekt ein doppeltes Jubiläum. Das 100 Jahr-Jubiläum Silja Walters, und das
35-jährige Bestehen von Flamencos en route. Neuerscheinung «Am Anfang war der Tanz»Über den Verleger Peter Schifferli lernten sich die legendäre Flamencotänzerin Susana und die Klosterfrau Silja Walter kennen. Beide hatten Sehnsucht nach dem, was die andere lebte. Begegneten sich die beiden Frauen, tanzte die reformierte Susana mit der katholischen Nonne und Silja Walter wurde Susana zur geistlichen Begleiterin. Bis anhin unveröffentlichte persönliche Meditationen und Briefe, die Silja Walter für ihre Freundin Susana geschrieben hat, erscheinen Ende August im Buch
«Am Anfang war der Tanz».