Lukas 11,27–28Es geschah aber: Als er das sagÂte, da erhob Âeine Frau aus der MenÂge ihre StimÂme und rief ihm zu: Selig der Schoss, der dich geÂtragen, und die Brust, die dich gestillt hat!
Er aber erwiÂderÂte: Ja, selig sind vielÂmehr, die das Wort GotÂtes hören und es befolgen.EinÂheitsÂüberÂsetÂzung 2016 Du bist gemeint! Ja, du!
Mein Vater besass früÂher ein kleiÂnes LohnÂunÂterÂnehÂmen und verÂdienÂte mit seiÂnen zwei MähÂdreÂschern im SomÂmer einen wichÂtiÂgen finanÂziÂelÂlen Zustupf für unseÂren BauÂernÂhof. ZeitÂweiÂse hatÂten wir eine AusÂhilfsÂkraft, die mit dem zweiÂten MähÂdreÂscher fuhr. Immer wieÂder kam es vor, dass BauÂern anrieÂfen und verÂlangÂten, dass mein Vater und nicht die AusÂhilfsÂkraft komÂmen solÂle. Sie wollÂten perÂsönÂlich von ihm bedient werÂden, weiss der GeiÂer warÂum! VerÂmutÂlich verÂspraÂchen sie sich weniÂger AusÂfälÂle und eine besÂseÂre LeiÂstung. Es waren sicher keiÂne objekÂtiÂven GrünÂde, denn unser FahÂrer war bei der Arbeit ebenÂso gut wie mein Vater. TrotzÂdem war eine VerÂtreÂtung für einÂzelÂne BauÂern unvorÂstellÂbar. Mein Vater mussÂte her!VielÂleicht haben Sie einÂmal etwas ÄhnÂliÂches erlebt, bei dem Sie perÂsönÂlich gefragt waren und keiÂne andeÂre PerÂson Sie ersetÂzen konnÂte. Ganz besonÂders erleÂben wir das in PartÂnerÂschafÂten und LieÂbesÂbeÂzieÂhunÂgen. Da rückt eine PerÂson ganz in die AufÂmerkÂsamÂkeit und in den Bann einer andeÂren. Für VerÂliebÂte ist ein Leben ohne den GeliebÂten oder die GeliebÂte kaum vorÂstellÂbar. Wenn wir perÂsönÂlich gefragt sind, dann betrifft es den innerÂsten Kern von uns selbst. NieÂmand anders kann dann gemeint sein, sonÂdern nur wir selbst, in aller AusÂschliessÂlichÂkeit.DieÂser GedanÂke hilft ein wenig beim VerÂständÂnis des Festes «Mariä leibÂliÂche AufÂnahÂme in den HimÂmel». Denn eigentÂlich ist es unerÂklärÂlich, warÂum noch im Jahr 1950 das päpstÂliÂche «DogÂma von der leibÂliÂchen AufÂnahÂme MariÂas in den HimÂmel» forÂmuÂliert werÂden mussÂte. Am meiÂsten stört die «VerÂpflichÂtung zur AnnahÂme»: Wer das nicht glaubt, soll wisÂsen, dass er oder sie vom kathoÂliÂschen GlauÂben abgeÂfalÂlen ist. Wie kann man dann einiÂgerÂmasÂsen verÂnünfÂtig von einer leibÂliÂchen (!) AufÂnahÂme MariÂens in den HimÂmel reden? Ein leibÂhafÂtiÂger KörÂper in der EwigÂkeit liegt jenÂseits aller VerÂnunft.HinÂgeÂgen ist auch das WisÂsen um die eigeÂne EndÂlichÂkeit nicht ausÂzuÂhalÂten. Der jüdiÂsche und so auch der christÂliÂche GlauÂbe haben hierÂzu mit der «AufÂerÂsteÂhung der Toten» eine eigeÂne InterÂpreÂtaÂtiÂon für ein sinnÂvolÂles Leben angeÂsichts des Todes entÂwickelt. Die VorÂstelÂlung von der AufÂerÂsteÂhung der Toten spricht im Kern das GleiÂche an, wie es die leibÂliÂche AufÂnahÂme MariÂens tut.Dem ChriÂstenÂtum wie dem JudenÂtum liegt die Idee zugrunÂde, dass jeder Mensch in seiÂner EinÂzigÂarÂtigÂkeit von Gott «geseÂhen» wird, und zwar über den perÂsönÂliÂchen Tod hinÂaus. Mit der AufÂerÂsteÂhung des LeiÂbes ist gemeint, dass die PerÂson über den Tod hinÂaus «ganz» und in ihrer EinÂzigÂarÂtigÂkeit bestehen bleibt. So wie ein von uns geliebÂter Mensch einÂzigÂarÂtig ist, bleibt der verÂstorÂbeÂne Mensch über seiÂnen Tod hinÂaus in seiÂner EinÂzigÂarÂtigÂkeit bestehen, auch dann, wenn kein LebenÂder mehr an ihn denkt.EigentÂlich ist es belangÂlos, wie man sich eine leibÂliÂche AufÂnahÂme MariÂas in den HimÂmel vorÂzuÂstelÂlen hat. Sie ist in dieÂsem SinÂne eine VorÂläuÂfeÂrin für alle. Sie hat in ihrem Leben zu Gott Ja gesagt und kann uns ermuÂtiÂgen, bereits heuÂte und jetzt so zu leben, dass wir am Schluss sagen könÂnen: Ja, das war ich! Ich habe so gelebt, wie ich sein wollÂte. Ich steÂhe mit meiÂner ganÂzen PerÂson dafür ein!
MathiÂas JägÂgi, TheoÂloÂge und SoziÂalÂarÂbeiÂter, arbeiÂtet als Berufsschullehrer