Diet­rich Bon­hoef­fers Mis­si­on in der Schweiz

Diet­rich Bon­hoef­fers Mis­si­on in der Schweiz

Von guten Mächten

Lass warm und hell die Ker­zen heu­te flammen, die du in uns­re Dun­kel­heit gebracht, führ, wenn es sein kann, wie­der uns zusam­men. Wir wis­sen es, dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stil­le nun tief um uns breitet, so lass uns hören jenen vol­len Klang der Welt, die unsicht­bar sich um uns weitet, all dei­ner Kin­der hohen Lobgesang.

Von guten Mäch­ten wun­der­bar gebor­gen, erwar­ten wir getrost, was kom­men mag. Gott ist bei uns am Abend und am Mor­gen und ganz gewiss an jedem neu­en Tag.

(Stro­phen 5 bis 7 von Diet­rich Bon­hoef­fers Gedicht «Von guten Mäch­ten treu und still umge­ben», ver­fasst im Dezem­ber 1944 in Gestapo-Haft.)

 

Diet­rich Bon­hoef­fers Mis­si­on in der Schweiz

Vor 75 Jah­ren, am 9. April 1945, wur­de der Theo­lo­ge im Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger erhängt

Diet­rich Bon­hoef­fers Leben bie­tet auch 75 Jah­re nach sei­nem Tod noch eher un­bekannte Sei­ten, die es zu ent­decken gilt. Er pfleg­te nicht nur inten­si­ve Kon­tak­te mit refor­mier­ten Pfar­rern in der Schweiz, er war auch als gehei­mer Infor­mant im Amt Ausland/Abwehr der deut­schen Wehr­macht hier­zu­lan­de unterwegs.Am 9. April 2020 jährt sich zum 75. Mal die Ermor­dung des evan­ge­li­schen Pfar­rers Diet­rich Bon­hoef­fer (1906–1945) im Konzentra­tionslager Flos­sen­bürg. Hans Rudolf Fuhrer, Mili­tär­hi­sto­ri­ker aus Mei­len, befasst sich sein eini­gen Jahr­zehn­ten inten­siv mit dem Leben des deut­schen NS-Wider­stands­kämp­fers.Diet­rich Bon­hoef­fer fass­te zusam­men mit Hans von Dohn­anyi und Fried­rich Justus Perels, zwei deut­schen Juri­sten und Wider­stands­kämp­fern gegen den Natio­nal­so­zia­lis­mus, im Herbst 1941 einen Ent­schluss: «Sie woll­ten Char­lot­te Frie­den­thal, einer jüdi­sche Mit­ar­bei­te­rin in der Beken­nen­den Kir­che – einer Oppo­si­ti­ons­be­we­gung evan­ge­li­scher Chri­sten, die sich bewusst gegen die ‹Deut­schen Chri­sten›, die dem Natio­nal­so­zia­lis­mus anhin­gen, wand­ten – die Flucht in die Schweiz ermög­li­chen», weiss Hans Rudolf Fuhrer. Das Unter­neh­men Sie­ben (U7) sei gewagt wor­den. Diet­rich Bon­hoef­fer habe mit dem Bas­ler Theo­lo­gie­pro­fes­sor Karl Barth und Alphons Koech­lin, damals Prä­si­dent des Schwei­ze­ri­schen Evan­ge­li­schen Kirch­bun­des, beim Chef der Eid­ge­nös­si­schen Frem­den­po­li­zei, Hein­rich Roth­mund, um ein Ein­rei­se­vi­sum für sie gebe­ten. 14 Per­so­nen, dar­un­ter Frie­den­thal, gelang im Herbst 1942 schliess­lich die Flucht in die Schweiz.

Ris­kan­ter Einsatz

Hans von Dohn­anyi stell­te den deut­schen Theo­lo­gen unter einen «beson­de­ren» Schutz: Er habe, so Hans Rudolf Fuhrer, ihn als so genann­ten V‑Mann, also als gehei­men Infor­man­ten, in der Spio­na­ge­ab­tei­lung ein­ge­baut, um ihn so vor der Gesta­po zu schüt­zen. Bon­hoef­fer soll­te in der Schweiz in gehei­mer Mis­si­on über sei­ne Kon­tak­te zum Öku­me­ni­schen Rat der Kir­chen in Genf Ver­bin­dun­gen zu den Alli­ier­ten knüp­fen.Der kri­ti­sche Punkt an die­ser Ope­ra­ti­on war, so Fuhrer, dass das Unter­neh­men U7 in der Schweiz Geld benö­tig­te, um den Juden einen Lebens­un­ter­halt zu ermög­li­chen. Die­se Trans­ak­tio­nen durch Dohn­anyi in die Schweiz sei­en von Bon­hoef­fers Füh­rungs­of­fi­zier Wil­helm Schmid­hu­ber in Mün­chen im Ver­hör ver­ra­ten wor­den. Bon­hoef­fer und Dohn­anyi wur­den ver­haf­tet.

Kon­tak­te zu refor­mier­ten Pfarrern

Nicht nur zu Alphons Koech­lin und zu Karl Barth hat­te Diet­rich Bon­hoef­fer engen Kon­takt, so Hans Rudolf Fuhrer. Zu nen­nen sei­en wei­ter die Bas­ler Pfar­rer Edu­ard Thur­ney­sen und Wil­helm Vischer, die Zür­cher Emil Brun­ner und Erwin Sutz, sein Freund aus der gemein­sa­men ame­ri­ka­ni­schen Stu­di­en­zeit, sowie der Gen­fer Kreis des Öku­me­ni­schen Rats der Kir­chen um Wil­lem Vis­ser ‘t Hooft, mit dem Bon­hoef­fer in inten­si­vem theo­lo­gi­schem Aus­tausch stand.Hans Rudolf Fuhrer betont: «Bon­hoef­fer war oft und gern im soge­nann­ten Berg­li in Kilch­berg zu Gast. Das war ein klei­nes Land­häus­chen der Fami­lie Pesta­loz­zi. Die­se lern­te er über Karl Barth ken­nen.» Der Zür­cher kann sich gut vor­stel­len, war­um Bon­hoef­fer die Nähe zu Schwei­zer Pfarr­kol­le­gen so schätz­te: «Da er in Deutsch­land abge­schot­tet war, stürz­te er sich als bil­dungs­hung­ri­ger Mensch hier in theo­lo­gi­sche Debat­ten. Er woll­te ­wis­sen, was in der Theo­lo­gie gera­de anstand und wohin sie sich ent­wickel­te.» Vor allem des­halb habe er alle ver­füg­ba­ren Kon­tak­te in der Schweiz auf­ge­sucht.Hans Rudolf Fuhrer war bei sei­nen Recher­chen zu Bon­hoef­fer in der Schweiz erstaunt, dass er im Bun­des­ar­chiv kei­ne Akte über ihn fand. Auch sei ihm hier­zu­lan­de kei­ne Gedenk­ta­fel bekannt, die an Bon­hoef­fers Rei­sen in die Schweiz erin­nern.

Bon­hoef­fer ist zeit­los aktuell

Was bleibt von Diet­rich Bon­hoef­fer? Hans Rudolf Fuhrer sagt über den gebür­ti­gen Bres­lau­er: «Sein letz­ter Weih­nachts­brief von 1944 mit dem Gedicht ‹Von guten Mäch­ten wun­der­bar gebor­gen …› ist zu einer ewi­gen Bot­schaft an die ver­zwei­fel­te und zwei­feln­de Mensch­heit gewor­den.»Für Chri­stia­ne Tietz, bis 2018 Vor­sit­zen­de der deutsch­spra­chi­gen Sek­ti­on der Inter­na­tio­na­len Bon­hoef­fer-Gesell­schaft, bleibt Diet­rich Bon­hoef­fers Hal­tung und Han­deln zeit­los aktu­ell. Gegen­über kath.ch sagt sie: «Bon­hoef­fers Grund­ge­dan­ke, dass jeder Mensch in sei­ner kon­kre­ten Situa­ti­on ver­ant­wor­tungs­voll zu leben hat, ist durch­gän­gig aktu­ell. In einer Situa­ti­on von wie­der­erstar­ken­dem Anti­se­mi­tis­mus, Ras­sis­mus und Natio­na­lis­mus besitzt sein Den­ken natür­lich beson­de­re Aktua­li­tät.»Vera Rüt­ti­mann, kath.ch 
Redaktion Lichtblick
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