«Die Zeit steht auch im Klo­ster nicht still»

  • Rund um das Klo­ster Fahr herrscht Aufbruchstimmung.
  • Das Wohn­pro­jekt in der ehe­ma­li­gen Bäue­rin­nen­schu­le nimmt Form an, der Land­wirt­schafts­be­trieb stellt um auf Bio und im Restau­rant beginnt der Umbau.
  • Die Pro­jekt­prä­sen­ta­ti­on am ver­gan­ge­nen Sams­tag, 24. Sep­tem­ber, stell­te die ver­schie­de­nen Kräf­te vor, die die Zukunft des Klo­sters Fahr mitgestalten.

Auf dem Gelän­de des Klo­sters Fahr ist in den letz­ten Jah­ren eini­ges in Bewe­gung gekom­men. Das zeig­te sich sinn­bild­lich am Ort, wo Prio­rin Ire­ne Gas­smann die zur Pro­jekt­prä­sen­ta­ti­on gela­de­nen Gäste begrüss­te: in der ehe­ma­li­gen Trot­te des Klo­sters Fahr, wo bis vor weni­gen Jah­ren noch die Trau­ben aus dem eige­nen Wein­berg ver­ar­bei­tet wur­den. Heu­te beher­bergt die Trot­te einen Hof­la­den und dient als Ver­an­stal­tungs­raum. Prio­rin Ire­ne ver­wies auf die lan­ge Geschich­te des Klo­sters Fahr, die im Jahr 1130 begann, als der Frei­herr Lütold II. von Regens­berg sei­nen Grund­be­sitz an der Lim­mat dem Klo­ster Ein­sie­deln schenk­te. Seit sei­ner Grün­dung bil­det das Klo­ster Fahr mit dem Klo­ster Ein­sie­deln ein Dop­pel­klo­ster. Nun haben die Fah­rer Bene­dik­ti­ne­rin­nen unter Prio­rin Ire­ne Gas­smanns Lei­tung ein neu­es Kapi­tel auf­ge­schla­gen. «Die Zeit steht auch im Klo­ster nicht still», lei­te­te die Prio­rin ihre Aus­füh­run­gen ein.

Ora et labo­ra gerie­ten ins Ungleichgewicht

Im bene­dik­t­i­ni­schen Leit­spruch «ora et labo­ra» («bete und arbei­te») droh­te die Arbeit in den ver­gan­ge­nen Jah­ren Über­hand zu neh­men. Denn die Schwe­stern im Klo­ster Fahr wer­den nicht zahl­rei­cher und eben auch nicht jün­ger. So beschloss die Klo­ster­ge­mein­schaft, sich von den betrieb­li­chen Auf­ga­ben zu entlasten.

Gesamt­pro­jekt­lei­te­rin Vere­na Gysin blick­te zurück auf den Wand­lungs­pro­zess der letz­ten sie­ben Jah­re. Nach einer Mach­bar­keits­stu­die war von Sei­ten der Klo­ster­ge­mein­schaf­ten Fahr und Ein­sie­deln die Aus­schrei­bung für alle Annex­ge­bäu­de erfolgt – dazu gehö­ren das Restau­rant, die ehe­ma­li­ge Bäue­rin­nen­schu­le und der Land­wirt­schafts­be­trieb. Die ein­ge­gan­ge­nen 26 Dos­siers ent­hiel­ten von Krea­tiv­ate­liers bis zur Per­ma­kul­tur eine gros­se Palet­te an Ideen. Beim Sich­ten und Aus­wer­ten der Dos­siers wur­den die bei­den Klo­ster­ge­mein­schaf­ten von der Fir­ma Wüest und Part­ner pro­fes­sio­nell begleitet.

Her­aus­for­dern­de Lage im Grenzgebiet

[esf_wordpressimage id=40255 width=half float=left][/esf_wordpressimage]Projektleiterin Gysin skiz­zier­te die  Aus­gangs­la­ge im Klo­ster Fahr, die eini­ge Her­aus­for­de­run­gen bie­tet: Das Gelän­de des Klo­sters erstreckt sich über zwei Gemein­den und zwei Kan­to­ne. Das Klo­ster Fahr gilt als aar­gaui­sche Exkla­ve und zeigt einen spe­zi­el­len Grenz­ver­lauf. Das Klo­ster­ge­bäu­de, die Scheu­ne, die Trot­te sowie das Restau­rant ste­hen auf Aar­gau­er Boden. Die Gar­ten­wirt­schaft und die ehe­ma­li­ge Bäue­rin­nen­schu­le lie­gen im Kan­ton Zürich, zusam­men mit dem übri­gen Land, dem Wald und den Reb­ber­gen. Das Gebiet liegt in einer Schutz­zo­ne und es gilt, auch denk­mal­pfle­ge­ri­sche Auf­la­gen zu beachten

In den letz­ten Jah­ren ist es der Klo­ster­ge­mein­schaft gelun­gen, die rich­ti­gen Part­ner für die­se Her­aus­for­de­run­gen zu fin­den. Die­se stell­ten sich an der Pro­jekt­prä­sen­ta­ti­on vor und gaben einen Über­blick über ihre Tätig­kei­ten und Zie­le auf dem Klosterareal.

Die Fahr Erleb­nis AG

Zu Beginn des Jah­res 2021 über­nahm die Fahr Erleb­nis AG, bestehend aus den drei Fami­li­en Benz, Benz und Soz­zi aus Wet­tin­gen, Tei­le des klö­ster­li­chen Land­wirt­schafts­be­triebs. Auch das Restau­rant, das sich zur Zeit im Umbau befin­det, wird ab 2023 von der Fahr Erleb­nis AG betrie­ben. Andre­as Benz führt den Land­wirt­schafts­be­trieb als Päch­ter. In den kom­men­den zwei Jah­ren wird er den gesam­ten Betrieb mit sei­nen 47 Hektaren Land mit Mais, Zucker­rü­ben, Raps und Din­kel, sowie die Obst­bau­flä­che von 1,44 Hektaren und die Tier­hal­tung auf Bio umstel­len. Die Fahr Erleb­nis AG mit Geschäfts­füh­re­rin Nico­le Soz­zi betreibt auf dem Klo­ster­are­al einen Hof­la­den und eine Som­mer­beiz, im näch­sten Früh­ling eröff­net sie das Gar­ten­re­stau­rant Fäh­ri­gar­ten. Erleb­nis­nach­mit­ta­ge und ‑Feri­en für Kin­der gehö­ren eben­falls zum Angebot.[esf_wordpressimage id=40259 width=half float=right][/esf_wordpressimage]

Tho­mas Benz, Ver­wal­tungs­rat der Fahr Erleb­nis AG, schätzt die Zusam­men­ar­beit mit den Klö­stern Fahr und Ein­sie­deln: «Wir sind hier zu Gast. Dass uns die Klo­ster­ge­mein­schaf­ten mit so viel Freu­de und Ver­trau­en begeg­nen, ist schön und nicht selbst­ver­ständ­lich.» Der Ver­trag der Fahr Erleb­nis AG mit dem Dop­pel­klo­ster Fahr und Ein­sie­deln läuft für 25 Jah­re. Tho­mas Benz und Andre­as Benz sind sich bewusst, dass die Auf­ga­be im Klo­ster Fahr sie bis zur Pen­sio­nie­rung beglei­ten wird. Für die betei­lig­ten Fami­li­en ein Grund mehr, viel Sorg­falt und Ener­gie in die­sen Ort zu stecken.

Der Ver­ein «erfahr­bar»

In die ehe­ma­li­ge Bäue­rin­nen­schu­le, die im Jahr 2013 wegen man­geln­der finan­zi­el­ler und per­so­nel­ler Res­sour­cen schlies­sen muss­te, wird ab kom­men­dem Som­mer neu­es Leben ein­zie­hen. Der Ver­ein «erfahr­bar» mit Prä­si­den­tin Julia Neu­en­sch­wan­der bau­te hier ein gene­ra­tio­nen­über­grei­fen­des Wohn­pro­jekt auf. Hin­ter dem Ver­ein drei Ehe­paa­re aus dem Lim­mat­tal, die mit dem christ­li­chen Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­woh­nen an die spi­ri­tu­el­le Tra­di­ti­on der Bene­dik­ti­ne­rin­nen anknüp­fen wol­len. [esf_wordpressimage id=37597 width=half float=left][/esf_wordpressimage]

Der Umbau des Schul­ge­bäu­des zum Wohn­haus mit 16 Wohn­ein­hei­ten wird im Früh­ling 2023 abge­schlos­sen sein. Bereits jetzt sind alle Woh­nun­gen ver­ge­ben und es gibt eine War­te­li­ste. «Wir wün­schen uns wirk­lich, dass die Öku­me­ne und das Mit­ein­an­der der Gene­ra­tio­nen hier erfahr­bar wer­den», schloss Julia Neu­en­sch­wan­der ihren Überblick.

Die Pen­si­ons­kas­se Prosperita

Inve­sto­rin bei der Umge­stal­tung der ehe­ma­li­gen Bäue­rin­nen­schu­le wie auch beim Umbau des Restau­rants ist die christ­lich-ethi­sche Pen­si­ons­kas­se Pro­spe­ri­ta. Deren Stif­tungs­rat, Peter Augs­bur­ger, beton­te: «Wir sind weder Spen­der noch Mäzen hier im Klo­ster Fahr, son­dern haus­hal­ten hier mit dem Geld unse­rer Ver­si­cher­ten.» In öko­lo­gi­scher, gesell­schaft­li­cher oder spi­ri­tu­el­ler Hin­sicht suche die Pro­spe­ri­ta bei ihren Invest­ments stets den Mehr­wert: «Wir suchen nicht nur die Ren­di­te, son­dern wol­len auch Gutes bewe­gen.» [esf_wordpressimage id=40262 width=half float=right][/esf_wordpressimage]

Joel Blunier, Geschäfts­füh­rer der Pro­spe­ri­ta, illu­strier­te den Pro­zess der ver­gan­ge­nen drei Jah­re anhand sei­nes E‑Mail-Post­ein­gangs: 2800 E‑Mails mit dem Betreff «Klo­ster Fahr» habe er gezählt. Das Wohn­pro­jekt in der ehe­ma­li­gen Bäue­rin­nen­schu­le rea­li­siert Pro­spe­ri­ta zusam­men mit dem Ver­ein «erfahr­bar», das Restau­rant ver­pach­tet die Pen­si­ons­kas­se der Fahr Erleb­nis AG. Für die Zusam­men­ar­beit mit bei­den Part­nern sowie dem Klo­ster fand Blunier loben­de Wor­te: «Der gros­se Good­will aller Betei­lig­ten ist die beste Art, in die Zukunft zu starten.»

Spi­ri­tu­el­le Oase im Lim­mat­tal bleibt lebendig

[esf_wordpressimage id=40269 width=half float=left][/esf_wordpressimage]Das Klo­ster Fahr wird getra­gen von ganz unter­schied­li­chen Men­schen mit ihrem je eige­nen Zugang zur Spi­ri­tua­li­tät und zur Geschich­te die­ses Ortes. Doch es ver­bin­det sie die gemein­sa­me Auf­ga­be, die grü­ne Oase im Lim­mat­tal leben­dig und lebens­wert zu erhal­ten – gemein­sam mit den Fah­rer Bene­dik­ti­ne­rin­nen, den Frau­en, die das Leben lieben.

Marie-Christine Andres Schürch
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