Die Schwei­zer Rea­li­tät soll sicht­bar sein

Die Schwei­zer Rea­li­tät soll sicht­bar sein

  • Am 21. Juni ver­bringt Papst Fran­zis­kus einen Tag in Genf. Er besucht den Öku­me­ni­schen Rat der Kir­chen und trifft eine Dele­ga­ti­on des Bun­des­ra­tes. Am Abend zele­briert er in der Pal­ex­po-Hal­le eine Messe.
  • Das Anmel­de­for­mu­lar für die Papst­mes­se sorg­te im Bis­tum Basel für Befrem­den, weil nicht-ordi­nier­te Theo­lo­gin­nen und Theo­lo­gen mit kei­nem Wort erwähnt wurden.
  • Auf Initia­ti­ve zwei­er Theo­lo­gin­nen aus Basel setz­te sich Bischof Felix Gmür dafür ein, dass auch nicht-ordi­nier­te Seel­sor­gen­de einen Platz im Got­tes­dienst bekommen.
 Es ist zwar nur ein Tages­aus­flug. Aber – welch Glück — am läng­sten Tag des Jah­res. So bleibt Papst Fran­zis­kus genü­gend Zeit für all die Din­ge, die er am kom­men­den 21. Juni bei sei­nem Besuch in Genf vor­hat.

Vol­les Tagesprogramm

Papst Fran­zis­kus trifft drei Mit­glie­der des Bun­des­ra­tes sowie den Natio­nal­rats­prä­si­den­ten und besucht vor allem den Öku­me­ni­schen Rat der Kir­chen (ÖRK), der die­ses Jahr den 70. Jah­res­tag sei­ner Grün­dung fei­ert. Nach dem Besuch im Öku­me­ni­schen Zen­trum mit Mit­tag­essen, einer pon­ti­fi­ka­len Rede und der Begeg­nung mit dem Welt­kir­chen­rat fin­det der Hei­li­ge Vater auch Zeit, im Kon­gress­zen­trum Pal­ex­po mit der Bevöl­ke­rung und den ange­rei­sten Pil­gern Eucha­ri­stie zu fei­ern.

For­mu­lar geht an der Wirk­lich­keit vorbei

Für die Teil­nah­me an die­ser Eucha­ri­stie­fei­er am Don­ners­tag, 21. Juni, um 17.30 Uhr konn­ten sich in einem ersten Schritt Pfar­rei­en, Seel­sor­ge­ein­hei­ten, Ordens­ge­mein­schaf­ten und katho­li­sche Schu­len anmel­den. Doch das Online-For­mu­lar, wel­ches das Bis­tum Lau­sanne, Genf und Frei­burg vom Vati­kan über­nom­men und auf ihrer Web­sei­te auf­ge­schal­tet hat­te, berück­sich­tig­te die Schwei­zer Gege­ben­hei­ten nicht und sorg­te damit für Befrem­den und Kopf­schüt­teln. Eine, die nicht bloss die Faust im Sack mach­te, son­dern ihre Über­zeu­gung kund­tat, war Doro­thee Becker. Die Theo­lo­gin und Seel­sor­ge­rin in der Pfar­rei Hei­lig­geist in Basel erklärt: «Als Anmel­de-Kate­go­rien sind auf die­sem offi­zi­el­len For­mu­lar auf­ge­führt: Prie­ster, Dia­ko­ne und ande­re Gläu­bi­ge». Es stör­te sie, dass Pasto­ral­as­si­sten­tin­nen, Gemein­de­lei­ten­de oder Spi­tal­seel­sor­ger – ganz all­ge­mein Theo­lo­gin­nen und Theo­lo­gen ohne Wei­he – nicht als eige­ne Kate­go­rie auf­ge­führt sind.

Guter Draht zu Bischof Felix

Denn die Pasto­ral in der Schweiz, betont Doro­thee Becker, wer­de bei wei­tem nicht nur durch geweih­te Män­ner bewäl­tigt, son­dern über­all auch von nicht-ordi­nier­ten Theo­lo­gin­nen und Theo­lo­gen ver­ant­wor­tet und getra­gen. «Ich fin­de es wich­tig, dass die Schwei­zer Rea­li­tät in die­sem Got­tes­dienst vom 21. Juni sicht­bar wird. Wir wol­len, dass neben Prie­stern und Dia­ko­nen auch die nicht­ge­weih­ten Theo­lo­gin­nen und Theo­lo­gen wie Gemein­de­lei­ten­de, Fach­stel­len­lei­ten­de oder Pasto­ral­as­si­sten­tin­nen ihren Platz in der Fei­er bekom­men.» In ihrer Kol­le­gin Moni­ka Hun­ger­büh­ler, Co-Deka­nats­lei­te­rin der Kir­che Basel-Stadt, fand Doro­thee Becker eine Gleich­ge­sinn­te. Noch dazu eine mit gutem Draht zu Bischof Felix. Ihm unter­brei­te­ten die bei­den Theo­lo­gin­nen ihr Anlie­gen zuerst münd­lich und ver­fass­ten dann einen Brief, den sie dem Diö­ze­san­bi­schof direkt zustel­len konn­ten. Dar­in schla­gen die bei­den Theo­lo­gin­nen vor, dass in die­sem spe­zi­el­len Got­tes­dienst gemein­sam mit den Geweih­ten auch nicht-ordi­nier­te Theo­lo­gin­nen und Theo­lo­gen im kirch­li­chen Dienst einen Platz fin­den.

«Son­der­weg ist uns bewusst»

Im Brief kommt aber auch die Hoff­nung zum Aus­druck, dass der Schwei­zer Weg beim Papst auf Unter­stüt­zung stösst: «Dass die Schweiz hier (in der gros­sen Mit­ver­ant­wor­tung der Lai­en in der Seel­sor­ge, Anm. d. Red.) einen Son­der­weg geht, ist uns bewusst. Es wird aber auch mehr und mehr deut­lich, dass Papst Fran­zis­kus unter­schied­li­che Wege in der Pasto­ral in die Ver­ant­wor­tung der Bischofs­kon­fe­ren­zen gibt.» Der Brief an Bischof Felix schliesst «mit der Bit­te, unse­ren Vor­schlag zu prü­fen und sich bei den für die Orga­ni­sa­ti­on ver­ant­wort­li­chen Stel­len für die­se Mög­lich­keit ein­zu­set­zen […]».

Theo­lo­gin­nen in Albe wer­den nicht abgewiesen

Am 17. Mai kam dann die Reak­ti­on sei­tens des Bis­tums Basel. In einem E‑Mail an alle Seel­sor­gen­den im Bis­tum Basel schreibt Bar­ba­ra Kückel­mann, ver­ant­wort­lich für Pasto­ral und Bil­dung: «Auch nicht-ordi­nier­te Theo­lo­gin­nen und Theo­lo­gen sol­len an der Mes­se mit Papst Fran­zis­kus in Genf sicht­bar wer­den – als Rea­li­tät an vie­len Orten unse­rer Kir­che in der Schweiz.» Und wei­ter: «Bischof Felix hat bestä­tigt, dass er dafür sor­gen wird, dass Theo­lo­gin­nen und Theo­lo­gen im Gewand nicht abge­wie­sen wer­den.» Dann folgt die Anlei­tung, wie dies auf dem Online-For­mu­lar anzu­mer­ken ist: «Die Anmel­dung dafür soll erfol­gen als Pri­vat­per­son, als ‚THEOLOGIENNES / THEOLOGIENS AVEC AUBE (mit Albe)’».

Bischof Felix reagier­te sofort

«Bischof Felix hat unser Anlie­gen ernst genom­men und sofort reagiert», sagt Doro­thee Becker. Der Bas­ler Bischof hat­te sich eben­falls per Brief an Charles Mor­e­rod gewandt, den Bischof des Bis­tums Lau­sanne, Genf und Frei­burg, wel­ches den Papst­be­such koor­di­niert. Die posi­ti­ve Ant­wort freut Doro­thee Becker. Sie hat sich für die Teil­nah­me am Got­tes­dienst ange­mel­det. Sie rech­net damit, dass sich etwa 20 bis 30 Per­so­nen aus dem Raum Basel als ‚Theo­lo­gin­nen oder Theo­lo­gen in Albe’ für die Fei­er mit dem Papst anmel­den. Wo die Seel­sor­gen­den mit Albe dann im Got­tes­dienst ihren Platz fin­den wer­den, kann sie nicht sagen. Das hän­ge von den Platz­ver­hält­nis­sen und von der Anzahl Anmel­dun­gen ab. «Wie’s prak­tisch aus­sieht, sehen wir vor Ort». Auch im Bis­tum St. Gal­len wur­den die Seel­sor­gen­den über die Mög­lich­keit infor­miert, dass sie sich unter der Bezei­chung «Theo­lo­gi­en­nes avec aube» anmel­den kön­nen.

Prä­senz zeigen

Im Aar­gau gestal­te­te sich die Suche nach nicht-ordi­nier­ten Pfar­rei-Mit­ar­bei­ten­den, die in Albe an der Papst­mes­se teil­neh­men, sehr schwie­rig. Bar­ba­ra Metz­ner aus der Pfar­rei Met­tau ist eine der weni­gen, die am 21. Juni nach Genf fah­ren. Den Aus­schlag, die lan­ge Rei­se nach Genf auf sich zu neh­men, habe letzt­lich das E‑Mail von Bar­ba­ra Kückel­mann gege­ben, erzählt sie: «Wenn es die Mög­lich­keit gibt, als Theo­lo­gin in Albe an der Papst­mes­se teil­zu­neh­men, mache ich ger­ne davon Gebrauch und zei­ge Prä­senz». Sie habe sich genau so ange­mel­det wie im E‑Mail vom Bis­tum vor­ge­schla­gen, als «Théo­lo­gi­en­ne avec aube» und schaue jetzt, was auf sie zukom­me, sagt sie. Fran­zis­kus sei ein span­nen­der Papst, immer für eine Über­ra­schung gut, und zudem ein Mensch mit gros­ser Aus­strah­lung: «Ich freue mich, Fran­zis­kus ein­mal live zu erle­ben». Für die Rei­se nach Genf habe sie ein, zwei klei­ne­re Ter­mi­ne ver­schie­ben müs­sen, zufäl­li­ger­wei­se sei der 21. Juni in ihrem Kalen­der eini­ger­mas­sen frei gewe­sen.

Zurück­hal­tung wegen pral­len Ter­min­ka­len­dern im Aargau

So geht es aber längst nicht allen. Vie­le der Ange­frag­ten ant­wor­ten, sie hät­ten an die­sem Don­ners­tag Ter­mi­ne, die sich nicht ver­schie­ben lies­sen. So zum Bei­spiel Pasto­ral­as­si­sten­tin Hele­na Bou­tel­lier aus Kai­sten: «Ich wäre auf jeden Fall ger­ne nach Genf gegan­gen, in Albe. Denn es ist ein wich­ti­ges Zei­chen, Prä­senz zu zei­gen. Aber an die­sem Tag fin­det die Wall­fahrt unse­res Frau­en­ver­eins statt, die ich beglei­te und die schon lan­ge abge­macht ist.» Auch Lara Tedes­co, Pasto­ral­as­si­sten­tin im Pasto­ral­raum Obe­res Frei­amt, erklärt: «Was mich angeht, ich wer­de nicht zur Papst­mes­se nach Genf gehen, weil an die­sem Tag schon lan­ge ein Aus­flug mit den Erst­kom­mu­ni­on­kin­dern geplant ist.» Es gibt auch kri­ti­sche­re Stim­men: «Der Weg nach Genf ist in einem pral­len Ter­min­ka­len­der schwer unter­zu­brin­gen, mit der Erfah­rung der letz­ten bei­den Papst­mes­sen in der Schweiz. Mir hat das wenig gebracht», sagt ein Pasto­ral­raum­lei­ter. Und in ande­ren Pfar­rei­en heisst es: «Wir kön­nen nicht an einem Don­ners­tag­nach­mit­tag ein­fach weg, viel­leicht sind dann Beer­di­gun­gen und ande­re Ver­pflich­tun­gen».

Wich­ti­ges Signal

Dass der Papst in die Schweiz kommt, wur­de erst Ende Febru­ar publik. Für die Jah­res­pro­gram­me in den Pfar­rei­en zu spät. So haben vie­le Pfar­rei­en ein vol­les Pro­gramm, das es kaum erlaubt, dass das Seel­sor­ge­team einen gan­zen Tag fehlt. Umso schö­ner, dass die­je­ni­gen, die an der Mes­se teil­neh­men, dem Papst, der Kir­che und der Welt nun die wich­ti­ge Bot­schaft über­brin­gen dür­fen, dass nicht-ordi­nier­te Theo­lo­gin­nen und Theo­lo­gen wert­vol­le Stüt­ze der römisch-katho­li­schen Kir­che in der Schweiz sind. Die Albe: Die Albe (von latei­nisch (tuni­ca) alba «die wei­ße (Tuni­ka)») ist ein aus der anti­ken Tuni­ka her­vor­ge­gan­ge­nes, knö­chel­lan­ges Gewand aus wei­ßem oder heu­te auch natur­far­be­nem Lei­nen. Mit Bezug auf die Alte Kir­che und ihre Tra­di­ti­on sym­bo­li­siert die Albe das Tauf­ge­wand. Tra­di­tio­nell von Prie­stern als lit­ur­gi­sches Unter­ge­wand unter dem Mess­ge­wand getra­gen, wird die Albe heu­te als Grund­ge­wand all derer ange­se­hen, die im Got­tes­dienst einen beson­de­ren Dienst­ver­se­hen, z. B. Mini­stran­ten, Lek­to­ren, Kom­mu­ni­on­hel­fer. (Quel­le: wikipedia)      
Marie-Christine Andres Schürch
mehr zum Autor
nach
soben