«Die Kir­che wird unspek­ta­ku­lär scheitern»

  • Anstel­le von Bischof Felix Gmür refe­rier­te am Mon­tag, 27. Mai 2019, der Frei­bur­ger Theo­lo­ge Dani­el Bogner auf Ein­la­dung des Katho­li­schen Medi­en­zen­trums zur gegen­wär­ti­gen Kri­se der Kirche.
  • Der Abend brach­te kei­ne neu­en Erkennt­nis­se, die Pro­gno­se fiel düster aus.
 Am inhalt­li­chen Teil der Gene­ral­ver­samm­lung des katho­li­schen Medi­en­zen­trums hät­te eigent­lich der Bas­ler Bischof Felix Gmür über die aktu­el­le Kri­se der katho­li­schen Kir­che refe­rie­ren sol­len. Doch der Prä­si­dent der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz liess sich ent­schul­di­gen, um an der Abdan­kungs­fei­er des ehe­ma­li­gen Chu­rer Bischofs Ama­dée Grab teil­zu­neh­men.

Moral­theo­lo­ge anstel­le des Bischofs

Anstel­le von Felix Gmür ana­ly­sier­te Dani­el Bogner die gegen­wär­ti­ge Situa­ti­on. Der Frei­bur­ger Moral­theo­lo­ge ist bekannt für sei­ne pro­vo­kan­ten Arti­kel im katho­li­schen Web-Feuil­le­ton «fein­schwarz», die sich mit der System­kri­se der Kir­che beschäf­ti­gen und bei­spiels­wei­se den Titel tra­gen: «Die­se Kir­che tötet».«Dass sich die Kir­che in der Kri­se befin­det, ist nichts Neu­es», führ­te Dani­el Bogner aus. «Wenn wir aber heu­te von Kri­se spre­chen, dann ori­en­tiert sich das an einem schwe­ren Men­schen­rechts­ver­bre­chen, wel­ches das Grund­ver­trau­en selbst für die treu­sten Kir­chen­an­hän­ger erschüt­tert hat. Die Men­schen, die von der Kir­che noch etwas erwar­ten, füh­len sich dar­um seit eini­ger Zeit syste­ma­tisch vor den Kopf gestos­sen. Sie ver­las­sen die Kir­che und es ist nach­voll­zieh­bar».

«Kir­chen­treue syste­ma­tisch vor den Kopf gestossen»

Wie konn­te es dazu kom­men? Für Dani­el Bogner sind Mecha­nis­men inner­halb der Kir­che ver­ant­wort­lich, das System an und für sich. Der Unter­schied der Kir­che als abso­lu­te Mon­ar­chie gegen­über dem demo­kra­ti­schen Rechts­staat sei frap­pie­rend. Es herr­sche nicht das Prin­zip der Gewal­ten­tei­lung , son­dern der Gewal­ten­an­häu­fung.«Die Kir­che ist zwar stark, wenn es dar­um geht, über die Men­schen­wür­de zu pre­di­gen, aber schwach, wenn es dar­um geht, das für die eige­ne Struk­tur umzu­set­zen», so Dani­el Bogner. Die Signa­le, wel­che die Kir­che aus­sen­de, sei­en total wider­sprüch­lich: Die Kir­che rufe zwar zur Mit­wir­kung auf, doch habe hier­für kei­ne ent­spre­chen­den Posi­tio­nen vor­ge­se­hen. Das zei­ge sich auch in der Fra­ge nach dem Zugang zu den Ämtern für Frau­en.

Es droht suk­zes­si­ves Verkümmern

Was wird gesche­hen? Die Pro­gno­se von Dani­el Bogner fiel pes­si­mi­stisch aus: «Es wird kei­ne Revo­lu­ti­on geben, auch wenn abso­lu­te Herr­schafts­sy­ste­me häu­fig so schei­ter­ten. Das Schei­tern der Kir­che wird unspek­ta­ku­lär erfol­gen – durch suk­zes­si­ves Ver­küm­mern der ein­sti­gen Leben­dig­keit. Es wer­den immer weni­ger Men­schen dabei blei­ben, es wer­den immer mehr Lei­stun­gen ein­ge­stellt wer­den und die Men­schen wer­den nicht ver­ste­hen, war­um man das noch schön­re­den muss.»Auf die Fra­ge, was denn getan wer­den könn­te, skiz­zier­te Dani­el Bogner im wesent­li­chen drei Punk­te: Die reform­ori­en­tier­ten Bischö­fe soll­ten gemein­sam eine Neu­kon­zep­ti­on des Kir­chen­rechts vor­le­gen, das die Gewal­ten­tei­lung und Mit­wir­kung neu regelt. Wei­ter soll­ten die Gläu­bi­gen in Anleh­nung an den Frau­en­streik am zivi­len Unge­hor­sam fest­hal­ten. Und nicht zuletzt soll­te mit Hil­fe einer Initia­ti­ve der Papst dazu gebracht wer­den, von jedem Kon­ti­nent eine Frau in den Kar­di­nals­stand zu erhe­ben.

«Das Glas nicht halb leer sehen»

Was folgt aus der gege­be­nen Situa­ti­on für die Kom­mu­ni­ka­ti­on sei­tens von Kir­chen­ver­ant­wort­li­chen in der Schweiz? Im Wesent­li­chen, so Dani­el Bogner, dür­fe man nichts schön­re­den. Man müs­se ohne Angst vor Ver­lu­sten han­deln und gleich­wohl den Men­schen noch erzäh­len, was Kir­che alles Wert­vol­les lei­ste. «Die Kir­che hat nichts mehr zu ver­lie­ren. Denn wenn sich die Stür­me rund um die Miss­brauchs­the­ma­tik gelegt haben, wird man nicht wie­der zur Tages­ord­nung über­ge­hen kön­nen». Letzt­lich dür­fe man das Glas auch nicht ein­fach als halb­leer sehen – mit Blick auf das, was ver­lo­ren gegan­gen sei.
Andreas C. Müller
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