«Die Kir­che muss den Opfern Prio­ri­tät einräumen»

«Die Kir­che muss den Opfern Prio­ri­tät einräumen»

«Die Kir­che muss den Opfern Prio­ri­tät einräumen»

Wie der Prä­si­dent der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz zum Bericht über Miss­brauch in Penn­syl­va­nia Stel­lung nimmt

Ein Miss­brauchs­be­richt erschüt­tert der­zeit die USA. Charles Mor­e­rod, Prä­si­dent der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz, for­dert eine grund­sätz­li­che Ände­rung des Umgangs mit sexu­el­lem Miss­brauch in der Kir­che – in der Schweiz, in den USA und weltweit.Die Vor­gän­ge in Penn­syl­va­nia sei­en «ein neu­es Kapi­tel in der fin­ste­ren Geschich­te des sexu­el­len Miss­brauchs in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten», sagt Bischof Charles Mor­e­rod, Bischof von Lau­sanne, Genf und Frei­burg sowie Prä­si­dent der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz. «Der Bericht des Staats­an­walts von Penn­syl­va­nia zeigt, dass sexu­el­le Über­grif­fe von Prie­stern began­gen wur­den. Er zeigt auch, dass sie von eini­gen Kir­chen­füh­rern ver­tuscht wur­den, was ‹einem zwei­ten Miss­brauch› gleich­kommt», sagt Bischof Mor­e­rod. Als Ant­wort auf die­se Tra­gö­di­en for­dert der Bischof einen Wan­del in der Kir­che: «Den Opfern muss grund­sätz­lich Prio­ri­tät ein­ge­räumt wer­den.»Eine sol­che Reform betrifft nicht nur die Ver­ei­nig­ten Staa­ten. «Auch in der Schweiz hat die katho­li­sche Kir­che zu lan­ge geschwie­gen », urteilt Gior­gio Pre­ste­le. Sie habe mehr Wert dar­auf gelegt, den Ruf der Insti­tu­ti­on zu wah­ren, als die Opfer ernst zu neh­men und zu schüt­zen. Dabei spricht der Zür­cher Jurist aus der Innen­per­spek­ti­ve: Er lei­tet das  Fach­gre­mi­um «Sexu­el­le Über­grif­fe im kirch­li­chen Umfeld» der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz.

Schmerz­haf­te Aufarbeitung

Das Bekannt­wer­den der Hand­lun­gen bestimm­ter Kle­ri­ker «schwächt die Kir­che», sagt Mor­e­rod, unab­hän­gig davon, ob sie nun einen sexu­el­len Über­griff began­gen oder ver­sucht hät­ten, die­se zu ver­tu­schen. «Aber dadurch kann die Kir­che auch gesun­den.»Gior­gio Pre­ste­le fügt hin­zu: «Das immense Leid der Opfer ver­an­lasst die Kir­che, Mass­nah­men zu ergrei­fen: Stel­len ein­zu­rich­ten, wo sie emp­fan­gen wer­den und wo ihnen zuge­hört wird, mit den staat­li­chen Behör­den zusam­men­zu­ar­bei­ten oder unab­hän­gi­ge Hil­fe anzu­bie­ten.»In der Schweiz begann die Kir­che laut Pre­ste­le erst 2002, die Opfer ernst zu neh­men. «Seit­dem ver­läuft die Ent­wick­lung lang­sam, aber ste­tig hin zu mehr Offen­heit und  Trans­pa­renz.» Das Fach­gre­mi­um «Sexu­el­le Über­grif­fe im kirch­li­chen Umfeld» ver­öf­fent­licht detail­lier­te Sta­ti­sti­ken über Fäl­le von sexu­el­lem Miss­brauch im Schwei­zer Kon­text. Und das Gre­mi­um fun­gie­re als Lob­by inner­halb der Bischofs­kon­fe­renz, um «dem Umgang mit den ver­gan­ge­nen und den jüng­sten Über­grif­fen Prio­ri­tät ein­zu­räu­men», so Pre­ste­le.Doch auch wenn sich die Din­ge all­mäh­lich ändern, sind sich alle bewusst: Sexu­el­ler Miss­brauch wird in der Kir­che nie ganz ver­schwin­den. Gior­gio Pre­ste­le betont: «Wir müs­sen alles tun, damit Miss­brauch nicht igno­riert wird.» Der Kom­mis­si­ons­prä­si­dent wünscht sich «eine umfas­sen­de, unab­hän­gi­ge, wis­sen­schaft­li­che Unter­su­chung von sexu­el­lem Miss­brauch im kirch­li­chen Kon­text.» «Eine sol­che Auf­ar­bei­tung der Wahr­heit ist schmerz­haft», fügt Mor­e­rod an. «Doch sie ist auch not­wen­dig. Jesus sagt uns: ‹Die Wahr­heit wird euch befrei­en.›»Pierre Pisto­let­ti, kath.ch
Christian von Arx
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