Die Freu­den und Sor­gen eines Erntejahrs

Laut lesen: Sala­no­va, Dat­te­ri­ni, Bata­via und Och­sen­herz! Das klingt doch wie ein Zau­ber­spruch. Und was für die Ohren magisch klingt, ver­zau­bert auch Augen und Gau­men. Den dun­kel­vio­lett-grü­nen Sala­no­va-Salat­kopf und die exqui­si­ten Dat­te­ri­ni-Tomät­li gibt es auf dem Wochen­markt. Jetzt im Sep­tem­ber tei­len sie sich ihren Platz mit einer bun­ten Viel­falt ande­rer Gemü­se und Früch­te — Herbst­zeit ist Erntezeit. Eine erfolg­rei­che Ern­te ist nicht selbst­ver­ständ­lich. Ern­te­aus­fäl­le waren frü­her für wei­te Tei­le der Bevöl­ke­rung ein exi­sten­zi­el­les Pro­blem. Wenn im Herbst die Ern­te ein­ge­fah­ren und der Win­ter­vor­rat gesi­chert ist, wird dar­um auch heu­te noch gefei­ert: am Ern­te­fest, am Win­zer­fest, an der Älp­ler­chil­bi. In der Freu­de über die Ern­te geht nicht ver­ges­sen, Gott, dem Schöp­fer allen Lebens, zu dan­ken. Got­tes­dienst auf dem Bau­ern­hof Die Fami­lie Schi­b­li, Pro­du­zen­tin der ein­gangs erwähn­ten Köst­lich­kei­ten, freu­te sich des­halb über die Idee der Pfar­rei Rüti­hof, auf ihrem Betrieb einen öku­me­ni­schen Ern­te­dank­got­tes­dienst zu fei­ern. «Eine gute Sache», erzählt Land­wirt Gabri­el Schi­b­li, der im Anschluss an die Fei­er eine Stall­füh­rung anbot, «die Kom­bi­na­ti­on Got­tes­dienst und Bau­ern­hof zog vie­le jün­ge­re Men­schen an, etwa Fami­li­en mit klei­nen Kin­dern». Die Kate­che­tin­nen von Rüti­hof orga­ni­sie­ren mit ihren Schü­lern die Ern­te­dank­fei­ern im Wech­sel auf dem Hof der Fami­lie Schi­b­li und auf dem Nach­bar­hof bei Fami­lie Käser. Die­ses Jahr fin­det der Got­tes­dienst auf­grund eines per­so­nel­len Wech­sels zwar in der Kapel­le statt, die Ern­te­dank­fei­er draus­sen auf dem Bau­ern­hof ist aber für die Ver­ant­wort­li­chen eine Idee mit Zukunft. Lebens­mit­tel — Mit­tel zum Leben «Ein Ern­te­dank­got­tes­dienst auf dem Bau­ern­hof ist für mich etwas sehr Stim­mi­ges», fin­det auch Han­ni Von­lan­then, Kate­che­tin und Bezugs­per­son für die Pfar­rei Bal­din­gen. Sie sel­ber hat den Ern­te­dank­got­tes­dienst auch schon auf einem Hof gefei­ert. Dass die Got­tes­dienst­be­su­cher nach der Fei­er gemüt­lich zusam­men­sit­zen kön­nen und sich Gesprä­che rund um das The­ma Agrar­wirt­schaft erge­ben, fin­det sie wich­tig. Wert­voll sei die Aus­ein­an­der­set­zung mit unse­rem Umgang mit Lebens­mit­teln anläss­lich eines Ern­te­dank­got­tes­diensts auf jeden Fall. «Da lässt sich auch lit­ur­gisch eini­ges ein­flech­ten», sagt Han­ni Von­lan­then, «gera­de bei einem Got­tes­dienst für Erwach­se­ne kann man gut ein­mal über den Tel­ler­rand hin­aus­schau­en». Kir­che schmücken Neben Ern­te­dank­fei­ern draus­sen auf dem Hof, im Reb­berg oder auf frei­em Feld gibt es in den mei­sten Aar­gau­er Pfar­rei­en Got­tes­dien­ste in der fest­lich geschmück­ten Kir­che. In Bal­din­gen deko­riert der Frau­en­ver­ein die Kir­che mit Blu­men aus den eige­nen Gär­ten. Nach der Fei­er bekommt jeder einen geseg­ne­ten Apfel mit auf den Heim­weg. Es gehört zum Brauch­tum, dass die Gläu­bi­gen zum Ern­te­dank­fest «Früch­te der Erde und der mensch­li­chen Arbeit» in Pro­zes­si­on zum Altar tra­gen. Mit den Natu­ra­li­en brin­gen sie einen Teil ihres Lebens vor Gott und ver­trau­en es ihm an: die auf­ge­wen­de­te Zeit und Mühe ihrer Arbeit, die Freu­den und Sor­gen eines Ern­te­jah­res. Kei­nen Ter­min im lit­ur­gi­schen Kalen­der Eine ent­fal­te­te Gabend­ar­brin­gung, wie sie in der Mes­se zum Ern­te­dank üblich ist, gehör­te in den ersten christ­li­chen Jahr­hun­der­ten zu jeder sonn­täg­li­chen Eucha­ri­stie­fei­er. Der Prie­ster ver­wen­de­te einen Teil der von den Gläu­bi­gen mit­ge­brach­ten Gaben für die Eucha­ri­stie; was übrig blieb, wur­de an Bedürf­ti­ge wei­ter­ge­ge­ben. Die katho­li­sche Kir­che sieht für das Ern­te­dank­fest kei­nen eige­nen Tag im lit­ur­gi­schen Kalen­der vor. Weil der Zeit­punkt der Ern­te nach Erzeug­nis­sen und Regio­nen unter­schied­lich ist, lässt sich kein fester Ter­min bestim­men. Zudem rich­tet sich das lit­ur­gi­sche Jahr nicht nach dem Wech­sel der Jah­res­zei­ten, son­dern fei­ert die Heils­ge­schich­te Got­tes mit den Men­schen in Jesus Chri­stus. Den­noch reicht der Brauch, nach Abschluss der Ern­te einen beson­de­ren Got­tes­dienst zu fei­ern, bis ins 3. Jahr­hun­dert zurück. Im Aar­gau fin­den die mei­sten Ern­te­dank­fei­ern zwi­schen Anfang Sep­tem­ber und Mit­te Okto­ber statt.
Redaktion Lichtblick
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