Die Aargauer Pastoralkonferenz wählte am 26. Oktober 2016 ein neues Präsidium: Brigitta Minich und Bernhard Lindner. Für den gedanklichen Input sorgte mit Arnd Bünker der Leiter des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts St. Gallen zum Thema «Fremdsein».Rund 40 Seelsorgende aus dem ganzen Kanton fanden sich zur Herbsttagung der Aargauer Pastoralkonferenz in der Propstei Wislikofen ein. Darunter bekannte Persönlichkeiten wie Adi Bolzern, Schweizer Zirkuspfarrer, Kirchenrätin Dorothee Fischer, Tobias Fontein und Gabriele Tietze als Vertretung des Bistums oder auch die bekannte feministische Theologin Moni Egger.
Freiamt untervertreten
Hochgerechnet auf die etwa 150 Mitglieder der Aargauer Pastoralkonferenz besuchten mit etwas mehr als 40 Anwesenden knapp ein Drittel die Veranstaltung. Jürgen Heinze von der Fachstelle Bildung und Propstei räumte gegenüber Horizonte ein, dass gewisse Regionen wie das obere Freiamt untervertreten seien, was wohl auf den langen Anfahrtsweg zurückzuführen sei.Jede in der katholischen Kirche im Aargau für die Pastoral angestellte Person ab einem Stellenpensum von 50 Prozent «ist automatisch Mitglied der Aargauer Pastoralkonferenz», erklärte Markus Schmid, das dienstälteste Vorstandsmitglied. «Die Mitgliederbeiträge sind für die betreffenden Personen kostenlos, das übernimmt die Römisch-Katholische Landeskirche Aargau.» Wenn nun 40 bis 60 Personen jeweils die Tagungen der Pastoralkonferenz besuchten, sei das ein guter Wert, so Markus Schmid. «Immerhin stand die Pastoralkonferenz vor ein paar Jahren noch vor dem Aus.»
Kritik an Schliessung des Priesterseminars
An der ordentlichen Generalversammlung durfte der abtretende Präsident Andreas Wieland auf verschiedene erfoglreiche Initiativen zurückblicken: Explizit erwähnt wurde in diesem Zusammenhang auch die Zusammenarbeit mit der Pastoralkonferenz Baselland. Hier habe sich auf Initiative von Brigitta Minich ein intensiver Austausch mit gegenseitigen Besuchen ergeben. Seitens der anwesenden Mitlgieder wurde der Wunsch geäussert, der Vorstand möge auf die Schliessung des Priesterseminars in Luzern reagieren.Bei den Wahlen gab es die erwarteten Rochaden. Markus Schmid und Andreas Wieland demissionierten zugunsten von Matthias Villiger, Jugendarbeiter in der katholischen Kirchgemeinde Kirchdorf, und Ruth Treyer, Caritas Aargau. Die bisherigen Vorstandsmitglieder Brigitta Minich und Bernhard Lindner wurden neu zu Co-Präsidierenden gewählt.
Neue Leitungsstruktur: Co-Präsidium
«Wenn ich nun gemeinsam mit Brigitta Minich das Präsidium übernehme, dann ist es mir ein zentrales Anliegen, dass die Aargauer Pastoralkonferenz pastorale Fragen und soziopolitische Herausforderungen diskutiert und klar Position bezieht, wenn es opportun ist», erklärte Bernhard Lindner vor der Tagung gegenüber Horizonte. «Vor allem, weil das Bistum beabsichtigt, die Dekanatsversammlungen abzuschaffen.» Für die Zukunft wünscht sich der Gemeindeleiter von Oeschgen und Erwachsenenbilder die Pastoralkonferenz als unabhängige Stimme und eigenständigen Player neben der Kantonalkirche und dem Bistum. «Auch könnte die Pastoralkonferenz eine Rolle als Mitarbeitenden-Vertretung spielen», hofft Bernhard Lindner.
Entfremdung im «Rauslaufstall»
Thematisch sorgte Arnd Bünker, der Leiter des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts St. Gallen, mit zwei Referaten für Diskussionsstoff. «In der Kirche haben wir es mit einer grossen Entfremdung zu tun», so der bekannte Theologe. «Der Schafstall ist zu einem Rauslaufstall geworden, erklärte Arnd Bünker. Sprache und Ästhetik der Kirche würden immer weniger verstanden.Gleiches gelte für kirchliche Sozialformen. Das «Ganz oder gar nicht», wie es die Freikirchen lebten, funktioniere in der katholischen Kirche nicht. Die Menschen gehörten dazu, auch wenn sie nicht mehr dabei seien – also nicht mehr gewillt seien, ihre Freizeit in der Kirche zu verbringen und in dieser zu heiraten. «Die Menschen wollen sich gegenüber der Kirche ihre Distanz und damit ihre Fremdheit erhalten», wünschten sich «in Glaubensangelegenheiten Diskretion und Distanz», so Arnd Bünker. Das müsse aber nicht per se schlecht sein, so der Referent. Immerhin sei Fremdheit auch eine Grundvoraussetzung für ein friedliches Zusammenleben: Distanz ermögliche Privatsphäre und Autonomie. Und genau diese Qualitäten, das hätten Untersuchungen ergeben, wünschten sich die sogenannt Distanzierten. Dem müsse Rechnung getragen werden, so der Leiter des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts aus St. Gallen.