Die Bischö­fe kön­nen nicht «Ja» sagen

Die Bischö­fe kön­nen nicht «Ja» sagen

  • Am 26. Sep­tem­ber ent­schei­det das Schwei­zer Stimm­volk über die Vor­la­ge «Ehe für alle».
  • Die Geg­ner füh­ren recht­li­che und mora­li­sche Beden­ken ins Feld, wäh­rend die Befür­wor­ter die Öff­nung der Ehe für gleich­ge­schlecht­li­che Paa­re als längst über­fäl­li­gen Schritt bezeichnen.
  • Die Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz äus­sert sich dif­fe­ren­ziert: Sie spricht sich dezi­diert für Gleich­be­rech­ti­gung aus, tut sich aber schwer mit der Aus­wei­tung des Ehe­be­griffs und der Nut­zung der Fortpflanzungsmedizin.

Der Ehe­be­griff in der Bun­des­ver­fas­sung gibt seit län­ge­rem zu reden. Schon vor zwan­zig Jah­ren gab es par­la­men­ta­ri­sche Vor­stös­se dazu. Zwar kön­nen gleich­ge­schlecht­li­che Paa­re seit dem Jahr 2007 ihre Part­ner­schaft ein­tra­gen las­sen, hei­ra­ten dür­fen sie jedoch nicht – im Gegen­satz zu 16 Län­dern in Euro­pa und sämt­li­chen Nach­bar­staa­ten der Schweiz aus­ser Ita­li­en. Das Par­la­ment befass­te sich jah­re­lang mit die­sen grund­sätz­li­chen gesell­schafts­po­li­ti­schen Fra­gen. Nach Jah­ren inten­si­ver Dis­kus­si­on kann das Schwei­zer Stimm­volk am kom­men­den 26. Sep­tem­ber über die «Ehe für alle» ent­schei­den. Alle Paa­re sol­len hei­ra­ten kön­nen und so die glei­chen Rech­te und Pflich­ten haben.

Bes­se­re Absicherung

Zu den Rech­ten gehört auch die gemein­sa­me Adop­ti­on von Kin­dern. Ver­hei­ra­te­te Frau­en­paa­re erhal­ten Zugang zur Samen­spen­de. Aus­ser­dem ver­än­dert die «Ehe für alle» die Rechts­la­ge der Kin­der von gleich­ge­schlecht­li­chen Paa­ren, indem die Eltern­schaft des nicht bio­lo­gi­schen Eltern­teils ab Geburt aner­kannt wird. Die anony­me Samen­spen­de, die Eizel­len­spen­de und die Leih­mut­ter­schaft blei­ben für alle verboten.

Gefahr der «Vater­lo­sig­keit» als Gegenargument

Ein Komi­tee mit Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern der Eid­ge­nös­sisch-Demo­kra­ti­schen Uni­on (EDU) und der Schwei­ze­ri­schen Volks­par­tei (SVP) ergriff im Früh­jahr das Refe­ren­dum gegen die Vor­la­ge. Für homo­se­xu­el­le Paa­re bestehe bereits die Mög­lich­keit der ein­ge­tra­ge­nen Part­ner­schaft. Zum ande­ren sehen die Geg­ner die Ehe aus­schliess­lich als Ver­bin­dung von Mann und Frau. Dies, weil nur aus die­ser Ver­bin­dung auf natür­li­che Wei­se Kin­der ent­ste­hen könn­ten. Die Ein­füh­rung der «Ehe für alle» füh­re zu Vater­lo­sig­keit. Den Zugang zur Samen­spen­de für Frau­en-Paa­re bezeich­nen die Refe­ren­dums­füh­rer als «recht­lich und mora­lisch bedenklich».

Zu stark vereinfacht

Die «Frei­den­ken­den Schweiz» orten den Wider­stand gegen die «Ehe für alle» vor allem bei der katho­li­schen Kir­che. Eine Ende August lan­cier­te Pla­kat­kam­pa­gne kri­ti­siert expli­zit die Hal­tung der Kir­che. Andre­as Kyria­cou, Prä­si­dent der Frei­den­ken­den Schweiz sag­te: «Mit dem Sujet rich­ten wir eine kla­re Bot­schaft an die fak­tisch ein­zi­gen Geg­ner der ‚Ehe für alle’, die Religiös-Konservativen.»

Arbeits­kreis Regen­bo­gen­pa­sto­ral nimmt nicht offi­zi­ell Stellung

Hans­rue­di Huber, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­auf­trag­ter des Bis­tums Basel, stellt in den Vor­der­grund, dass die «Ehe für alle» eine staat­li­che Sache sei: «Auf die römisch-katho­li­sche Kir­che hat sie unmit­tel­bar kei­nen Ein­fluss.» Das Bis­tum Basel befür­wor­te jedoch die mit der Vor­la­ge ver­bun­de­ne För­de­rung ver­bind­li­cher Bezie­hun­gen sowie die Stär­kung der sozia­len Absicherung.

Vor fünf Jah­ren grün­de­te das Bis­tum Basel den «Arbeits­kreis Regen­bo­gen­pa­sto­ral», der für eine Seel­sor­ge steht, die Les­ben, Schwu­le, Bise­xu­el­le, Trans­men­schen und Inter­se­xu­el­le sowie deren Ange­hö­ri­ge will­kom­men heisst. Eine offi­zi­el­le Stel­lung­nah­me zur «Ehe für alle» gibt der Arbeits­kreis aber nicht ab. Bar­ba­ra Kückel­mann, Pasto­ral­ver­ant­wort­li­che des Bis­tums Basel, sagt: «In die­ser Sache liegt die Kom­mu­ni­ka­ti­on beim Bistum.»

Fami­li­en­grün­dung ste­he im Mittelpunkt

Bis­tums­spre­cher Huber ver­weist auf die offi­zi­el­le Stel­lung­nah­me der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz (SBK). Dar­in beto­nen die Bischö­fe, im Bereich des Bür­ger­rechts und der Hin­ter­las­se­nen­ren­ten sei für alle Per­so­nen Gleich­stel­lung her­bei­zu­füh­ren. Dezi­diert spre­chen sich die Bischö­fe gegen Dis­kri­mi­nie­rung aus. 

Die Gleich­stel­lung müs­se jedoch auf ande­rem Weg als über eine «Ehe für alle» ange­strebt wer­den. Denn nicht nur das Ehe­sa­kra­ment, son­dern auch die Zivil­ehe sei­en auf die Fami­li­en­grün­dung aus­ge­rich­tet: «Die Zivil­ehe bezweckt die Ein­tra­gung des Kin­des­ver­hält­nis­ses in ein bestän­di­ges Insti­tut, nament­lich zum Schutz der Mut­ter und des Kin­des. Auch das katho­li­sche Sakra­ment der Ehe «fei­ert vor Gott die Ver­ei­ni­gung von Mann und Frau als in Lie­be ange­leg­tes gemein­sa­mes, sta­bi­les und für die Fort­pflan­zung offe­nes Leben.»

Knack­punkt Fortpflanzungsmedizin

Die Nut­zung der Repro­duk­ti­ons­me­di­zin ist für die Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz der Knack­punkt, und zwar ganz gene­rell, egal, ob durch hete­ro- oder homo­se­xu­el­le Paa­re. «Im Bewusst­sein die­ser schwer­wie­gen­den ethi­schen Her­aus­for­de­run­gen kann die SBK den Ent­wurf ‚Ehe für alle’ in die­ser Form nicht anneh­men», schlies­sen die Schwei­zer Bischöfe.

Längst über­fäl­lig

Die Befür­wor­ter sind der Ansicht, Homo- und Bise­xua­li­tät sei­en längst Nor­ma­li­tät. Mit der «Ehe für alle» wer­de gleich­ge­schlecht­li­chen Paa­ren eine voll­wer­ti­ge gesell­schaft­li­che Aner­ken­nung gewährt. Die­ser Schritt sei längst überfällig.


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