Die Apo­the­ke im Garten
«Das ist ein Maiglöckchen, kein Bärlauch», erklärt Beate Eckerlin auf der Führung im Heilkräutergarten Mariastein.
Bild: © Wal­traud Blaurock

Die Apo­the­ke im Garten

Beate Eckerlin zeigt den Kräutergarten Mariastein

Die Pflanzenheilkundlerin möchte den Garten und seine Schätze vielen Menschen zugänglich machen. Eine Reihe von Gartenführungen laden zu einer ersten Begegnung ein.

«Um Bären­kräf­te zu erlan­gen, assen die Men­schen zu Früh­jahrs­be­ginn am Grün­don­ners­tag Bär­lauch­sup­pe», erzählt Bea­te Ecker­lin im Heil­pflan­zen- und Gewürz­kräu­ter­gar­ten des Klo­sters Maria­stein. An die­sem Frei­tag­abend Mit­te März lei­tet sie die erste von acht Füh­run­gen zum The­ma Heil­kunst im Klo­ster­gar­ten. Seit sechs Jah­ren küm­mert sich Bea­te Ecker­lin gemein­sam mit dem Haus­mei­ster Röbi Husi­st­ein und des­sen Team um den Gar­ten. Die­ser liegt aus­ser­halb der Klo­ster­mau­ern und ist nicht etwa Jahr­hun­der­te alt, son­dern wur­de von den Fran­zis­ka­ne­rin­nen von Erlen­bad Anfang der 1990er-Jah­re ange­legt. Der Gar­ten ist nach Anwen­dungs­be­rei­chen der Pflan­zen in zehn Fel­der ein­ge­teilt, in deren Mit­te ein run­des Rosen­beet. Rund 200 Kräu­ter wach­sen hier gegen aller­lei Übel.

Vor­sicht beim Pflücken

Wer sich für Heil­kräu­ter inter­es­siert, merkt bald, dass bei ihrer Ver­wen­dung auch Vor­sicht gebo­ten ist. Den Bär­lauch etwa soll­te die Samm­le­rin nicht mit dem Mai­glöck­chen, der Herbst­zeit­lo­sen oder dem Aron­stab, die unge­niess­bar sind, ver­wech­seln. Bea­te Ecker­lin zeigt den Teil­neh­men­den, wor­auf sie ach­ten müs­sen: Die Blät­ter des Bär­lauchs sind matt­grün an der Ober- und Unter­sei­te, und jedes Blatt wächst ein­zeln aus dem Boden. Aus­ser­dem riecht der Bär­lauch unver­kenn­bar, und die Spa­ghet­ti mit Bär­lauch­pe­sto erschei­nen sofort vor dem inne­ren Auge.

Heil­kunst im Klostergarten

Heil­pflan­zen und ihre Weis­hei­ten haut­nah ent­decken und erleben.

Kurs­lei­tung: Bea­te Eckerlin
Daten: Jeweils Frei­tag, 11.04., 16.05., 20.06., 18.07., 15.08., 19.09., 17.10.
Zeit: 16:00 Uhr bis 17:00 Uhr
Unko­sten­bei­trag: CHF 15.- (Bezah­lung vor Ort, bar oder per TWINT)
Anmel­dung: Bis einen Tag vor dem Anlass bei Bea­te Ecker­lin oder an der Klosterpforte.
Tele­fon: +41 79 108 37 02
E‑Mail Bea­te Ecker­lin:
Bit­te: Kon­takt­da­ten ange­ben, soll­te der Anlass wit­te­rungs­be­dingt oder man­gels Teil­neh­men­den abge­sagt werden.

Bären­stark und kräf­tig in der Nase: der Bär­lauch © Wal­traud Blaurock

Pflan­zen für die Hausapotheke

Da es Mit­te März ist, zei­gen sich erst weni­ge Pflan­zen in den Bee­ten, dar­un­ter die Schlüs­sel­blu­me. Ihr bota­ni­scher Name lau­tet Pri­mu­la veris, was über­setzt wird mit «die erste des Früh­lings». Dazu erzählt Bea­te Ecker­lin, die sonst in einer Bank arbei­tet und sich berufs­be­glei­tend zur Pflan­zen­heil­kund­le­rin hat aus­bil­den las­sen, dass das ech­te Schlüs­sel­blüm­chen bei uns geschützt ist. Aus­gra­ben in der frei­en Wild­nis ist also ver­bo­ten! Wer das sam­tig behaar­te Pflänz­chen für sei­ne Haus­apo­the­ke brau­chen möch­te, pflanzt es also am besten selbst an. Die Schlüs­sel­blu­me besit­ze einen hohen Gehalt an Sapo­ni­nen, an Sei­fen­stof­fen, die die Pflan­ze selbst vor Erre­gern und Pilz­be­fall schütz­ten. Die­se wirk­ten beim Men­schen ent­zün­dungs­hem­mend und anti­vi­ral, sagt Bea­te Ecker­lin und emp­fiehlt den Schlüs­sel­blu­men­tee zum Lösen fest­sit­zen­den Sekrets in Nasen­ne­ben­höh­len und Bronchien.

Tipps von Hil­de­gard von Bingen

Für die Heil­kräu­ter­gär­ten wird oft das über­lie­fer­te Wis­sen der Kir­chen­leh­re­rin Hil­de­gard von Bin­gen ver­wen­det. Die umtrie­bi­ge Klo­ster­frau leb­te im 12. Jahr­hun­dert und hat in der Schrift «Cau­sae et curae» fest­ge­hal­ten, mit wel­cher Pflan­ze wel­che Krank­heit behan­delt wer­den soll. Auch Bea­te Ecker­lin ver­weist bei der Schlüs­sel­blu­me auf die mit­tel­al­ter­li­che Kräu­ter­spe­zia­li­stin. Sie emp­fahl gegen die Melan­cho­lie die Pflan­ze auf Brust und Herz zu legen.

Erste Schrit­te im Garten

Mit Bea­te Ecker­lins Tipps gelingt der Ein­stieg ins Gar­ten­jahr auch den Frischlingen

  • Das Säen ist eine Wis­sen­schaft für sich. Es sind unter­schied­li­che opti­ma­le Zeit­punk­te, Direkt­aus­saat oder Vor­zucht, Saat­tie­fe, Stand­ort, Giess­be­darf und oft die Not­wen­dig­keit des Ver­ein­zelns nach einer gewis­sen Zeit ange­bracht. Am besten folgt man genau den Hin­wei­sen auf der Saatgutpackung.
  • Pflan­zen brau­chen kei­nen Kunst­dün­ger. Brenn­nes­sel­jau­che und Schaf­dung sind wun­der­ba­re bio­lo­gi­sche Alter­na­ti­ven, vor allem für nähr­stoff­lie­ben­de Pflan­zen. Es gibt jedoch auch Pflan­zen, die nähr­stoff­ar­me Böden bevor­zu­gen. Dazu zäh­len vie­le Heil­pflan­zen. Deren Böden kann man zum Bei­spiel durch Sand oder Kies aufwerten.
  • Beim Gies­sen gilt: Weni­ger ist mehr und lie­ber ein­mal rich­tig als immer nur ein biss­chen. Pflan­zen wer­den sonst ver­weich­licht. Sie müs­sen ler­nen, mit Trocken­pha­sen umzugehen.
  • Schnecken hält man am besten im Zaum, wenn sie mor­gens und abends abge­sam­melt und weit ent­fernt in einem unge­nutz­ten Wie­sen­stück wie­der abge­legt werden.
  • Beach­te «gute und schlech­te» Nach­barn bei dei­nen Pflan­zen. Tipps dazu fin­det man in Fach­li­te­ra­tur oder online.
  • Die mei­sten Pflan­zen kön­nen über den Win­ter ste­hen gelas­sen und erst im Früh­jahr zurück­ge­schnit­ten wer­den. Dies sieht nicht nur hübsch aus, son­dern bie­tet Insek­ten und Vögeln sowohl Schutz als auch Nah­rung über den Winter.

 

Noch ist nicht viel zu sehen im Heil­kräu­ter­gar­ten, aber ein­zel­ne Pflan­zen wie das Schlüs­sel­blüm­chen kün­den den Früh­ling an. © Wal­traud Blaurock

Brenn­nes­sel-Super­kraft

Die Füh­rung endet bei der Brenn­nes­sel. Cäsars Trup­pen hät­ten die Pflan­zen in den nor­di­schen Pro­vin­zen ein­ge­führt, weil sie die fase­ri­gen Stän­gel zur Her­stel­lung von Tau­en und Gewe­ben ver­wen­det hät­ten, erklärt die Pflan­zen­heil­kund­le­rin. Der Ver­wen­dungs­zweck ver­ber­ge sich im Namen: Nes­sel lei­tet sich vom ger­ma­ni­schen Wort «Nez­ze» ab, was Zwirn bedeu­tet – ein reiss­fe­stes Garn aus meh­re­ren gedreh­ten Fäden. Reiss­fe­ster als Hanf und fei­ner als Baum­wol­le sei das Brenn­nes­sel-Gewe­be, erklärt Bea­te Ecker­lin. Alle Tei­le der Pflan­ze könn­ten zu medi­zi­ni­schen Zwecken ver­wen­det wer­den. Das Kraut sei stoff­wech­sel­för­dernd, die Samen vita­li­sier­ten bei Erschöp­fungs­zu­stän­den und die Wur­zel wir­ke krampf­lö­send, um nur eini­ge Wirk­wei­sen zu nennen.

Nach dem Besuch bei Bär­lauch, Schlüs­sel­blu­me und Brenn­nes­sel ist die Füh­rung im Heil­kräu­ter­gar­ten zu Ende. Der Gwun­der auf die wei­te­ren Heil­pflan­zen, die in den kom­men­den Wochen zu spries­sen begin­nen, ist geweckt. Rin­gel­blu­me, Kamil­le und Gewürz­fen­chel freu­en sich auf Besuch.

Eva Meienberg
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