Der Ver­zicht auf eine Anzei­ge ist nicht mehr zulässig

Der Ver­zicht auf eine Anzei­ge ist nicht mehr zulässig

Der Ver­zicht auf eine Anzei­ge ist nicht mehr zulässig

Kirch­li­che Amts­trä­ger müs­sen neu auch sexu­el­len Miss­brauch von Erwach­se­nen immer anzeigen

Kirch­li­che Amts­trä­ger sind neu auch bei erwach­se­nen Opfern ver­pflich­tet, bei Ver­dacht auf ein Offi­zi­al­de­likt den Fall der staat­li­chen Justiz zu mel­den. Die Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz (SBK) hat ihre Richt­li­ni­en im Umgang mit sexu­el­lem Miss­brauch verschärft.Bei min­der­jäh­ri­gen Opfern waren kirch­li­che Amts­trä­ger schon bis­her zur Anzei­ge ver­pflich­tet. Bei Erwach­se­nen wur­de bis jetzt nur dann Anzei­ge erstat­tet, wenn das Opfer sich damit ein­ver­stan­den erklär­te, erläu­ter­te der Bas­ler Bischof Felix Gmür an der Medi­en­kon­fe­renz der SBK in St. Gal­len. Den Bischö­fen ist jedoch die Ver­tu­schungs­ge­fahr zu gross, wie Gmür aus­führ­te: «Es hilft den Opfern nicht, wenn die Fäl­le nicht der Justiz gemel­det wer­den, und es ist auch eine Gefahr für künf­ti­ge Opfer.» Auf Nach­fra­ge prä­zi­sier­te Gmür in St. Gal­len, dass die Ansprech­per­son des Bis­tums, jeden­falls im Bis­tum Basel, kei­ne Mel­de­pflicht habe. «Sie macht nichts, was das Opfer nicht möch­te.» Wie jedes Jahr prä­sen­tier­ten die Bischö­fe die jüng­sten Zah­len zu sexu­el­len Über­grif­fen im kirch­li­chen Umfeld. Im Jahr 2017 fällt eine Zunah­me der gemel­de­ten Fäl­le auf 65 gegen­über je 24 in den bei­den Vor­jah­ren auf. Von den 65 Fäl­len hät­ten 56 vor 1990 statt­ge­fun­den und sei­en somit ver­jährt. Die SBK führt die Zunah­me der Mel­dun­gen auf ver­schie­de­ne Grün­de zurück: Einer­seits habe die SBK Ende 2016 in einer Buss­fei­er in Sit­ten mög­li­che wei­te­re Opfer dazu auf­ge­ru­fen, sich bei den diö­ze­sa­nen Fach­gre­mi­en zu mel­den. Im Jahr 2017 sei zudem der Genug­tu­ungs­fonds in den Medi­en The­ma gewe­sen. Opfer ver­jähr­ter Fäl­le kön­nen einen finan­zi­el­len Bei­trag aus die­sem Fonds bean­tra­gen.

Gröss­ter Teil der Täter männlich

In den acht Jah­ren von 2010 bis 2017 wur­den ins­ge­samt 283 Fäl­le von sexu­el­len Über­grif­fen gemel­det. Die mei­sten Vor­fäl­le fan­den vor 1990 statt, sind also bereits ver­jährt. Eine Tabel­le zeigt, dass der gröss­te Teil der Täter Män­ner waren, näm­lich ins­ge­samt 234 gegen­über 26 Täte­rin­nen (bei 41 Fäl­len ist das Geschlecht der Täter nicht bekannt.) Bei den männ­li­chen Tätern han­delt es sich in 141 Fäl­len um Welt­prie­ster, in 93 Fäl­len um Ordens­män­ner, Dia­ko­ne, nicht ordi­nier­te Theo­lo­gen und ande­re Ange­stell­te der Kir­che. Die Opfer sei­en in 83 Fäl­len Kin­der unter 12 Jah­ren, 28 Mäd­chen zwi­schen 12 und 16 Jah­ren und 83 Jun­gen im glei­chen Alter, aus­ser­dem 52 Män­ner und 46 Frau­en. Ein wei­te­res Opfer sei männ­lich, bei 18  Opfern gebe es kei­ne nähe­ren Anga­ben. Die Sta­ti­stik unter­schei­det ver­schie­de­ne Arten von Über­grif­fen, von sexu­ell gefärb­ten Äus­se­run­gen, Gesten oder Avan­cen bis zu Ver­ge­wal­ti­gung oder Schän­dung. Die Daten sind auf der Web­site www.bischoefe.ch ver­öf­fent­licht. Gmür hielt fest, dass die Anzahl sexu­el­ler Über­grif­fe seit 2001 ins­ge­samt zurück­ge­gan­gen sei. In jenem Jahr hat­te die SBK erst­mals Richt­li­ni­en zum Umgang mit sexu­el­lem Miss­brauch erstellt, die 2016 in drit­ter Auf­la­ge über­ar­bei­tet wur­den. Erneut rief Gmür all­fäl­li­ge Opfer dazu auf: «Mel­det euch beim diö­ze­sa­nen Fach­gre­mi­um, damit euch Recht wider­fah­ren kann.»

Das wur­de im Jahr 2017 gemeldet

Im Jahr 2017 wur­den den diö­ze­sa­nen Fach­gre­mi­en ins­ge­samt 65 Fäl­le von sexu­el­lem Miss­brauch gemel­det. Die mei­sten davon sei­en ver­jährt, hiess es an der Medi­en­kon­fe­renz der Schwei­zer Bischö­fe in St. Gal­len. Laut der Sta­ti­stik der SBK fal­len 56 der im letz­ten Jahr gemel­de­ten 65 Fäl­le in die Zeit vor 1991, zwei kön­nen zeit­lich nicht zuge­ord­net wer­den. Bei den sie­ben Mel­dun­gen von Ereig­nis­sen aus der Zeit ab 1991 rich­te­ten sich die Über­grif­fe in drei Fäl­len gegen erwach­se­ne Frau­en in einem Abhän­gig­keits­ver­hält­nis. In einem Fall ging es um ein Ver­hält­nis zwi­schen einem älte­ren Prie­ster und einem 17-jäh­ri­gen Mann. In einem ver­jähr­ten Fall von Anfang der 1990er-Jah­re han­del­te es sich um Berüh­run­gen und Ähn­li­ches eines Prie­sters gegen­über einem Mäd­chen zwi­schen 7 und 10 Jah­ren. Bei zwei wei­te­ren Mel­dun­gen lag kein sexu­el­ler Über­griff vor. Syl­via Stam, kath.ch/cva
Christian von Arx
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