«Der Preis soll auch ein Statement sein»
Die Frauensynode findet zwar erst im August 2016 in Aarau statt, erhält aber schon heute Freitag den Frauenpreis des Aargauischen Katholischen Frauenbundes (AKF). Vroni Peterhans ist die Präsidentin der vorbereitenden Kommission. Sie zeigt auf, dass der Frauenpreis immer wieder auch ein Statement sein soll und erklärt, warum die Frauensynode die ideale Preisträgerin ist. Die Preisverleihung findet heute Freitag, 6. November, in der reformierten Kirche in Baden statt.
Jedes Jahr vergibt der Aargauische Katholische Frauenbund (AKF) den Frauenpreis. Dieser gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen im Aargau und ist mit 20 000 Franken dotiert. Die Auszeichnung wird an gemeinnützige Institutionen oder Einzelpersonen verliehen, die sich für das Wohl von Frauen und Kindern einsetzen. Dieses Jahr geht der Preis an die Schweizer Frauensynode, die im August 2016 in Aarau stattfindet.
Ökumenische Aufbruchstimmung
Der katholische Preis wird heute Freitag, 6. November, in der reformierten Kirche Baden verliehen. Das kommt nicht von ungefähr. Der geschichtliche Rückblick klärt auf. Die Aufbruchstimmung nach dem Vatikanischen Konzil (1962 – 1965) motivierte Frauen, ihre Spiritualität kreativ zu gestalten, und dank den überarbeiteten Vorschriften der katholischen Kirche war dies nun auch ökumenisch möglich. Feministisch-theologische Frauen lancierten 1986 die Idee eines Schweizer «Frauen-Kirchen-Tages», wie es in der Darstellung der «Frauensynode» heisst. Der Frauen-Kirchen-Tag fand 1987 in Luzern und 1990 in Interlaken statt. 1993 gelangten Frauen aus Europa, die eine Europäische «Frauensynode» organisieren wollten, an die Schweizerinnen. Als Nebenprodukt dieser Begegnung wurde in der Schweiz der Kirchen-Tag in Synode umbenannt. Wie Susanne Andrea Birke von der Projektgruppe Frauensynode 2016 gegenüber kath.ch erklärte, wurde der Frauen-Kirchen-Tag von Anfang an ökumenisch geführt.
Bundesrätin Leuthard angefragt
Die «1. Schweizer Frauensynode» fand 1995 in St. Gallen statt. Weitere folgten in Biel, Basel, Luzern, und die letzte im Jahr 2011 in Zürich. Zwischen 500 und 1 000 Frauen befassen sich an dieser Zusammenkunft mit kirchlichen und gesellschaftlichen Themen. Die nächste Frauensynode findet am 28. August 2016 in Aarau statt. Das Thema steht bereits fest: «Energie – bestärken bewegen bewirken». Als Gastrednerin wurde die ebenfalls aus dem Aargau stammende Bundesrätin Doris Leuthard angefragt.
Finanzielle Mittel aus Sanatorium-Verkauf
Der AKF-Frauenpreis hat seine besondere Geschichte. 1915 beklagten sich Patientinnen beim Aargauischen Katholischen Frauenbund über mangelnde religiöse Betreuung in den Kliniken des Kantons. Der Aargauer Verband suchte Hilfe in anderen Kantonen. Es kam zur Gründung des Vereins «Sanitas». 1916 eröffnete dieser in Davos ein Pflegehaus, sechs Jahre später das Lungensanatorium Sanitas. Als dieses im Jahr 1990 verkauft wurde, setzte sich der AKF dafür ein, dass er einen gerechten Anteil am Verkaufserlös erhielt. Das Geld wurde im AKF-Sanitas-Fonds angelegt. Dieser erlaubt es nun dem Frauenbund, jährlich einen Preis an eine Organisation oder Einzelperson zu vergeben.
Sich umhören, umschauen und Zeitung lesen
Vroni Peterhans aus Künten ist Präsidentin der vorbereitenden Kommission für die Preisverleihung des AKF. Sich umschauen, umhören und regelmässig Zeitung lesen hilft den Kommissions-Mitgliedern, mögliche Preisträgerinnen zu finden. Bei der Kandidatinnen-Suche kann die Sanitas-Kommission auf die Unterstützung durch zahlreiche AKF-Frauen zählen, die ebenfalls Augen und Ohren offenhalten. Vroni Peterhans verrät: «Wir haben eine Liste mit etwa 20 Frauen oder Projekten, die in Frage kommen.» Es sei aber nicht jedes Jahr gleich einfach, den Preis zu vergeben: «Manchmal braucht es fast eine Kampfentscheidung, in anderen Jahren scheint kein Vorschlag richtig zu zünden.» Es gebe auch Projektverantwortliche, die sich selber um den Preis bewerben, sagt Vroni Peterhans. «Anfangs schien es mir ein wenig merkwürdig, dass jemand Anspruch auf einen Preis erhebt. Aber mittlerweile bin ich der Meinung, dass es legitim sein kann, sich selber vorzuschlagen. Es gibt gute Projekte, die auf Geld angewiesen sind.» Und da hilft der AKF-Frauenpreis gleich zweifach: mit 20 000 Franken sowie eine verstärkten Medienpräsenz.
Preisvergabe an Aargau gebunden
Für die Preisvergabe gelten die Rahmenbedingungen, dass entweder die Preisträgerin Aargauerin ist oder das preisgekrönte Projekt im Aargau zu Hause sein muss. Hinzu komme, dass das Projekt ein langfristiges sein müsse, hält Vroni Peterhans fest. «Der Umstand, dass die Frauensynode nächstes Jahr in Aarau stattfindet, erlaubt es uns, dieses Projekt auszuzeichnen.»
Der Preis setzt ein Zeichen
Vroni Peterhans findet, dass die Preisvergabe auch ein Statement sein darf und soll. So zeichnete der AKF im vergangenen November den Verein «Netzwerk Asyl» aus, nachdem im Februar desselben Jahres die Masseneinwanderungs-Initiative angenommen worden war. «Mit der Preisvergabe an Netzwerk Asyl setzten wir ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit.» So auch dieses Jahr: Die vor zwei Wochen abgeschlossene Familiensynode in Rom ruft förmlich danach, der Frauensynode grössere Aufmerksamkeit zu widmen. Umso mehr, als bei der Familiensynode die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer Männer waren. «Gerne hätten wir die Preisverleihung schon im Oktober gemacht, um diese Parallele noch deutlicher zu machen.», sagt Vroni Peterhans.
Verweis aufs zweite Vatikanische Konzil
Ins Jahr 2015 fällt auch das 50-Jahre-Jubiläum des Konzil-Endes. Das scheine aber niemanden mehr sonderlich zu interessieren, stellt Vroni Peterhans fest: «Dieses Jubiläum hat wenig Resonanz ausgelöst.» Ein beabsichtigter Nebeneffekt des Preises sei deshalb auch der Verweis aufs zweite Vatikanische Konzil, aus dem die Frauensynode entstanden ist. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil sei es auch katholischen Frauen möglich, mit anderen Frauen zusammen Frauenspiritualität zu feiern. Die ersten Anlässe der Frauensynode waren «eher kämpferisch», in den vergangenen Jahren «eher bestärkend, nähernd und die Frauenspiritualität feiernd», erklärt Vroni Peterhans.
Lesenacht
Die Preisverleihung am 6. November in Baden trägt der ökumenischen Dimension der Frauensynode Rechnung. Als Ausdruck gelebter Ökumene beginnt die Preisübergabe mit einer ökumenischen Frauenfeier und endet mit einer Lesenacht. Biblische Frauentexte stehen im Zentrum der Lektüre. Die Texte sollen gelesen, erzählt und besungen werden.
Die AKF-Frauenpreis-Trägerinnen von 1997 bis 20151997: Frauenhaus Aargau
1998: Shoshana Hofer für ihren Einsatz für Alzheimerkranke im Sunnähus in Hettenschwil
1999: Haus “Mutter und Kind”, Nussbaumen
2000: Frauenberatungsstellen AEF und Fricktal
2001: Luise Thut, Zufikon, Gründerin Aargauer Hospiz-Verein
2002: Aargauer FrauenLandsGemeinde
2003: Margrit Fuchs, Windisch, Entwicklungsarbeit für Waisen- und Strassenkinder in Ruanda
2004: Doris Erbacher, Lenzburg, Gründerin des Geburtshauses “Storchenäscht”
2005: Fachstelle Kinder+Familie, Baden (ehemals Kinderbüro)
2006: Muttertagsfonds des AKF (10. Sanitas-Frauenpreis)
2007: Verein MigrantInnenRaum Aargau
2008: Hildegard Muntwyler, Wohlen
2009: Kloster St. Martin, Hermetschwil und Frauenkichenfest Aargau
2010: Die Dargebotene Hand, Telefon 143, Aargau
2011: Hospiz Verein Aargau
2012: AKF-Jubiläumsbuch “unbändig — was Frauenbande bewirken”
2013: Lisbeth Brogli, Möhlin
2014: Verein Netzwerk Asyl Aargau