«Der Pfar­rer darf das Vater­un­ser singen»

  • Der Bun­des­rat hat ver­gan­ge­nen Frei­tag das gemein­sa­me Sin­gen ver­bo­ten. Der Schwei­ze­ri­sche Katho­li­sche Kir­chen­mu­sik­ver­band (SKMV) ruft zum Wider­stand auf.
  • Und was bedeu­tet das Ver­bot für die Lit­ur­gie? «Der Pfar­rer darf wei­ter­hin das Vater­un­ser sin­gen», sagt der Kir­chen­mu­si­ker Tho­mas Halter.

Bun­des­rat erlässt Singverbot

Als Ende Okto­ber das Sin­gen fak­tisch ver­bo­ten wur­de, war die Kon­ster­na­ti­on in der Sing-Sze­ne der Schweiz gross. So fühl­ten sich ins­be­son­de­re die Chö­re als beson­ders gefähr­li­che Ansteckungs­quel­len abge­stem­pelt. Dabei hat­te die IG CHora­ma, der Zusam­men­schluss aller Ver­bän­de des Chor­we­sens, im Som­mer grif­fi­ge Schutz­kon­zep­te erar­bei­tet, um siche­re Chor­pro­ben und Auf­trit­te zu ermög­li­chen. Letz­ten Frei­tag ging der Bun­des­rat noch­mals einen Schritt wei­ter und ver­bot das Sin­gen aus­ser­halb des Fami­li­en­krei­ses ganz. Das gilt auch für Got­tes­dien­ste. Eine Aus­nah­me gibt es nur für pro­fes­sio­nel­le Chö­re. Das neue Sing­ver­bot des Bun­des­ra­tes nimmt der Schwei­ze­ri­sche Katho­li­sche Kir­chen­mu­sik­ver­band (SKMV) mit gröss­tem Unver­ständ­nis zur Kennt­nis. Er ruft dazu auf, eine Peti­ti­on zu unter­schrei­ben, die einen Aus­stieg aus dem Chor­ver­bot for­dert. Bereits 13’000 Per­so­nen unter­stüt­zen das Anliegen.

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Herr Hal­ter, was bedeu­tet das Gesangs­ver­bot für die Lit­ur­gie? Darf das Hoch­ge­bet jetzt nur noch gespro­chen wer­den?
Tho­mas Hal­ter: Nein. Es darf wei­ter­hin gesun­gen wer­den. Der Pfar­rer kann bei­spiels­wei­se auch das Vater­un­ser wei­ter­hin sin­gen. Das zählt zwar nicht zum pro­fes­sio­nel­len Bereich. Aber: das gemein­sa­me Sin­gen wur­de ver­bo­ten. Ein­zel­per­so­nen sind ausgenommen.

Was bedeu­tet das Ver­bot für Ein­sie­deln? Die haben zum Teil Pro­fi-Musi­ker. Dür­fen die gemein­sam Sin­gen?
Pro­fes­sio­nel­le Sän­ger sind vom Sing­ver­bot nicht betrof­fen. Ich wür­de den Klo­ster­ge­mein­schaf­ten raten zu protestieren.

Heisst das: Die ein­zi­ge Mög­lich­keit, aktu­ell in Kir­chen Gesang zu erle­ben, sind Pro­fi-Chö­re oder ein Kan­tor?
Stand jetzt: Ja, leider.

Anders als etwa in Syn­ago­gen fri­stet der Beruf des Kan­tors bei den Katho­li­ken ein Schat­ten­da­sein. Man erwar­tet einen Orga­ni­sten oder Chor­lei­ter – weni­ger einen Solo-Sän­ger. Wir der Kan­tor-Beruf nun auf­ge­wer­tet?
Ich weiss nicht, ob der Kan­tor ein Schat­ten­da­sein fri­stet, weil man lie­ber den Gemein­de­ge­sang oder den Chor will. Häu­fig dürf­te es eine Res­sour­cen­fra­ge sein. Eine Renais­sance des Kan­tor-Berufs wür­de ich nun nicht gera­de pro­phe­zei­en. Aber dort, wo Kan­to­ren bereits ein­ge­setzt sind, gewin­nen die­se sicher an Bedeu­tung. Und andern­orts wer­den wohl mehr Bestre­bun­gen in die Rich­tung lau­fen, einen zu haben. Das Pro­blem ist damit aber nicht gelöst.

War­um?
Das lit­ur­gi­sche Sin­gen darf der Got­tes­dienst­ge­mein­de nicht weg­ge­nom­men wer­den. Es ist eine beson­de­re Ver­bin­dung zur Lit­ur­gie und stärkt die Gemein­schaft der Gläu­bi­gen. Der per­sön­li­che, gemein­schaft­li­che Lob­preis Got­tes durch die ver­sam­mel­te Gemein­de kann nicht durch eine Per­son ersetzt wer­den. Schon gar nicht auf Dau­er. Der Kan­tor oder die Kan­to­rin soll­te auch die Gemein­de zum Sin­gen ani­mie­ren kön­nen – beson­ders bei Wech­sel­ge­sän­gen, die aber nun auch wegfallen.

Andreas C. Müller
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