Der Kop­ten-Papst auf Besuch in Bad Zurzach

Welt­weit gibt es gegen 15 Mil­lio­nen kop­ti­sche Chri­sten. Tawa­dros II. ist seit Novem­ber 2012 deren Ober­haupt in Ägypten und somit offi­zi­ell «Papst von Alex­an­dri­en, Patri­arch von ganz Afri­ka und des Stuhls des hei­li­gen Markus». 

Der Moment hat den Zau­ber eines histo­ri­schen Augen­blicks. Papst Tawa­dros II. betritt am Drei­kö­nigs­tag 2014 zusam­men mit einer Entou­ra­ge von rund 20 Per­so­nen und mit Mar­cus Hüttner, Gemein­de­lei­ter ad inte­rim der Pfar­rei St. Vere­na, das Verenamünster in Bad Zurz­ach. Bei sei­nem Ein­tritt in die Kir­che berührt das Ober­haupt der kop­ti­schen Chri­sten mit sei­nem klei­nen Hand­kreuz zuerst den Boden des Münsters und küsst danach das Kreuz. Anschlies­send zieht er in Beglei­tung von Bischof Anba Gabri­el, dem Bischof der Kop­ten für Österreich und die Deutsch­schweiz, und gemein­sam mit den ande­ren anwe­sen­den Prie­stern und Gläubigen, sin­gend in die Kir­che ein. Sein Blick ist auf den prächtigen Hoch­al­tar des Münsters gerich­tet. Ara­bi­scher Gesang erfüllt Lang­haus und Chor des Münsters voll und ganz – minu­ten­lang. Danach folgt ein «Vater­Un­ser» auf Ara­bisch. Ein wahr­lich mul­ti­kul­tu­rel­ler Moment im Verenamünster von Bad Zurz­ach. Beglei­tet wird der «Ein­zug» vom unaufhörlichen Blit­zen und Klicken der Foto­ap­pa­ra­te und Smart­phones. Alle wol­len die­sen sel­te­nen Moment fes­thal- ten. Es wird auch gefilmt. Haut­nah mit dabei ist der ara­bi­sche TV-Sen­der «ctv», der offi­zi­el­le Fern­seh­ka­nal der kop­tisch- ortho­do­xen Kir­che in Ägypten.

Brücken schla­gen
Das ver­bin­den­de Ele­ment an die­sem Vor­mit­tag mit­ten im Dezem­ber ist die hei­li­ge Vere­na, die ursprünglich aus The­ben in Oberägypten stammt, aber in Bad Zurz­ach begra­ben liegt. Sie schlägt Brücken und ver­bin­det unter­schied­li­che Kon­fes­sio­nen, in die­sem Fall die katho­li­schen und die kop­ti­schen Chri­sten. Nicht nur im Pfarr­haus­gar­ten von Bad Zurz­ach ist eine Vere­na-Sta­tue zu sehen, auch im Gar­ten der Schwei­zer Bot­schaft in Kai­ro steht eine sol­che – und dies nicht ohne Grund. Die hei­li­ge Vere­na ist in Ägypten ein Begriff, seit im Herbst 1986 eine kirchlich‑ökumenische Dele­ga­ti­on aus Bad Zurz­ach der kop­ti­schen Kir­che in Ägypten Reli­qui­en der hei­li­gen Vere­na überbrachte jedoch noch mehr als zuvor. Die Ver­bin­dung zur Bad Zurz­a­cher Vere­na wur­de mit einer zwei­ten Reliquien‑Übergabe im Rah­men eines Bischofs­be­suchs im Flecken vor sechs Jah­ren wei­ter gefestigt.

Ein Stück Papy­rus, eine Kreuz­iko­ne und Reli­qui­en
Dass der kop­ti­sche Papst persönlich in Bad Zurz­ach vor­bei­schaut, ist den­noch eine Pre­mie­re und ein Ereig­nis mit Sel­ten­heits­wert. Gemein­de­lei­ter Mar­cus Hüttner sprach dar­um im persönlichen Aus­tausch mit Papst Tawa­dros II. von einer gros­sen Ehre und von einem Ereig­nis, das die hei­li­ge Vere­na im Him- mel sicher begrüsse. Der Papst selbst erwi­der­te die aner­ken­nen­den Wor­te und lud Hüttner sei­ner­seits zu einem Besuch nach Ägypten ein. Im glei­chen Atem­zug überreichte er eine histo­ri­sche Papy­rus­schrift und eine wunderschön ver­ar­bei­te­te Kreuz­iko­ne, wie sie bei den Kop­ten aus Ägypten Tra­di­ti­on hat. Bei der anschlies­sen­den Führung durchs Verenamünster – gelei­tet wur­de die Grup­pe von Arthur Vögele, Stiftungsratspräsident der St. Vere­na-Stif­tung – gab’s für die päpstliche Grup­pe einen histo­ri­schen Abriss im Kurz­raf­fer, qua­si mit simul­ta­ner Arabischübersetzung. Höhepunkt war dann sicher­lich die Übergabe von klei­nen Reli­qui­en an den Papst und zwei­er sei­ner Bischöfe. Sofort woll­ten alle Mit­glie­der der kop­ti­schen Gemein­de den Gegen­stand küssen. Aus Bad Zurz­a­cher Sicht ein High­light war das dar­auf­fol­gen­de gemein­sa­me Gebet mit dem «ande­ren» Papst. 

Der hei­li­gen Vere­na näherkommen
Den Abschluss des geschichtsträchtigen Besuchs mar­kier­ten dann drei kur­ze Hal­te: Ein kur­zer Besuch des ältesten in Bad Zurz­ach erhal­te­nen Fres­kos der hei­li­gen Vere­na aus dem 15. Jahr­hun­dert, ein kur­zer Besuch des Kir­chen­schat­zes – Papst Tawa­dros II. durf­te mit dem Vere­na-Arm die bedeu­tend­ste Reli­quie in die Hand neh­men – und zum Schluss ein kur­zer Besuch der Kryp­ta inklu­si­ve Pre­digt des Pap­stes. Die Stipp­vi­si­te dau­er­te ins­ge­samt nicht lan­ge. Etwa um 10.45 Uhr kam der Tross an, genoss im Forum kurz Tee und Gebäck und ver­liess den Flecken nach dem Mit­tag­essen bereits wie­der. Papst Tawa­dros II. befin­det sich zur­zeit auf einer Euro­pa­rei­se und besucht neben Bad Zurz­ach (und dem Klo­ster Ein­sie­deln) auch eini­ge der kop­ti­schen Haupt­ge­mein­den in Deutsch­land und Österreich. Den Besuch von St. Mau­rice im Wal­lis hat er für nächstes Jahr angekündigt.

Tho­mas Färber

Redaktion Lichtblick
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