Der hohe Preis der Billigmode

Der hohe Preis der Billigmode

Der hohe Preis der Billigmode

«Fair-» statt «Fast-Fashion»: Ethi­sche Aspek­te der Textilproduktion

Immer schnel­ler, immer bil­li­ger: Die­ser Trend in der Mode­bran­che hat eine häss­li­che Kehr­sei­te mit Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen und Umwelt­ver­schmut­zung. An der 3. Bas­ler Som­mer­aka­de­mie unter dem Titel «More Than Fashion» waren ethi­sche Gesichts­punk­te der Tex­til­pro­duk­ti­on ein Thema.Im April 2013 alar­mier­te die Kata­stro­phe in den Tex­til­fa­bri­ken im Gebäu­de­kom­plex Rana Pla­za in Ban­gla­desch die Welt­öf­fent­lich­keit. Beim Ein­sturz des acht­stöcki­gen Gebäu­des star­ben mehr als 1000 Men­schen, mehr als 2000 erlit­ten Ver­let­zun­gen. Der Fall Rana Pla­za weist ankla­gend auf die pro­ble­ma­ti­schen Bedin­gun­gen in der Tex­til- und Schuh­pro­duk­ti­on hin. Wie kann man da noch ger­ne Klei­der kau­fen gehen?Gehen Sie ger­ne shop­pen? Mit die­ser Gret­chen­fra­ge eröff­ne­te Mode­ra­to­rin Béa­tri­ce Bowald die Dis­kus­si­on auf dem Podi­um. Für Bowald, katho­li­sche Co-Lei­te­rin des Pfarr­amts für Indu­strie und Wirt­schaft bei­der Basel, ist das Klei­der­kau­fen ein unge­lieb­tes Muss. Nina Bach­mann, Lei­te­rin Tech­no­lo­gie und Umwelt bei Swiss Tex­ti­les, hin­ge­gen geht eigent­lich ger­ne Klei­der kau­fen, am lieb­sten in Läden, nach mehr­ma­li­gem Eva­lu­ie­ren. Beim Zügeln hat sie aber fest­ge­stellt, wie­viel sich da ansam­melt.Peter Kirch­schlä­ger, Lei­ter des Insti­tuts für Sozi­al­ethik an der Theo­lo­gi­schen Fakul­tät der Uni­ver­si­tät Luzern, ist, allein schon wegen sei­ner über­durch­schnitt­li­chen Kör­per­län­ge, kein begei­ster­ter Klei­der­käu­fer. Wenn er auf die Suche geht, dann fragt er nach den Pro­duk­ti­ons­be­din­gun­gen, und die Ant­wor­ten sind oft ein Grund, nichts zu kau­fen. «Klei­der machen Spass», fin­det Andre­as Hol­zer, Ana­lyst im Invest­ment Cen­ter der Basel­land­schaft­li­chen Kan­to­nal­bank (BLKB). Beim Klei­der­kauf ver­sucht er sein beruf­li­ches Wis­sen zu nut­zen.Rana Pla­za hat dra­stisch gezeigt, wie Din­ge, die unser Leben ver­schö­nern oder zumin­dest kom­for­ta­bel machen, unter Miss­ach­tung mini­mal­ster Stan­dards pro­du­ziert wer­den. Wie und vor allem wie schnell lässt sich das ändern? «Tre­ten wir in die­ser Dis­kus­si­on an Ort oder gibt es eine posi­ti­ve Ent­wick­lung?», frag­te Bowald. Kirch­schlä­ger sieht durch­aus eine posi­ti­ve Ent­wick­lung und ver­weist auf Bestre­bun­gen für ein UN-Abkom­men zu Wirt­schaft und Men­schen­rech­ten. Die­ses soll Fir­men zur Ein­hal­tung der Men­schen­rech­te ver­pflich­ten. Bis zu Inkraft­set­zung und Umset­zung könn­ten aber noch meh­re­re Jahr­zehn­te ver­ge­hen.Seit April 2013 bewe­ge sich eini­ges, stell­te Bach­mann fest. «120 Jah­re konn­te die Tex­til­in­du­strie machen, was sie woll­te. Seit fünf Jah­ren geht das nicht mehr.» Mass­nah­men wie die Schu­lung von Mil­lio­nen von Arbei­te­rin­nen brau­chen aller­dings Zeit. Kirch­schlä­ger akzep­tiert das Zeit­ar­gu­ment nicht. «Die Indu­strie bräuch­te kei­nen Moment, wenn es um Qua­li­tät und Lie­fer­fri­sten gin­ge.» Es gehe um eine rei­ne Fra­ge des Wil­lens, ver­bun­den mit Kosten. «Es käme kei­nem Unter­neh­men in den Sinn, so etwas in Euro­pa zu machen.» Bach­mann gab zu beden­ken, dass Staa­ten, wel­che sel­ber die Men­schen­rech­te nicht ach­ten, ein wei­te­res Pro­blem sind.Dass unge­nü­gen­de Qua­li­tät und nicht ein­ge­hal­te­ne Lie­fer­fri­sten schnell zu Mass­nah­men füh­ren, hat natür­lich damit zu tun, dass sich Pro­ble­me in die­sen Berei­chen sofort auf den Umsatz aus­wir­ken. War­um läuft das nicht auch so, wenn ethi­sche Stan­dards ver­letzt wer­den? «Die Kon­su­men­ten legen nicht so viel Wert dar­auf, wie sie soll­ten», mein­te Andre­as Hol­zer. Um aber die Anle­ger zu einem Wech­sel zu über­zeu­gen, braucht er Zah­len, kon­kret wie­viel weni­ger Leu­te bei einem bestimm­ten Unter­neh­men ein­kau­fen gehen.Die BLKB rich­tet sich bei ihrer Anla­ge­po­li­tik auch nach sozia­len und öko­lo­gi­schen Kri­te­ri­en, doch Holz­ers Äus­se­run­gen lies­sen all­fäl­li­ge Illu­sio­nen schnell ver­flie­gen. «Wir inve­stie­ren in Fir­men, die sich im Ver­gleich zu ande­ren nach­hal­ti­ger ver­hal­ten.» Nach­hal­ti­ger bedeu­tet also nicht unbe­dingt nach­hal­tig. «Wir sind in einer rela­ti­ven Betrach­tung», sag­te Hol­zer. Die Bör­se sei uner­bitt­lich, es gehe dar­um, den Gewinn zu stei­gern.Wo soll man anset­zen, wer hat den gröss­ten Hebel? Es brau­che das Zusam­men­spiel aller Akteu­re, sag­te Bach­mann, und es müs­se auch bezahlt wer­den. Hol­zer sieht auch den Kun­den in der Pflicht: «Er fragt halt nie nach, woher die Unter­ho­se kommt.» Statt Ver­hal­tens­auf­ru­fen wür­de die BLKB bevor­zu­gen, wenn sich nach­hal­ti­ges Ver­hal­ten auf Umsatz und Gewinn aus­wir­ken wür­de. «Irgend jemand muss den Fir­men mal aufs Dach geben, damit sich das auf den Akti­en­kurs aus­wirkt», sag­te Hol­zer. Auf poli­ti­scher Ebe­ne gel­te es an den Rah­men­be­din­gun­gen zu schrau­ben, damit es nicht bestraft wer­de, wenn man sich kor­rekt ver­hal­te, sag­te Kirch­schlä­ger.Regu­la Vogt-Kohler

Im Label­dschun­gel

Wie kann sich der Kun­de dar­über infor­mie­ren, wel­che Stan­dards ein Unter­neh­men in der ­Tex­til­bran­che ein­hält? Labels spie­len dabei ­eine wich­ti­ge Rol­le. Hier fin­det man Informa­tionen, die hel­fen, sich im Dschun­gel der vie­len Labels zurecht­zu­fin­den: labelinfo.ch; Pro­duk­te­grup­pe «Tex­ti­li­en» label-online.de; Kate­go­rie «Beklei­dung und Schuhe»
Redaktion Lichtblick
mehr zum Autor
nach
soben