Der Blick zu den Sternen

Der Blick zu den Sternen

Psalm 34,5–9Ich such­te den HERRN und er gab mir ­Ant­wort, er hat mich all mei­nen Äng­sten entrissen. Die auf ihn blick­ten, wer­den strah­len, nie soll ihr Ange­sicht vor Scham erröten. Da rief ein Armer und der HERR erhör­te ihn und half ihm aus all sei­nen Nöten. Der Engel des HERRN umschirmt, die ihn fürch­ten, und er befreit sie. Kostet und seht, wie gut der HERR ist! Selig der Mensch, der zu ihm sich flüchtet!Ein­heits­über­set­zung 2016 

Der Blick zu den Sternen

Im Mai 1521 wird der Offi­zier Igna­ti­us von Loyo­la, der spä­te­re Hei­li­ge, bei der Schlacht um Pam­plo­na in Spa­ni­en an einem Bein schwer ver­letzt. Igna­ti­us, zu die­ser Zeit ein 30-jäh­ri­ger Lebe­mann, muss wochen­lang das Kran­ken­bett hüten auf dem Schloss sei­ner Fami­lie. Dort geht in ihm eine inne­re Wand­lung vor.In sei­nen Lebens­er­in­ne­run­gen beschreibt er, wie er in die­ser Zeit in der Nacht oft stun­den­lang den Him­mel und die Ster­ne betrach­tet habe – ein Anblick, der sein Herz sowohl mit inne­rem Trost als auch mit Begei­ste­rung für Gott erfüll­te. Dies wird ihm zur lebens­lan­gen Gewohn­heit. Er grün­det den Jesui­ten­or­den; ist viel­be­schäf­tigt. Aber noch als Ordens­ge­ne­ral in Rom betrach­tet Igna­ti­us nachts oft ganz lang und inten­siv den Ster­nen­him­mel.Das Betrach­ten des Ster­nen­him­mels hat ihm Distanz gege­ben; Distanz zu dem, was im All­tag oft so wich­tig und eitel daher­kommt. Und es hat in ihm die Lie­be zum Schöp­fer ent­zün­det.Ähn­lich ist es mir per­sön­lich ergan­gen, als ich kürz­lich in den Ber­gen unter­wegs war. Als ich vom Gip­fel aus in die Täler schau­te, wirk­te all das, was einen unten, im Gewühl der Häu­ser und Stras­sen, manch­mal bedrän­gen, stres­sen oder ner­ven kann, nur noch wie eine Spiel­zeug­land­schaft. Das gan­ze hek­ti­sche Trei­ben rück­te in die Fer­ne, und Ehr­furcht und Stau­nen erfüll­ten mein Herz.Sol­che Momen­te brau­chen wir. Momen­te, die uns erlau­ben, Distanz zu gewin­nen.Auch die Feri­en­zeit, in der wir gera­de ste­hen, kann so ein Moment sein – ein biss­chen wie ein Blick aus der Höhe oder das Betrach­ten des Ster­nen­him­mels. Selbst wenn das Rei­sen und Weg­fah­ren in die­sem Jahr nicht mehr ganz so selbst­ver­ständ­lich ist wie bis­her, so spü­ren wir doch alle, dass wir sol­che Gele­gen­hei­ten brau­chen, wo wir für kür­ze­re oder län­ge­re Zeit dem All­tag ein wenig ent­flie­hen kön­nen und Distanz gewin­nen zu all dem, was uns umtreibt und unse­ren All­tag bela­gert. Distanz, um neu zu sehen und zu unter­schei­den, was wirk­lich wich­tig ist und was sich nur wich­tig macht.Zurück zum hl. Igna­ti­us und zu sei­nem Betrach­ten des Ster­nen­him­mels: Mir gefällt die­se Art von Distanz neh­men sehr. Das ist nicht ein quä­len­des Grü­beln über sich sel­ber oder ein ange­streng­tes Kämp­fen gegen etwas, son­dern ein Sich-Öff­nen für etwas. Wer sei­ne Augen lan­ge Zeit zum nächt­li­chen Ster­nen­him­mel erhebt, der spürt bestimmt ein biss­chen etwas von der Uner­mess­lich­keit des Schöp­fers und ent­deckt dar­in gleich­zei­tig sei­ne Sor­ge für uns. Die­ser Gott hat mir/hat uns einen Platz in sei­ner Schöp­fung gege­ben. Ich bin ein Teil davon. Wenn ich die­se grund­le­gen­de Tat­sa­che betrach­te, wird mir die rech­te Distanz zu den Din­gen die­ses Lebens gege­ben. Gott kann anfan­gen, in mei­nem Leben und Her­zen zu wir­ken; er kann durch mich wir­ken. Er kann mir den Geschmack für das Ewi­ge geben.In die­sem Sinn wün­sche ich uns eine geseg­ne­te Som­mer- und Feri­en­zeit; eine Zeit der Distanz und hof­fent­lich vie­le wun­der­schö­ne Ster­nen­näch­te!Nadia Miri­am Kel­ler, Theo­lo­gin, arbei­tet als Spi­tal­seel­sor­ge­rin i.A. am St. Cla­ra­spi­tal in Basel und ab 1. August als Pfar­rei­seel­sor­ge­rin i.A. im Seel­sor­ge­ver­band Angenstein   
Redaktion Lichtblick
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