Dem Stern von Beth­le­hem auf der Spur

  • Am ver­gan­ge­nen 21. Dezem­ber konn­te man genau zur Win­ter­son­nen­wen­de eine spe­zi­el­le Pla­ne­ten­kon­stel­la­ti­on beobachten. 
  • Jupi­ter über­hol­te Saturn auf der Innen­bahn, so dass die bei­den Pla­ne­ten von der Erde aus als «Dop­pel­stern» zu sehen waren. Die bei­den Pla­ne­ten tref­fen sich etwa alle zwan­zig Jah­re. So nahe wie die­ses Jahr kom­men sie sich aber selten.
  • Die­se soge­nann­te «Gros­se Kon­junk­ti­on» fas­zi­niert Astro­no­men und Astro­lo­gen glei­cher­mas­sen. Aber auch Bibel­ken­ner inter­es­sie­ren sich für sie, denn hin­ter dem geheim­nis­vol­len Stern von Beth­le­hem könn­te eine Kon­junk­ti­on von Jupi­ter und Saturn stecken. 

Hugo Bli­kis­dorf beob­ach­tet den Him­mel seit mehr als 50 Jah­ren. Weil ihn der Blick in den Him­mel fas­zi­nier­te, bau­te er als jun­ger Elek­tro­in­ge­nieur sein erstes Tele­skop. 1980 trat er der «Ver­ei­ni­gung Stern­war­te Chei­sa­cher» bei, die auf dem Berg­rücken zwi­schen Mön­thal und Sulz seit 1966 eine Ama­teur­stern­war­te betreibt. Als Mit­glied der Stern­war­te führt Hugo Bli­kis­dorf, zusam­men mit wei­te­ren Stern­war­ten-Mit­glie­dern, immer wie­der Schul­klas­sen, Feri­en­pass­grup­pen und Ver­ei­ne in die Him­mels­be­ob­ach­tung ein.

Unse­re Heimat

Am mei­sten inter­es­sier­ten sich die klei­nen und gros­sen Besu­cher stets für die Fra­ge, was um die Erde her­um und wie gross die Ent­fer­nung zu den näch­sten Ster­nen sei, berich­tet Hugo Bli­kis­dorf. Wenn er über Ent­fer­nun­gen in Licht­jah­ren, von dunk­ler Mas­se und Ein­steins Rela­ti­vi­täts­theo­rie spricht, ist er im Ele­ment. Ange­sichts der unvor­stell­ba­ren Aus­deh­nung des Uni­ver­sums sage er sei­nen Zuhö­rern jeweils: «Die Erde ist ein Staub­korn im Uni­ver­sum. Aber sie ist unse­re Heimat.»

«Man wird viel­leicht nie alles wissen» 

Die vie­len Jah­re der Him­mels­be­ob­ach­tung hät­ten sei­nen Geist frei­er gemacht, fin­det Hugo Bli­kis­dorf. «Ich den­ke offe­ner und hin­ter­fra­ge vie­les», sagt der 72-Jäh­ri­ge. Er hält es aus, dass vie­le Zusam­men­hän­ge unge­klärt sind: «Man kann in unse­rer Gala­xie vie­les erklä­ren. Aber man weiss nicht alles – und man wird viel­leicht auch nie alles wis­sen.» Die Lei­den­schaft für die Astro­no­mie führt direkt zu den gros­sen Fra­gen, auf die wir Men­schen kei­ne Ant­wort haben. 

Doch eini­ge Din­ge sind für Hugo Bli­kis­dorf son­nen­klar: «Das Welt­all, die Mate­rie hat die Intel­li­genz, Leben her­vor­zu­brin­gen, sonst gäbe es uns nicht. Ich bin über­zeugt, dass es auch an ande­ren Orten im Uni­ver­sum Leben gibt. Aller­dings so weit weg, dass es unmög­lich ist, Kon­takt auf­zu­neh­men.» Der fort­schrei­ten­de Kli­ma­wan­del beschäf­tigt ihn stark: «Wir müs­sen die Erde, unse­re ein­zi­ge Hei­mat, bewahren.»

Stern­war­ten im Aargau

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Die Ama­teur­stern­war­te auf dem Chei­sa­cher steht auf 670 Metern über Meer auf dem Gemein­de­ge­biet von Sulz. Zwei­mal im Jahr fin­den öffent­li­che Beob­ach­tungs­aben­de statt. Für Grup­pen wer­den Füh­run­gen ange­bo­ten. Wei­te­re Stern­war­ten im Kan­ton oder knapp angren­zend befin­den sich auf der Schaf­matt bei Oltin­gen BL, im Turm der Alten Kan­ti Aar­au und auf der Nüt­zi­weid bei Schmiedrued. 

Kon­junk­ti­on als Weihnachtsstern

Die gros­se Kon­junk­ti­on von Jupi­ter und Saturn kann Hugo Bli­kis­dorf an die­sem Abend auf dem Chei­sa­cher nicht zei­gen. Der Hügel und die Stern­war­te sind in dich­ten Nebel gehüllt. Doch dass die bei­den Pla­ne­ten sich momen­tan so nahe kom­men, dass sie durch das Tele­skop im glei­chen Sicht­feld zu sehen sind, fas­zi­niert ihn. Gut mög­lich, dass sich auch die drei Wei­sen aus der Bibel von einer Drei­fach-Kon­junk­ti­on von Jupi­ter und Saturn – bei der sich die zwei Pla­ne­ten inner­halb eini­ger Mona­te drei­mal sehr nahe kom­men – im wahr­sten Sin­ne des Wor­tes bewe­gen liessen. 

Tho­mas Baer, Chef­re­dak­tor der Fach­zeit­schrift «Ori­on», schreibt in der aktu­el­len Dezem­ber-Aus­ga­be: «Die Drei­fach-Kon­junk­ti­on zwi­schen Jupi­ter und Saturn im Jahr 7 v. Chr. ist noch immer die nahe­lie­gend­ste Erklä­rung für den Stern von Beth­le­hem.» Als Erster hat­te Johan­nes Kep­ler (1571–1630) die­se Drei­fach-Kon­junk­ti­on für das Jahr 7 v. Chr. errechnet.

Stern über Palästina

Es sei durch­aus mög­lich, dass die Kon­junk­ti­on von Jupi­ter und Saturn die drei Wei­sen in Rich­tung Beth­le­hem geführt hät­te, führt Tho­mas Baer aus. Vom Zwei­strom­land aus betrach­tet, von wo aus die drei Wei­sen auf ihre 900 Kilo­me­ter lan­ge Rei­se Rich­tung Beth­le­hem auf­ge­bro­chen sein muss­ten, sei­en Jupi­ter und Saturn schon ab Sep­tem­ber im Jahr 7 v. Chr. jede Nacht in der glei­chen Him­mels­rich­tung – im West­süd­we­sten Rich­tung Palä­sti­na – unter­ge­gan­gen. «So wäre zu erklä­ren, dass die Wei­sen tat­säch­lich dem ‹Stern› über meh­re­re Mona­te hin­weg durch die Wüste fol­gen konnten.»

Von der bibli­schen Bezeich­nung der Wei­sen als «Stern­deu­ter» aus­ge­hend, gelang­te der US-ame­ri­ka­ni­sche Astro­phy­si­ker Micha­el Mol­nar im Jahr 2001 zu einer Erklä­rung für den Stern von Beth­le­hem, die Astro­no­mie und Astro­lo­gie in enge Bezie­hung stellt. Mehr über das «Königs­ho­ro­skop» erfah­ren Sie im Hori­zon­te-Arti­kel «Die Ster­ne und die Schrift füh­ren ans Ziel».

 

 

Marie-Christine Andres Schürch
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