«Das ist es, was ich machen will: mein Bestes»

  • Am 1. Mai tritt der bis­he­ri­ge Pasto­ral­raum­pfar­rer von Zuchwil, Dr. Valen­ti­ne Kole­doye, die Nach­fol­ge von Chri­stoph Ster­k­man als Bischofs­vi­kar von St. Urs an.
  • Sei­ne Ein­set­zungs­fei­er war für den 14. Mai in der Kir­che St. Franz Xaver Mün­chen­stein anbe­raumt. Doch auf­grund der Coro­na­pan­de­mie muss die­se Fei­er ver­scho­ben werden.
  • Den­noch star­tet der gebo­re­ne Nige­ria­ner Valen­ti­ne Kole­doye zuver­sicht­lich in sein neu­es Amt und ver­rät im Hori­zon­te-Inter­view, in wel­chem Geist er sei­ne Auf­ga­be mei­stern will.
 Herr Pfar­rer, bald amten Sie als Stell­ver­tre­ter unse­res Diö­ze­san­bi­schofs Felix Gmür mit allen bischöf­li­chen Rech­ten und Pflich­ten im Bischofs­vi­ka­ri­at St. Urs. Was bedeu­tet Ihnen die­ser Kar­rie­re­schritt? Valen­ti­ne Kole­doye: Zuerst möch­te ich Ihnen für Ihr Inter­es­se an einem Inter­view mit mir, noch vor der Über­nah­me mei­ner Auf­ga­ben als Bischofs­vi­kar ab dem 1. Mai, dan­ken. Bevor ich Ihre Fra­ge beant­wor­te, bit­te ich Sie, mir ein Wort zur Sor­ge wegen des gegen­wär­ti­gen Coro­na­vi­rus’ zu erlau­ben. Ich möch­te den Fami­li­en der Betrof­fe­nen mein Bei­leid aus­spre­chen und ich bete um die Gesund­heit und Sicher­heit für alle. Als Chri­sten soll­ten wir nicht ver­ges­sen, dass der Herr ver­spro­chen hat, bei uns zu sein und er wird uns nicht im Stich las­sen. Am Ende jedes dunk­len Tun­nels gibt es Licht. Wir hof­fen auf bal­di­ge Lösun­gen mit Got­tes Hil­fe.Vie­len Dank! Aber nun gern zu Ihnen… Ich sehe die Ernen­nung nicht als eine Beför­de­rung in mei­ner Kar­rie­re. Für mich ist das Prie­ster- oder Seel­sor­ge­amt kei­ne Kar­rie­re, son­dern eine Beru­fung im Dienst Got­tes und der Mit­men­schen.  Ich sehe also die Beru­fung zum Bischofs­vi­kar als Her­aus­for­de­rung, den Men­schen Got­tes im Vika­ri­at St. Urs mehr zu die­nen, ins­be­son­de­re als Ver­tre­ter des Diö­ze­san­bi­schofs Felix Gmür. Es bedeu­tet viel Arbeit, die Anlie­gen der Men­schen zum Bischof und die Anlie­gen des Diö­ze­san­bi­schofs zu den Men­schen in der Regi­on zu brin­gen.Bit­te beschrei­ben Sie für unse­re Leser in weni­gen Sät­zen ihren bis­he­ri­gen Lebens­lauf, begin­nend mit Ihrer Geburt in Nige­ria. Wie Sie erwäh­nen, wur­de ich vor 52 Jah­ren in Nige­ria in einer christ­li­chen Fami­lie gebo­ren. Ich habe in Nige­ria, den Ver­ei­nig­ten Staa­ten, Rom und Inns­bruck stu­diert. Vor 26 Jah­ren wur­de ich zum Prie­ster geweiht und habe zuerst in Nige­ria gear­bei­tet. Den gröss­ten Teil mei­nes Prie­ster­le­bens aber habe ich in der Schweiz, in Arbon, Ober­rohr­dorf, Nie­der­rohr­dorf und in Zuchwil ver­bracht, wo ich Lei­ter des Pasto­ral­raum­pro­jekts und Pasto­ral­raum­pfar­rer war. Ich war auch Dekan des ehe­ma­li­gen Deka­nats Solo­thurn und wirk­te als Vize­prä­si­dent des Diö­ze­san­prie­ster­ra­tes mit.Wel­ches war in Ihrem Leben das bis­lang ein­schnei­dend­ste, im Sin­ne von trau­rig­stem, Erleb­nis? Jedes Mal, wenn ich die Beer­di­gung eines jün­ge­ren Men­schen fei­ern muss­te oder wenn ich sehe, dass Men­schen unter den Schmer­zen unheil­ba­rer Krank­hei­ten lei­den, bin ich trau­rig. Als Prie­ster füh­le ich, was die Men­schen füh­len.Wel­chen Moment wür­den Sie hin­ge­gen ger­ne noch ein­mal erle­ben und war­um? Den Tag, an dem ich zum ersten Mal ein Kind getauft habe. Es han­del­te sich um eine beson­de­re spi­ri­tu­el­le Erleb­nis­rei­se, die man mit Wor­ten nicht beschrei­ben kann.Wel­che Art von Bischofs­vi­kar wol­len Sie sein? Mei­ne Gross­mutter hat mir damals gesagt, dass das Werk eines Prie­sters das Werk Chri­sti ist. Jesus ging zu den Men­schen in ihren Städ­ten und Dör­fern. Er brach­te ihnen die gute Nach­richt, heil­te ihre Krank­hei­ten, trö­ste­te sie in ihren Sor­gen, war ihnen nahe und leb­te mit ihnen. Jesus ist des­halb die Art von Per­son, die ich, unter der Lei­tung des Bischofs und in Zusam­men­ar­beit mit allen Seel­sor­gen­den und den Men­schen der Regi­on St. Urs, sein möch­te.In unse­rer Kir­che scheint es zwei Lager zu geben, deren Fron­ten sich zuneh­mend ver­här­ten: die soge­nannt Pro­gres­si­ven oder auch Libe­ra­len und die Kon­ser­va­ti­ven bis hin zu Vor­kon­zi­lia­ren. Wo wür­den Sie sich ein­ord­nen in die­sem Gefü­ge? Uff! Mir gefällt die Ein­stel­lung von Papst Fran­zis­kus und unse­rem Bischof Felix zum Glau­ben und der Moral. Ich weiss nicht, ob sie pro­gres­siv oder kon­ser­va­tiv ist. Ich schät­ze ihre Kir­chen­füh­rung und ich sehe mich in der Linie ihrer Vor­ge­hens­wei­se, jeden Men­schen in sei­nem eige­nen Glau­bens­ver­ständ­nis zu unter­stüt­zen. Also ich sehe mich nicht als Libe­ra­len oder Kon­ser­va­ti­ven, son­dern als jeman­den, der in der Nach­fol­ge Chri­sti sein möch­te und den Men­schen dort begeg­nen, wo sie sind.Im Seel­sor­ge­ver­band Bir­menstorf-Gebens­torf-Tur­gi tobt ein offe­ner Kon­flikt. Pfar­rei­mit­glie­der lie­gen im Clinch mit dem Kir­chen­pfle­ge­prä­si­den­ten von Gebens­torf-Tur­gi und dem ver­ant­wort­li­chen Prie­ster. Ihr Vor­gän­ger hin­ter­lässt Ihnen dies­be­züg­lich ein Schlacht­feld. Wie geden­ken Sie, die­se Situa­ti­on zu lösen? Eine Ant­wort dar­auf kann ich Ihnen viel­leicht in einem Jahr oder spä­ter geben! Aller­dings glau­be ich, dass der Bischof, der Bischofs­vi­kar und der Bischofs­rat viel getan haben und wei­ter­hin tun für die Har­mo­nie über­all dort, wo es Aus­ein­an­der­set­zun­gen gibt.Als Bischofs­vi­kar haben Sie ganz ande­re Auf­ga­ben als bis­her. Sie wer­den weni­ger frei sein in Ihrem Wir­ken als jetzt. Sie wer­den mehr Mana­ger als Seel­sor­ger sein dür­fen. Wie erstre­bens­wert ist die­ser Kar­rie­re­sprung ange­sichts des Prei­ses, den Sie als Seel­sor­ger dafür bezahlen? Nein, nein, hier gibt es kei­nen Preis zu zah­len. Die Arbeit als Bischofs­vi­kar ist in gewis­sem Sin­ne auch eine pasto­ra­le Arbeit. Auch wenn es um viel admi­ni­stra­ti­ve Auf­ga­ben im Auf­trag des Bischofs geht, ist der Ansatz seel­sor­ge­risch. Zudem bie­tet mir mei­ne Stel­lung als Bischofs­vi­kar die Gele­gen­heit, an den Fir­mungs­fei­ern jun­gen Men­schen und deren Fami­li­en zu begeg­nen.Sie sind der erste afri­ka­ni­sche Prie­ster in der Lei­tung des Bis­tums Basel. Wel­che Erwar­tun­gen spü­ren Sie da auf sich lasten, sei es von aus­sen oder auch von Ihnen selbst? Die Ernen­nung ist ein Ver­trau­en, das mir Bischof Felix ent­ge­gen­bringt. Sie zeigt die Offen­heit unse­res Bischofs und der Schwei­zer Bür­ge­rin­nen und Bür­ger gegen­über ande­ren Kul­tu­ren. Sie ver­langt von mir eine ech­te Ant­wort der Wert­schät­zung für gross­ar­ti­ge Dien­ste. Für mich war es immer wich­tig, mein Bestes mit der Hil­fe Got­tes zu tun.  Genau das ist es, was ich machen will: mein Bestes.Was wol­len Sie als Bischofs­vi­kar von St. Urs für das Vika­ri­at und das Bis­tum aber auch für Sie selbst als Beauf­trag­ten in der Lei­tung die­ses Bis­tums errei­chen? Als Bischofs­vi­kar bin ich ein Ver­tre­ter des Bischofs in der Regi­on St. Urs. Was also der Bischof und das Bis­tum errei­chen möch­ten, ist auch mein Schwer­punkt mit mei­nem Talent und mei­nen Cha­ris­men. Die Har­mo­nie und die gute Zusam­men­ar­beit in den bereits bestehen­den Pasto­ral­räu­men, wie auch die Unter­stüt­zung in den noch nicht errich­te­ten Pasto­ral­räu­men, ist für mich wich­tig. Die gute Zusam­men­ar­beit mit den Lan­des­kir­chen, den Fach­stel­len und Kom­mis­sio­nen, den spe­zi­el­len seel­sor­ge­ri­schen Stel­len, der Öku­me­ne in der Regi­on sind eben­falls wich­tig. Dar­über hin­aus möch­te ich die Zusam­men­ar­beit mit den anders­spra­chi­gen Mis­sio­nen in ihren jewei­li­gen Pasto­ral­räu­men in unse­rer Regi­on för­dern.Wie geht es wei­ter? Sie sind noch jung – da läge doch nach der Zeit als Bischofs­vi­kar auch die Ernen­nung zum Bischof mit der Ver­ant­wor­tung für eine eige­ne Diö­ze­se durch­aus im Bereich des Mög­li­chen… Ich möch­te Ihre Fra­ge mit einem bekann­ten Sprich­wort beant­wor­ten: «Gestern ist Ver­gan­gen­heit, Heu­te ist ein Geschenk, aber Mor­gen ist ein Geheim­nis.» Wir wis­sen nicht, wie das Mor­gen aus­se­hen wird, und so über­las­se ich es Gott, zu ent­schei­den. Ich ver­su­che, nicht zu viel über Pro­ble­me, Sor­gen und Ent­täu­schun­gen von Ver­gan­gen­heit oder den Kum­mer von mor­gen nach­zu­den­ken. Was die Zukunft bringt, über­las­se ich Gott, zu sei­ner Zeit und nach sei­nem Wil­len zu entscheiden.
Christian Breitschmid
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