«Das ist das beste Medikament»

«Das ist das beste Medikament»

«Das ist das beste Medikament»

Hot­line für gesprächs­be­dürf­ti­ge älte­re Menschen

Die Advents- und Weih­nachts­zeit ist für vie­le ein Auf­stel­ler in den dunk­len Mona­ten des Jah­res. Gera­de für älte­re, allein­ste­hen­de Men­schen kann sie aber ein Gefühl der Ein­sam­keit her­vor­ru­fen oder den Ver­lust des Part­ners, der Part­ne­rin umso mehr ver­stär­ken. Dann hät­ten sie ger­ne jeman­den zum Reden. Für die­sen Fall gibt es das Ange­bot «mal­re­den». Zwei bis drei Mal täg­lich besucht Peter von Ball­moos das Grab sei­ner Frau – auch wenn es nur für ein paar Minu­ten ist. Er strei­chelt kurz den Grab­stein und ent­fernt wel­ke Blät­ter vom Grab. Am 24. Novem­ber jährt sich der Todes­tag sei­ner Frau zum vier­ten Mal. Der 82-Jäh­ri­ge strotzt vor Ener­gie und ist in vie­len Ver­ei­nen aktiv. Er ist Bücher­narr, kunst­in­ter­es­siert und kehr­te kürz­lich von einer mehr­tä­ti­gen Rei­se nach Dres­den zurück, wo er wohl schon 50-mal war. Peter von Ball­moos ver­misst sei­ne Frau sehr, auch wenn er sich nicht ein­sam fühlt.

Bedürf­nis nach Gespräch

«Nach dem Tod mei­ner Frau brauch­te ich Kraft, um die­sen Ver­lust zu ver­ar­bei­ten», erzählt er. Trost gab ihm sein Glau­be und auch sein tol­ler Freun­des- und Bekann­ten­kreis. Aber er konn­te nicht mit allen Men­schen immer wie­der über den Ver­lust sei­ner Frau reden. So wur­de er auf das Ange­bot von «mal­re­den» ver­wie­sen. Seit­her erhält er wöchent­lich einen Anruf von immer der­sel­ben frei­wil­li­gen Mit­ar­bei­te­rin von «mal­re­den» – seit etwa zwei Jah­ren.Seit April 2021 ist die Hot­line auf­ge­schal­tet – täg­lich von 9 bis 20 Uhr. Es sind Frei­wil­li­ge, die sich wäh­rend drei bis sechs Stun­den pro Woche für die Hot­line zur Ver­fü­gung stel­len oder ein­mal in der Woche einen Tan­dem-Gesprächs­part­ner anru­fen. Die Anru­fe sind kosten­los, Anony­mi­tät ist gewähr­lei­stet. «Das Ziel eines Gesprä­ches ist es, den Anru­fen­den die Mög­lich­keit zum Reden zu geben, sie im Gespräch zu beglei­ten, einen posi­ti­ven Bezie­hungs­mo­ment zu ermög­li­chen», erläu­tert Eve Bino, Co-Geschäfts­lei­te­rin von «mal­re­den». Sie weist dar­auf hin, dass sich in der Schweiz fast ein Drit­tel der Senioren/innen manch­mal bis häu­fig ein­sam fühlt. Das nie­der­schwel­li­ge Ange­bot «mal­re­den» soll die­se Senioren/innen ermun­tern, einen ersten Schritt zu machen zur Kon­takt­auf­nah­me.

Dank­bar fürs eige­ne Leben

Sophie L. (Name der Redak­ti­on bekannt) lei­stet pro Woche drei Stun­den Dienst für die Hot­line von «mal­re­den». Ein­mal im Monat auch an einem Sams­tag oder Sonn­tag. Sie ist dank­bar für ihr Leben, des­halb möch­te sie der Gesell­schaft etwas zurück­ge­ben. Seit einem hal­ben Jahr führt sie mit Men­schen, die anonym anru­fen, Gesprä­che. Gemein­sam ist den mei­sten Anru­fen­den, dass sie ein­sam sind und allein leben. Es hat dar­un­ter auch eini­ge Men­schen, die krank sind und bedau­ern, dass sie die­ses oder jenes nicht mehr tun kön­nen. Sophie L. bedeu­tet ihre Arbeit bei der Hot­line sehr viel. Sie freut sich jedes Mal auf ihren Dienst. «Ich neh­me am Leben die­ser Men­schen teil und habe sie gern.»

Pas­sen­des Tandem

Peter von Ball­moos erzählt, dass sei­ne Tan­dem-Gesprächs­part­ne­rin öfter sage, sie ler­ne immer wie­der etwas dazu im Gespräch mit ihm. Um Fru­stra­tio­nen beim Ange­bot des Tan­dems vor­zu­beu­gen, küm­mert sich eine Koor­di­na­to­rin um das Zusam­men­füh­ren zwei­er Men­schen. Sie führt mit der Per­son, die ein Gespräch auf regel­mäs­si­ger Basis wünscht, ein Vor­ge­spräch. Dar­in möch­te die Koor­di­na­to­rin die Per­son ken­nen­ler­nen und her­aus­fin­den, wor­um es die­ser geht mit den regel­mäs­si­gen Tan­dem-Gesprä­chen und wel­che Inter­es­sen sie hat.Peter von Ball­moos emp­fiehlt «mal­re­den» allen Men­schen, die reden wol­len. «Das sind tol­le, freund­li­che Leu­te. Mein wöchent­li­ches Tan­dem-Gespräch ist das beste Medi­ka­ment für mei­nen See­len­frie­den.»Béa­tri­ce Eigenmann 
Gekürz­te Fas­sung; der voll­stän­di­ge Bei­trag ist erschie­nen in Aus­ga­be 22 von «forum­Kir­che», dem Pfar­rei­blatt der Bis­tums­kan­to­ne Schaff­hau­sen und Thurgau.
Leonie Wollensack
mehr zum Autor
nach
soben