Das Gelöb­nis hält bis heute
Singend ziehen die Pilgerinnen und Pilger aus dem «Schwarzbuebeland» vom Klosterplatz zur Basilika.
Bild: © zvg

Das Gelöb­nis hält bis heute

Die Wallfahrt der «Schwarzbuebe» nach Mariastein

Wir fahren in Scharen · die Hügel dahin · mit Wolken und Winden · die mit uns ziehn · wir suchen dich Gott · Kyrie eleis · Mit dieser ersten Strophe des Mariasteiner Pilgerlieds beginnen die Gläubigen aus dem Schwarzbubenland die Prozession vom Klosterplatz bis vor die Basilika in Mariastein.

­Jedes Jahr am ersten Sams­tag im Sep­tem­ber pil­gern Gläu­bi­ge aus den Bezir­ken Dorneck und Thier­stein an den Wall­fahrts­ort, um ­Maria um Bei­stand und Frie­den zu bit­ten, so auch am 7. Sep­tem­ber 2024. «D’ Schwarz­bue­be» bekräf­ti­gen mit der jähr­li­chen Wall­fahrt ein inzwi­schen 85 Jah­re altes Gelöbnis.

Die Wall­fahrt soll weitergehen

Der Seel­sor­ge­rat Dorneck-Thier­­stein, der seit 1991 die Wall­fahrt der «Schwarz­bue­be» nach Maria­stein orga­ni­siert hat, wird auf­ge­löst. Die Ver­ant­wor­tung für die Gelöb­nis­wall­fahrt soll in neue Hän­de über­ge­hen. Die ehe­ma­li­gen Orga­ni­sa­to­ren und das Klo­ster Maria­stein sind auf der Suche nach Inter­es­sier­ten, die die­se Auf­ga­be über­neh­men möch­ten. Men­schen, die bei der Orga­ni­sa­ti­on mit­hel­fen möch­ten, kön­nen sich bei der Wall­fahrts­lei­tung oder bei Wil­ly Bra­cher mel­den:  oder

 

Gelöb­nis in Zei­ten gros­ser Sorge

In böser Vor­ah­nung und gros­ser Sor­ge ver­sam­mel­ten sich kurz nach dem Aus­bruch des Zwei­ten Welt­kriegs im Herbst 1939 meh­re­re tau­send Men­schen in Maria­stein und bete­ten beim Gna­den­bild der Maria im Stein, dass die Schweiz vor dem Krieg bewahrt wer­de. Damals leg­ten die Gläu­bi­gen aus dem Schwarz­bu­ben­land – den solo­thur­ni­schen Gebie­ten im Jura­ge­bir­ge nörd­lich des Pass­wangs – das Gelöb­nis ab, jedes Jahr nach Maria­stein zu pil­gern. In den ersten drei Jah­ren kamen die bei­den Bezir­ke sepa­rat nach Maria­stein, seit 1943 pil­gern sie gemein­sam. In den fol­gen­den Jah­ren wan­del­ten sich Name, Inhalt und Lit­ur­gie der Gelöb­nis­wall­fahrt immer wie­der. Doch das Wesent­li­che blieb bestehen: Ein­mal im Jahr gin­gen oder fuh­ren die Dornecker und die Thier­stei­ner nach Maria­stein, dank­ten und bete­ten um Frieden.

Pil­ger­lied von Sil­ja Walter

Im Jahr 1990 wur­de auf Initia­ti­ve des dama­li­gen Dor­na­cher Pfar­rers Ernst Eggen­schwi­ler der Seel­sor­ge­rat Dorneck-Thier­stein gegrün­det. So soll­ten auch die Lai­en stär­ker ins akti­ve Pfar­rei­le­ben ein­be­zo­gen wer­den. Der Seel­sor­ge­rat trug fort­an die Haupt­ver­ant­wor­tung für die Gelöb­nis­wall­fahrt. Wil­ly Bra­cher aus Nun­nin­gen war damals Kir­chen­prä­si­dent von Ober­kir­ch/Nun­nin­gen-Zull­wil. Er erin­nert sich an die Wall­fahrt kurz nach der Grün­dung des Seel­sor­ge­rats: «Im Jahr 1991 wur­de die Gelöb­nis­wall­fahrt zum öku­me­ni­schen Chri­sten­tref­fen. Im Stern­marsch zogen die Men­schen mit Fah­nen und Pil­ger­stä­ben vor die Basi­li­ka. Es war ein ful­mi­nan­ter Auf­takt.» Für die­se Wall­fahrt im Jahr 1991 hat­te Sil­ja Wal­ter, Non­ne und Dich­te­rin im Bene­dik­ti­ne­rin­nen­klo­ster Fahr, den Text des Maria­stei­ner Pil­ger­lieds ver­fasst, Alfred und Jani­na Kasprzok kom­po­nier­ten die Melo­die dazu. «Wir fah­ren in Scha­ren die Hügel dahin« sin­gen die Pil­ger seit­her auf dem Weg zur Basilika.

Her­zens­an­lie­gen

Wil­ly Bra­cher ist nun seit vie­len Jah­ren Prä­si­dent des Seel­sor­ge­rats Dorneck-Thier­stein. Die Wall­fahrt ist ihm ein Her­zens­an­lie­gen. Er erzählt: «Der Abt, Peter von Sury, ist immer dabei, wenn die Pil­ger aus dem Schwarz­bu­ben­land kom­men. Er und sei­ne Mit­brü­der schät­zen den Kon­takt zur Bevöl­ke­rung. Umge­kehrt eben­so: Maria­stein ist unser Klo­ster, ein Stück Hei­mat. Die Mit­te unse­rer spi­ri­tu­el­len Welt.»

Frü­her pil­ger­ten die Leu­te zu Fuss und stärk­ten sich in den umlie­gen­den Restau­rants mit Wall­fahrts­weg­gen. Heu­te fah­ren die mei­sten mit dem eige­nen Auto oder Post­au­to direkt zum Klo­ster. Die Wall­fahrt steht jedes Jahr unter einem Mot­to und eine Per­sön­lich­keit hält die Pre­digt dazu. Musik, Gesang und Blu­men­schmuck in der Kir­che gehö­ren eben­so dazu wie der Apé­ro nach dem Got­tes­dienst und ab und zu ein Anschluss­pro­gramm am Nachmittag.

Ver­ant­wor­tung in neue Hän­de legen

Mit der Errich­tung der Pasto­ral­räu­me hat sich die Struk­tur der Kir­che in der Regi­on gewan­delt. Des­halb wird der Seel­sor­ge­rat auf­ge­löst und die Ver­ant­wor­tung für die Gelöb­nis­wall­fahrt soll in neue Hän­de über­ge­hen. «Es ist uns ein Anlie­gen, dass die Wall­fahrt wei­ter­geht. Wir haben die Pfar­rei­en ange­schrie­ben, um neue Leu­te zu fin­den. Der Vor­stand und das Klo­ster Maria­stein sind aktiv auf der Suche», sagt Bra­cher. Er selbst hat in den Jah­ren als Prä­si­dent vie­le Kon­tak­te geschaf­fen. «Wer an die Wall­fahrt kommt, ist Teil einer gros­sen Fami­lie. Vie­le ken­nen ein­an­der und freu­en sich auf das Zusam­men­tref­fen. Begeg­nun­gen machen das Leben aus.» Die Wall­fahrt funk­tio­niert dank vie­ler Enga­gier­ter, die alle ihr Ämt­li haben: Die einen schmücken die Basi­li­ka, ande­re orga­ni­sie­ren den Apé­ro. Wil­ly Bra­cher sagt: «Wenn wir jetzt auf­hö­ren, braucht ein Neu­auf­bau wie­der viel Energie.»

«Ich bin sicher, dass es wirkt»

Das Gelöb­nis zu bre­chen und die Wall­fahrt zu been­den, kommt für Wil­ly Bra­cher nicht in Fra­ge. Dahin­ter steckt nicht der Aber­glau­be, dass dies Unglück brin­gen könn­te, son­dern die Freu­de am spi­ri­tu­el­len Zusam­men­tref­fen: «Die Men­schen wol­len einer Gemein­schaft ange­hö­ren. Sie wol­len für den Frie­den zusam­men­ste­hen, gute Gedan­ken aus­sen­den und beten – das tut gut, und ich bin sicher, dass es wirkt.»

Marie-Christine Andres Schürch
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